Im Sog der Gefahr
Opfers?«, fragte Furlong.
Auf einen Klick von Steffie erschien das grauenvolle Bild eines leblos im Wasser treibenden menschlichen Körpers. Gesichter wurden verzogen. Holly war froh, dass sie noch nichts gegessen hatte. »Er trägt weder einen Bleigurt noch Druckluftflaschen«, sagte sie. Seine Maske hing schief, das fehlende Auge lag in den Schatten verborgen.
Freddy Chastain zeigte auf das Messer, das aus der Brust des Toten ragte. »Wer ihm das verpasst hat, muss ungemein kräftig gewesen sein.«
Dem stimmte Holly zu.
»Wir haben einen Augapfel im Wasser gefunden, der jetzt bei den Leuten vom IFIS ist. Hoffentlich finden sie DNA für uns.«
»Können wir sicher sein, dass es wirklich sein Auge ist?«, fragte Jeff Winslow. Jeff war der Mann für die Details. Der Nerd mit dem schwarzen Gürtel in Ju-Jutsu.
»Glauben Sie, dass sonst noch jemand eins verloren hat?«, scherzte Chastain. Auch Furlong lachte. Jeffs Wangen färbten sich rosa.
»Das ist ein guter Punkt, Jeff. Wir sollten auf Nummer sicher gehen und die DNA abgleichen«, sagte Holly, um ihn zu unterstützen.
»Also hat jemand ihn erstochen, seine Ausrüstung mitgenommen und ihn dann einfach da zurückgelassen?«, fragte Corporal Messenger fassungslos.
»Ich hab schon Seltsameres gesehen.« Furlong beugte sich näher zum Bildschirm.
Holly wand sich innerlich, als sie sah, mit welcher Heldenverehrung Messenger den Team Commander ansah. Wahrscheinlich hatte sie selbst ihn genauso angestarrt, und jetzt wurde ihr bei dem Gedanken daran richtig übel.
»Vielleicht hätte man das Opfer anhand der Ausrüstung identifizieren können.« Holly hatte schon darüber nachgedacht. »Vielleicht wurde sie deshalb entfernt.«
»Oder sie war nur geliehen. Vielleicht vom Mörder?«, meldete sich Jeff zu Wort.
»Dieser Kerl, Carver.« Stirnrunzelnd betrachtete Furlong den Bildschirm. »Hat er das Opfer erkannt?«
»Nicht dass ich wüsste.« Holly richtete sich auf, bis sie fast auf Augenhöhe mit dem Chef war. »Sobald das Opfer geborgen ist, will ich mit den Männern reden, die die Leiche entdeckt haben«, wiederholte sie.
Die Lippen zusammengepresst, starrte Furlong das Gesicht der Leiche auf dem Bildschirm an. »Das ist nicht gerade viel als Ausgangsbasis. Wie sieht Ihr Plan aus?«
»Als Erstes muss das Opfer identifiziert werden. Wir brauchen umgehend das zahnmedizinische Gutachten und die DNA -Tests. Hoffentlich kann uns die Obduktion ein Zeitfenster für den Todeszeitpunkt liefern.« Was durch den Aufenthalt im Wasser bekanntermaßen schwierig war. »Wir machen Fotos vom Taucheranzug und der Mordwaffe und bringen sie in der Gegend in Umlauf. Vielleicht erkennt sie jemand. Dann beginnen wir mit der Befragung der Einwohner, finden heraus, wer sonst noch von diesem angeblich unentdeckten Wrack wusste, und sehen uns die Vermisstenmeldungen an.«
Sie atmete tief aus und fing die wachsamen Blicke ihrer Kollegen auf. »Steffie ist für die Beweismittel zuständig, und ich möchte, dass Jeff die Akten koordiniert. Wir lassen eine Pressemitteilung aufsetzen und eine Telefonhotline einrichten. Corporal Messenger, versuchen Sie, so viel wie möglich über das Wrack herauszufinden. Chastain, Malone und ich fangen mit den Befragungen an.«
Vor dem Fenster gab es einen Tumult.
»Sieht aus, als würden sie ihn jetzt raufbringen.« Chastain spähte aus dem Fenster.
Alle wandten sich ab und liefen an Deck.
Furlong berührte Holly an der Schulter. »Ich habe etwas für dich.« Sein Lächeln war ein wenig schief, was wohl jungenhaft aussehen sollte. Er holte etwas aus seiner Tasche und drückte es ihr in die Hand.
Zuerst zuckte sie zusammen, dann erkannte sie, dass es ihre Neun-Millimeter Smith & Wesson war. Sie konzentrierte sich darauf, das Holster an ihrem Gürtel zu befestigen, statt Furlong eine zu kleben, weil er sie angefasst hatte. »Woher haben Sie die?«
»Dein Vater hat mich angerufen und Corporal Messenger geschickt, um sie aus dem Waffensafe in deiner Wohnung zu holen. Sie hat sie mir gegeben.«
Holly hatte nur eine Nacht in ihrer neuen Wohnung verbracht, bevor sie mit ihrem Vater in den jährlichen Vater-Tochter-Urlaub aufgebrochen waren. Es war eine eigenartige Vorstellung, dass Messenger ebenfalls dort gewesen war. »Danke.«
Furlong blickte sich um, ehe er leise sagte: »Ich nehme an, er weiß nichts von …«
»Nein.« Holly holte scharf Luft und schluckte die Beschämung hinunter, die in ihrer Kehle zersplitterte. »Sie haben es ihm nicht
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