Im Sog Des Boesen
funktioniert, weiß ich auch nicht.«
»Zwei Millionen«, wiederholte Del. »Es sind schon Leute für deutlich weniger ermordet worden. Vielleicht ist die Mama ja geldgeil.«
»Sie behauptet, sie mache sich nichts aus Geld.«
»Unsinn. Wie viele reiche Leute kennst du, die sich nichts aus Geld machen? Wie ist das bei dir? Du bist doch auch reich. Was würdest du tun, wenn jemand plötzlich sagt: ›Scheiße, wir haben Ihr ganzes Geld an der Börse verzockt‹?«
Lucas grinste. »Tja, das wäre schon ein Schock.«
»Genau. Du magst also dein Geld.«
»Vielleicht steht Alyssa tatsächlich auf Geld, aber ihre Tochter hat sie nicht umgebracht«, erwiderte Lucas. »Wenn du sie gesehen hättest, wüsstest du, wie sehr Frances’ Tod sie getroffen hat. Sie ist ziemlich durch den Wind.«
»Also hat sie sie nicht ermordet …«
»Jedenfalls glaube ich das nicht«, sagte Lucas. »Natürlich könnte sie eine Psychopathin sein, und dann wäre alles möglich. Auf mich wirkt sie jedoch eher wie ein Hippie-Mädchen, das es mit ein bisschen Glück zu was gebracht hat. Leider sind ihr alle, die ihr was bedeuteten, weggestorben.«
»Ein heftiger Streit über Daddy - möglicherweise wusste die Tochter ja irgendwas über ihn? Eine von ihnen nimmt
das Messer in die Hand, es kommt zum Kampf, die Kleine zieht den Kürzeren …«
Lucas zuckte die Achseln. »Denkbar. Aber warum möchte Alyssa dann, dass wir noch mehr Ermittler einsetzen? Und falls meine Theorie stimmt und der Täter in allen drei Fällen derselbe ist: Wieso hat sie die beiden andern umgebracht?«
»Vielleicht hat jemand den Bezug hergestellt?«
»Ein Barkeeper und ein Goth Mitte zwanzig? Na ja …«
Del nickte. »Okay. Ich hab einfach nicht so viel Erfahrung mit Verbrechen in der Oberschicht.«
»Deiner proletarischen Wurzeln wegen.«
»Ja, ich komme aus der Arbeiterklasse.«
»Ein Sohn der Scholle mit Schwielen an den Händen sozusagen.«
»Jedenfalls hab ich noch nie von einem Verbrechen gehört, bei dem Millionen von Dollar im Spiel waren und es dennoch nicht um Geld ging.«
»Wo du recht hast, hast du recht.«
Nach einem Blick auf die andere Straßenseite fragte Lucas: »Streiten die sich?«
Del sah ebenfalls hinüber, wo die alte Dame gerade mit dem Finger auf Heather deutete.
»Sieht ganz so aus.« Da lachte Heather und sagte etwas, und auch die alte Dame lachte. »Vielleicht doch nicht.«
»Du machst dir Sorgen wegen deiner Frau. Alles in Ordnung?«
»Sie ist jetzt schon ein paar Wochen lang krank«, antwortete Del. »Nicht so schlimm, dass sie zum Arzt müsste, aber ihr wird ständig übel.«
»Seit ein paar Wochen schon? Könnte was Ernstes sein. Bring sie zum Arzt.«
»Es gibt zwei Sorten Krankenschwestern«, sagte Del, dessen Frau Krankenschwester war. »Für die eine ist der Arzt
ein kleiner Gott, die andere traut ihm nicht über den Weg. Meine Angetraute gehört zur zweiten Sorte.« Er wandte sich dem Fenster zu. »Die alte Dame verabschiedet sich gerade«, teilte er Lucas mit. »Zeit fürs Bett.«
»Dann zieht Heather sicher gleich das Nachthemd an«, sagte Lucas.
»Kann ich mal den Feldstecher haben?«
»Besorg dir doch selber einen.«
Aus dem Radio erklang Eric Claptons »Willie & the Hand Jive«.
Nach einer unruhigen Nacht frühstückte Lucas mit den Kindern, unterhielt sich mit Letty über Hip-Hop, fütterte Sam mit einer Mais-Schinken-Mischung aus dem Gläschen und diskutierte mit der Haushälterin über den Rasenmähdienst, der, Lucas’ Meinung nach zu zeitig, ins Frühjahr starten wollte. Um acht Uhr rief er schließlich Alyssa Austin an.
»Hast du schon begonnen, Frances’ Nachlass zu ordnen?«
»Nein. Buchhalter und Anwalt drängen mich nicht«, antwortete Alyssa. »Jedenfalls noch nicht.«
»Könnte ich einen Blick in die Unterlagen werfen?«
»Selbstverständlich, wenn du meinst, dass sich daraus Schlüsse ziehen lassen.«
Nach kurzem Zögern sagte er: »Heute Nacht ist wieder ein Goth ermordet worden.«
»Du gütiger Himmel!« Sie stöhnte auf. »Wer?«
»Ein gewisser Roy Carter. Mitte zwanzig, hat in einem Schnapsladen gearbeitet und war manchmal im November und im A1. Hat Frances je von ihm erzählt?«
»Nicht dass ich wüsste. Natürlich hatte sie Freunde, die ich nicht kannte, doch er gehörte mit Sicherheit nicht zum engeren Kreis. Wie sah er aus?«
»Groß, sehr schlank, fast schon hager, rote Haare.«
»Kommt mir nicht bekannt vor … Hat er Familie?«
»Ja. Seine Eltern arbeiten bei der Post,
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