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Im Sog der Angst

Im Sog der Angst

Titel: Im Sog der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Selbstvertrauen hatte. Eine Gelassenheit, die vielleicht auf Erfahrung beruht.«
    »Selbstsicher und sorgfältig«, sagte ich. »Außerdem wollte er nicht viel Lärm machen.«
    »Vielleicht«, erwiderte er. »Obwohl er angesichts des Tatorts - das nächste Haus liegt rund hundert Meter entfernt - wahrscheinlich in der Hinsicht nichts zu befürchten hatte. Und die Waffe hat vermutlich plopp plopp gemacht, keinen richtigen Knall. Keine Austrittswunden, die Kugeln sind im Gehirn der Kids rumgetitscht und haben den Schaden angerichtet, den man von einer 22er erwarten kann.«
    »Ist die junge Frau identifiziert worden?« »Noch nicht. Ihre Fingerabdrücke sind anscheinend in keiner Datei, obwohl ich das noch nicht mit Gewissheit sagen kann, weil der Computer abgestürzt ist. Ich hab mit den Kollegen von der Vermisstenabteilung gesprochen, und sie stellen etwas Schriftliches zusammen. Dann hab ich mit anderen Revieren telefoniert, aber junge blonde Frauen haben keinen Seltenheitswert, wenn es um vermisste Personen geht. Ich vermute, dass es sich bei ihr um eine andere von Gavins Freundinnen aus Beverly Hills handelt. Falls dem so ist, würde man allerdings erwarten, dass sie inzwischen von irgendwem vermisst wird, und bei den Kollegen in B.H. hat sich noch niemand gemeldet, dem ein Mädchen abhanden gekommen ist.«
    »Vielleicht hat sie gesagt, dass sie bei Freunden übernachtet«, erklärte ich. »Heutzutage sind Eltern nachsichtig. Und wohlhabende Eltern sind wahrscheinlich gar nicht in der Stadt.«
    »Wäre schön gewesen, mit Kayla zu sprechen … in der Zwischenzeit habe ich den Gerichtsmediziner dazu gebracht, ein paar Fotos vor der Autopsie zu machen. Ich habe sie vorhin erst abgeholt und nehme das am wenigsten schreckliche mit, um es herumzuzeigen. Es sieht fast so aus, als ob sie schliefe. Ich möchte, dass die Quicks es sich mal ansehen - ich vermute, dass der Vater zurück ist, und vielleicht auch die Schwester. Ich hab bei ihnen angerufen, aber niemand geht ran, und es gibt keinen Anrufbeantworter.«
    »Sie trauern«, sagte ich.
    »Und da komme ich und unterbreche den Prozess. Hast du Lust, dabei zu sein? Für den Fall, dass ich Hilfe in puncto Sensibilität brauche?«

4
    Im Licht des Nachmittags sah das Haus der Quicks noch adretter aus, gut in Schuss, der Rasen gemäht, der Vorgarten gesäumt von Beeten mit Springkraut. Tagsüber war Parken nur Inhabern von Parkausweisen gestattet. Milo hatte ein Schild mit dem Emblem des Los Angeles Police Department oben auf sein Armaturenbrett gelegt, und er gab mir eins für den Seville. In seiner freien Hand war ein großer brauner Umschlag.
    Ich legte das Schild in den Wagen. »Jetzt bin ich offiziell.«
    »So, da wären wir wieder.« Er zog ein Bein an und dehnte seinen Nacken. Dann machte er den Umschlag auf und zog das Foto des toten blonden Mädchens heraus.
    Das hübsche Gesicht war jetzt eine blasse Maske. Ich studierte die Details: gerade Nase, Grübchen im Kinn, gepiercte Augenbraue. Schlaffe blonde Strähnen, die auf dem Foto grünlich wirkten. Der grünliche Ton ihrer Haut entsprach der Realität. Das Einschussloch erinnerte an einen übergroßen schwarzen Leberfleck, der am Rand geschwollen war, ein wenig außerhalb des Zentrums der faltenlosen Stirn. Purpurfarbene Flecken umgaben die Augen - Blut, das aus dem Gehirn sickerte. Unter der Nase hatte sich ebenfalls Blut angesammelt. Ihr Mund stand ein wenig offen. Die Zähne waren gerade und glanzlos.
    In meinen Augen alles andere als »als ob sie schliefe«.
    Ich gab ihm das Bild zurück, und wir gingen auf das Haus der Quicks zu.
    Eine Frau in einem schwarzen Hosenanzug kam an die Tür. Sie war jünger als Sheila, schlank und knochig und brünett, hatte ein straffes Gesicht und eine selbstbewusste Haltung. Ihre dunklen Haare waren kurz geschnitten, und die Fransen vorn waren mit Haarspray fixiert.
    Sie hatte die Hände in die Hüften gestützt. »Tut mir Leid, sie ruhen sich aus.«
    Milo zeigte ihr sein Abzeichen.
    »Das ändert nichts an den Tatsachen«, sagte sie.
    »Ms. …«<
    »Eileen. Ich bin Sheilas Schwester. Hier ist mein Abzeichen.« Sie zog eine cremefarbene Visitenkarte aus der Jackentasche. Der Diamant an ihrem Finger war ein Klunker von drei Karat.
    EILEEN PAXTON
    Vizepräsidentin und
    Leiterin der Finanzabteilung
    DIGIMORPH INDUSTRIES
    Simi Valley, Kalifornien
    »Digimorph«, sagte Milo.
    »Ultratech Computer Enhancement. Wir arbeiten in der Filmindustrie. An den größten Filmen.«
    Milo

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