Im Sog der Sinnlichkeit
Hand. „Ich gehe aus.“
3. KAPITEL
A uf der Treppe in dem kleinen Salon in der ersten Etage dachte Benedick an die schöne Violet. Er hatte zwar vor, jedes Zimmer in diesem Haus für seine sexuellen Vergnügungen zu nutzen, war indes noch nicht bereit, seine geheiligte Bibliothek zu entweihen – sie könnte vielleicht die letzte Bastion sein. Bislang hatte er es in diesem Haus noch mit keiner Hure getrieben und es vorgezogen, sich seinen Ausschweifungen anderswo hinzugeben. Möglicherweise geschah dies aus einer gewissen Scheu heraus, das Andenken an seine zwei Ehen nicht zu beschmutzen, was er allerdings demnächst abzustellen gedachte.
Sie erwartete ihn bereits, und während er ihr schlichtes hochgeschlossenes Kleid kaum wahrnahm, konzentrierten sein Interesse und sein Blick sich auf ihren Erdbeermund, der ihm höchste Wonnen versprach und es in seinen Lenden pochen ließ. Mit einem dünnen Lächeln zog er die Tür hinter sich zu und näherte sich ihr.
„Eure Lordschaft“, grüßte sie mit ihrer piepsigen Stimme, die ihn eigentlich irritierte. Aber er musste ja nicht viel mit ihr reden. „Sie haben mir gefehlt.“
Mit zwei Fingern unter ihrem Kinn hob er ihr hübsches Gesicht. „Wenn ich das glaubte, meine süße Violet, wäre ich ein kompletter Narr. Wir beide waren immer ehrlich zueinander. Wieso diese plötzliche Sentimentalität?“
Sie blinzelte zu ihm auf. „Es ist die reine Wahrheit“, zwitscherte sie seufzend. „Sie sehen wesentlich besser aus als die meisten Männer, mit denen ich zu tun hatte, und Sie zeigen sich erkenntlich, nicht nur mit Geld. Sie sind großzügig und liebenswürdig, und ein Mädchen weiß das bei einem Herrn zu schätzen.“
Er reagierte mit einem Anflug von Heiterkeit. Es gab kaum einen Menschen, der ihn für großzügig und liebenswürdig hielt. Und die Tatsache, dass eine Hure diese Eigenschaften an ihm erkennen wollte, hätte ihm zu denken geben müssen. Aber im Augenblick stand ihm der Sinn nicht danach, über etwas nachzudenken.
„Wie schmeichelhaft. Wenn du nun bitte zur Sache …“
Sie lächelte verschmitzt. „Mit Vergnügen, Mylord.“ Sie sank vor ihm auf die Knie und nestelte an seinem Hosenbund.
Mit geschlossenen Augen legte er den Kopf in den Nacken in Erwartung der süßen Wonnen, die La Violette ihm bescheren würde, als die Tür des Salons aufflog. Violet stieß einen spitzen Schrei aus. Er drehte den Kopf und gewahrte eine Frauensperson, die wie eine Furie auf der Schwelle stand.
Zum Glück war er noch vollständig bekleidet und trat einen Schritt zurück, während das vor ihm kniende Mädchen vor Schreck erstarrte.
„Steh auf, Violet!“, befahl die Fremde mit strenger Stimme. „Du hast es nicht mehr nötig, diese erniedrigenden Dienste zu verrichten. Hast du das immer noch nicht begriffen?“
„Aber Eure Ladyschaft“, jammerte Violet. „Ich tue es doch gern!“
Der Frau schien es einen Moment lang die Sprache zu verschlagen, und Benedick musterte sie eingehender. Er hielt sie keine Sekunde lang für eine Lady – Violet nannte jeden „Eure Lordschaft“ oder „Eure Ladyschaft“ in der Hoffnung, Sympathien zu gewinnen, die ihr finanzielle Vorteile verschafften. Diese Person hatte ihre erste Jugendblüte hinter sich, wirkte allerdings noch ziemlich jung unter der schwarzen Schute, die ihr Haar und einen Teil ihres Gesichts verbarg. Ihre Kleidung war von guter Qualität, ohne im Geringsten modisch zu sein. Ihre Sprache war die gepflegte Redeweise der gehobenen Kreise, zumindest schien sie eine exzellente Erziehung genossen zu haben. Man könnte sie beinahe für eine Aristokratin halten.
Endlich fand die Unbekannte ihre Sprache wieder. „Steh auf!“, wiederholte sie. „Ich weiß zwar nicht, womit dir dieser Mann gedroht hat, aber du hast nichts zu befürchten. Er kann dir nichts antun. Das lasse ich nicht zu.“
Benedick fand es an der Zeit, sich zu Wort zu melden. „Wenn Sie dem Mädchen zuhören, würden Sie erkennen, dass es aus freien Stücken hier ist.“
Die Fremde richtete endlich den Blick ihrer verblüffend blauen Augen auf ihn. „Aha. Violet klopfte also zufällig an Ihre Tür und bot Ihnen ihre Dienste an, wie?“
„Ich bat sie schriftlich um ihren Besuch, aber es lag in ihrem Ermessen, meiner Einladung zu folgen.“
„Wohl kaum eine Einladung!“ Mit einer verächtlichen Bewegung warf sie ein zerknülltes Papier zu Boden. „Das liest sich eher wie ein Befehl und nicht wie eine Einladung!“
„Sie lesen die
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