Im Sog Des Boesen
irgendwo auf dem Land.«
»Wie schrecklich für sie.«
»Ich kann mir also die Papiere ansehen?«
»Ja. Ich lege alles für dich bereit. Ich muss heute in eine wichtige Sitzung, aber Helen wird da sein. Die Sachen sind im vorderen Zimmer. Bleib, solange du willst. Helen bringt dir Cola, Kaffee und Sandwiches.«
»Noch eins: Sagen dir die Namen« - er warf einen Blick in sein Notizbuch - »Denise Robinson und Mark McGuire etwas?«
»Klar. Freunde von Frances. Die hatte ich völlig vergessen. Sie waren nach Hunters Tod im Herbst ein paarmal mit ihr hier.«
»Wie sieht Denise Robinson aus?«
»Hm … Groß, schlaksig, sandfarbene Haare, große Brille mit Plastikrahmen. Sie hat knochige Schultern und dürre Ärmchen und braucht für den Marathon weniger als drei Stunden, was bedeutet, dass sie den Sport ernsthaft betreibt.«
Die Beschreibung von Denise Robinson klang nicht gerade nach einer Fairy, dachte er, als er auflegte.
Auf dem Weg zu Alyssa Austins Haus rief er Harold Anson von der Stadtpolizei Minneapolis an. Anson klang müde; er hatte nur sechs Stunden geschlafen. »Ich brauch acht, sonst ist mit mir nichts anzufangen.« Sie gähnten sich übers Telefon an. »Die Identifizierung wurde bereits vorgenommen. Ich hab unsere Leute angewiesen, ein Phantombild von der Fairy zu erstellen - das zeig ich dann allen auf deiner Liste.«
»Halt mich auf dem Laufenden«, bat Lucas. »Ich bin gerade unterwegs zu Alyssa Austin, um mir Einblick in die Finanzen ihrer Tochter zu verschaffen.«
Sie vereinbarten, falls sich vorher nichts Neues ergäbe, gegen Mittag miteinander zu reden.
Bei Alyssa Austin warteten vier Kartons mit Unterlagen auf Lucas. Die Haushälterin öffnete ihm die Tür und führte ihn ins Wohnzimmer.
»Mrs. Austin bittet Sie, die Papiere nicht durcheinanderzubringen, weil sie sie sonst nicht mehr richtig wird ordnen können.«
Lucas machte sich an die Arbeit.
Es gab zwei Stapel mit sich überlappenden Informationen: einen mit Aufzeichnungen über den Nachlass von Hunter Austin, von dem zwei Millionen an Frances gingen, und einen mit Dokumenten zu Frances’ Vermögen, das nicht nur aus den zwei Millionen von Hunter bestand, sondern eine weitere halbe Million aus früheren Zeiten umfasste, vermutlich aus Geschenken und Investitionen in ihrem Namen.
Hunter Austins Nachlass war im Großen und Ganzen unangetastet, weil das Finanzamt die Erklärung dazu erst vor Kurzem angenommen hatte und alle seine Bankgeschäfte weiterliefen wie gehabt. Das führte zu Dutzenden von einund ausgehenden Schecks jedes Jahr; dazu kamen Gelder aus seinen Investitionen.
Frances Austin hatte zwei große Konten auf ihren eigenen Namen gehabt, eines bei Wells Fargo und eines bei Fidelity Investments. Darauf eingehende Gelder - etwa ein Viertel ihres Vermögens war in Wertpapieren angelegt, mit deren Dividenden sie offenbar ihren Lebensunterhalt bestritten hatte - wurden auf ihr Girokonto bei Wells Fargo transferiert.
Lucas verwirrte das alles sehr. Um elf Uhr, als seine Nackenmuskulatur sich zu verkrampfen begann, stieß er endlich auf etwas Interessantes, auf einen Fidelity-Scheck über fünfzigtausend Dollar an Frances im Dezember. Zu dem Vorgang fand sich weder bei den anderen Scheckunterlagen noch auf ihrem Girokonto ein Beleg.
Wohin waren die Dollar verschwunden? Hatte sie den
Scheck an jemand anderen weitergegeben oder sich den Betrag in einer Bank bar auszahlen lassen? In dieser Zeit der Angst vor Terror und Geldwäsche war das gar nicht so einfach. Und wofür hatte sie die Summe ausgegeben?
Del hatte mit seiner Feststellung, dass Menschen für deutlich weniger als zwei Millionen umgebracht würden, recht. Das Gleiche galt für fünfzigtausend Dollar.
Lucas stand auf, streckte sich, ging in die Küche, um sich eine Cola light zu holen, und traf dort die Haushälterin, die gerade die Geschirrspülmaschine ausräumte. »Haben Sie die Handy-Nummer von Mrs. Austin?«
»Da drüben.« Sie trat an einen Schrank neben dem Wandtelefon und öffnete die Tür. Auf der Innenseite befand sich eine Liste mit fünfzehn bis zwanzig Nummern: Klempner, Elektriker, Rasenmähdienst, Swimmingpool-Reinigung, Mercedes- und Jaguar-Händler sowie drei Nummern von Alyssa Austin: Büro, Handy 1 und Handy 2.
»Handy 2 ist privat, Handy 1 geschäftlich«, erklärte die Haushälterin.
Lucas wählte Alyssas Privatnummer. Sie meldete sich beim dritten Mal Klingeln. »Tut mir leid, wenn ich störe«, sagte Lucas. »Aber da wäre eine
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