Im Sog Des Boesen
Messer hochgezogen?«
»Reine Stichwunden, mittels einer kurzen Waffe mit schmaler Klinge. Beim Herausziehen wurde die Wunde ein wenig vergrößert, jedoch offenbar ohne bewussten Versuch, das Messer hochzuziehen. Wahrscheinlich wollte das Opfer sich wegdrehen. Benson meint, es könnte sich um ein Schälmesser gehandelt haben. Die Wunden würden passen.«
»Aber Sie haben kein Messer gefunden.«
»Nein. Obwohl wir die Gräben mit Metalldetektoren abgegangen sind. Alles Relevante scheint sich in der Plastikplane zu befinden. Solche Planen gibt’s in jedem Baumarkt. Wir haben alte Ölspuren darin entdeckt, von Getriebeöl.«
»Das hat das Labor herausgefunden?«
»Nein, einer von unseren Leuten hat daran geschnuppert. Ich könnte mir vorstellen, dass die Leiche in einem Pick-up oder Kombi transportiert wurde, neben Werkzeug oder Maschinenteilen. Mrs. Austin hat Benson gesagt, dass in letzter Zeit keine Malerarbeiten bei ihr durchgeführt wurden. Folglich müssen die Killer die Plane dabeigehabt haben. Vielleicht handelt es sich bei dem Fahrzeug um den Wagen von einem Maler oder sonst jemandem, der immer Abdeckplanen mit sich führt. Wenn wir das Auto fänden, könnten wir
überprüfen, ob das Getriebeöl dazu passt. Das Zeug ist dickflüssig und lässt sich gar nicht so leicht entfernen.«
»Okay«, sagte Lucas. »Sonst noch was? Blätter, organische Stoffe, Farbe, Teppichfasern?«
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Pratt. »Der Laborbericht lässt noch auf sich warten. Wir machen Druck, aber Sie wissen ja, wie das ist - so etwas braucht seine Zeit. Wir untersuchen die Plastikplane mit dem Mikroskop. An dem Getriebeöl könnten lose Fasern oder andere Materialien aus dem Wagen kleben geblieben sein.«
»Wunderbar. Ist das alles?«
»Um ihre Beine war ein Mantel gewickelt, und in dem befanden sich keine Löcher, was heißt, dass sie ihn zum Zeitpunkt des Mordes nicht anhatte. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist.«
Ja, allerdings, dachte Lucas und erinnerte sich an seinen Versuch, die Tat nachzustellen. Frances hatte Zeit gehabt, den Mantel im Haus auszuziehen; somit hatte ihr vermutlich niemand im Dunkeln aufgelauert. »Bitten Sie Mrs. Austin, den Mantel zu identifizieren.«
»In Ordnung. Außerdem haben wir ungefähr eine halbe, blutdurchtränkte Küchenrolle mit Greifspuren. Einer unserer Leute glaubt, Fingerabdrücke daraus gewinnen zu können. Ich habe da so meine Zweifel.«
»Ja, klingt unwahrscheinlich. Und weiter?«
»Falls Sie jetzt hören wollen, dass sie sich den Namen des Mörders in die Handfläche geritzt hat - Fehlanzeige.«
»Okay. Besorgen Sie mir sämtliche vorliegenden Berichte, ja? Ich versuche, so viele Informationen wie möglich zu sammeln … Kopieren Sie mir alles, was Sie Jim zuschicken.«
»Wird gemacht«, versprach Pratt. »Noch eins: Der Gerichtsmediziner sagt, die Messerstiche hätten so viel Schaden angerichtet, dass sie innerhalb von ein oder zwei Minuten
verblutet ist. Das heißt, der Mord wurde in Sunfish begangen, und Sie sind nach wie vor für den Fall zuständig.«
Lucas rief Benson an. »Haben Sie heute Morgen schon mit Alyssa Austin gesprochen?«
»Nein. Sollte ich das?«
»Das erledige ich. Irgendwelche Ideen?«
»Ich kümmere mich um die Laborsachen.«
Alyssa Austin telefonierte gerade, als die Haushälterin Lucas hereinließ. Alyssas Mutter, die sich in der Küche aufhielt, reichte Lucas eine Tasse Kaffee und erzählte ihm, ihr Mann sei im Bestattungsinstitut, um die finanzielle Seite zu regeln, während Alyssa vorhabe, die Geschäfte ihrer Nummer zwei zu übertragen. Sie wisse nicht, wann die Leiche von Dakota County freigegeben werde, es könne noch einige Tage dauern.
Als Alyssa aufgelegt hatte, begrüßte sie Lucas mit einem Lächeln und einer Umarmung. Sie wirkte schmal und blass. »Danke, dass du sie gefunden hast.«
»Na ja, ich … Was haben die Leute in Dakota County dir gesagt?«, fragte Lucas.
»Fast nichts.«
»Soll ich dich auf den neuesten Stand bringen?«
»Ja, bitte.«
»Deine Mutter meint, du willst deine Geschäfte einer Assistentin übertragen?«
»Der Vizepräsidentin, die sich um unsere Finanzen kümmert«, bestätigte Alyssa. »Sie erledigt die schwierige Seite des Geschäfts. Ich habe ihr angekündigt, dass ich ein paar Wochen lang nicht da sein werde. Das ist keine große Sache für sie. Sie hat mich schon öfter vertreten, wenn ich in Europa oder China war.«
Sie setzten sich mit dem Kaffee ins Wohnzimmer.
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