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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Dakota County haben sie südlich von hier gefunden …«
    Alyssa begann zu weinen und umklammerte Lucas. Weather legte ihr den Arm um die Schultern, und so blieben sie eine Weile stehen, bis Weather die Umarmung löste und vorschlug, sich zu setzen.
     
    Alyssa Austins Eltern lebten in Minnetonka, auf der anderen Seite der Twin Cities. Sobald sie sich halbwegs gefangen hatte, informierte sie sie telefonisch. »Sie kommen her«, teilte sie Lucas und Weather mit. Sie saß mit hängenden Schultern auf der Sofakante, die Hände zwischen den Knien, und wollte alles über den Fund erfahren. Lucas beschränkte sich aufs Wesentliche und ersparte ihr die Einzelheiten.
    »Besteht keinerlei Zweifel?«

    »Ich habe ihr Gesicht gesehen … der Schnee … hat sie gut erhalten. Sie trägt ein Glückskettchen am Handgelenk.«
    »Mit der Aufschrift ›Frances‹?«
    Lucas nickte.
    »Das hat Hunter ihr geschenkt, als sie zwölf war.« Sie begann erneut zu weinen.
    Eine Stunde später trafen ihre Eltern mit traurigen Gesichtern ein. Sie hatten graue Haare, waren Ende sechzig, Anfang siebzig und trugen Stoffmäntel. Leise mit der Zunge schnalzend versuchte Alyssas Vater, seine Tochter zu trösten, und ihre Mutter schluchzte mit ihr. Als Alyssa erklärte, sie komme schon zurecht, ließen Lucas und Weather die drei allein.
    Auf dem Weg zum Wagen sagte Weather: »So etwas möchte ich nie durchmachen müssen.« Und: »Sieh zu, dass du die Verantwortlichen erwischst.«
    »Das macht sie auch nicht mehr lebendig«, erwiderte Lucas.
    »Stimmt, aber uns anderen hilft es. Sorg dafür, dass diese Scheißkerle im Knast landen.«
     
    Auf dem Nachhauseweg rief Lucas Ruffe Ignace, den Kriminalreporter des Star Tribune , zu Hause an. »Hat die Zeitung schon über Ihre Abfindung entschieden?«
    »Ich habe ausdrücklich darum gebeten, aber meine Vorgesetzten sagen, sie wüssten meine Fähigkeiten zu schätzen«, antwortete Ignace.
    »Arme Schweine.«
    »Aber ganz im Ernst: Wenn mir jemand fünfzigtausend bieten würde, wär’ ich morgen in Manhattan.«
    »Wo, im Kabarett, als Kellner?«
    »Von wegen Kabarett. Ich spreche von der New York Times . Jeden Morgen nach dem Aufstehen übe ich meine liberalen Klischees vor dem Spiegel«, erklärte Ignace. »Wollen Sie eins hören?«

    »Aber bitte nur eines.«
    »Die Kluft zwischen Arm und Reich war seit der Weltwirtschaftskrise noch nie so tief.«
    »Nicht schlecht«, sagte Lucas.
    »Ich hätte noch hundert andere auf Lager, die ich runterleiern könnte, ohne das Gesicht zu verziehen«, erklärte Ignace. »Also, was gibt’s?«
    »Soweit ich mich erinnere, schulde ich Ihnen einen halben Gefallen wegen neulich Nacht. Vor ein paar Stunden hat man Frances Austins Leiche in einem Straßengraben in Dakota County gefunden.«
    Lucas nannte ihm weitere Einzelheiten, darunter den Namen des Deputys. »Von mir wissen Sie das allerdings nicht.«
    »Natürlich nicht. Fotos?«
    »Die Kollegen haben sicher noch eine Weile dort zu tun. Schicken Sie einfach einen Fotografen hin.«
    »Bis später«, verabschiedete sich Ignace.
    An einer Ampel blickte Lucas zum Fenster hinaus und in den Wagen rechts von ihm, in dem eine junge Frau sich lachend mit dem Fahrer unterhielt. Wie glücklich sie wirkte, und wie unglücklich Alyssa Austin und ihre Eltern jetzt sein mussten! Er bekam ein schlechtes Gewissen, weil er die Informationen ohne Skrupel an Ignace weitergegeben hatte.
    Als Weather am Abend sein Bein betrachtete, schüttelte sie den Kopf. »Dass der Bluterguss nicht verschwindet, macht mir Sorgen. Möglicherweise ist die Blutung innerlich noch nicht zum Stillstand gekommen.«
    »Scheiße«, brummte Lucas. »Man wird die Wunde doch nicht noch mal aufschneiden müssen, oder?«
    »Nein, wenn’s schlimm wäre, hättest du eine Schwellung so groß wie ein Golfball. Hart ist die Stelle auch nicht … Es wird einfach noch ein Weilchen dauern. Die Naht sieht ordentlich aus, und die Wunde riecht gut.«
    »So also reden Naturwissenschaftler: Es riecht gut.«

    »Medizin ist keine Naturwissenschaft, sondern seit jeher eine Kunst. Und wir Ärzte sind Künstler, das beweist unsere Ausbildung.«
     
    Am Morgen schluckte er zwei Schmerztabletten, wählte die Nummer von Dakota County und sprach mit einem Ermittler namens Pratt, der sich bereits mit Jim Benson unterhalten hatte. »Jim und ich arbeiten sozusagen parallel«, erklärte Lucas.
    »Okay. Nun … sie hat acht Stichwunden an Bauch und Brust.«
    »Reine Stichwunden, oder wurde das

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