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Im Sog Des Boesen

Titel: Im Sog Des Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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ihm ab.
    »Nein, nein«, versuchte er, sie zu beschwichtigen. »Nicht weggehen. Ich kann dir helfen …«
    Er erzählte ihr vom Tod, davon, dass man sich aus seinem Körper entfernte, ihn irgendwann aus dem Blick verlor. Soweit er wusste, war er mit anderen Leuten im Wasser gewesen, doch die konnte er nach seinem Tod nicht mehr sehen. Anschließend sei er lange durch einen Nebel gewandert, habe ab und zu kleine Lichtflecken gefunden und durch sie hindurchgeschaut, bis er nach einer Weile gemerkt habe, dass er durch Spiegel blickte. In ganz St. Paul und Umgebung … Er sei nur wenige Zentimeter von lebenden Menschen entfernt gewesen, ohne dass diese ihn bemerkt hätten.
    Dann habe er Alyssa entdeckt, sich sofort von ihrem Körper angezogen gefühlt und ein paar Töne auf dem Klavier im Spiegel gespielt, der Reflexion des Klaviers in Alyssas Musikzimmer.
    Und sie habe reagiert.

    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie aufgeregt ich war: Du hast mich gehört .«
     
    Er wusste von Frances’ Tod, konnte sie dort, auf der anderen Seite, spüren.
    »Sie ist für immer fort, stimmt’s?«, fragte sie.
    »Noch nicht von dieser Ebene«, antwortete er. »Sie findet keine Ruhe, will weiterziehen, kann es aber noch nicht.«
    »Spüren Sie sie für mich auf?«
    »Nein. Ich kann hier niemanden sonst sehen. Es ist wie in einer nebligen Nacht …«
    »Vielleicht kommt sie zu mir«, sagte Alyssa.
    »Sich zurechtzufinden ist schwierig«, gestand Loren. »Von dieser Seite aus erkennt man nur Lichter aus Spiegeln und von anderen glänzenden Oberflächen, kleine Lichtfäden hier und dort und dazu Rechtecke und Kreise, die Spiegel. Den deinen habe ich zufällig entdeckt. Die Spiegel wirken wie Lagerfeuer um einen See. Wenn ich während des Tages dorthin zurückkehre, setze ich mich und warte auf die Nacht, in der ich den Spiegel wieder sehen kann. Und das Licht. Manchmal habe ich Angst, dass dein Spiegel verschwunden ist und ich hilflos herumwandern und dabei all die Menschen auf der anderen Seite beobachten muss, wie sie essen und trinken und ficken und Musik machen, während ich nur die Schatten bekomme …« Er erzitterte.
     
    »Frances kann hier nicht weg, solange sie nicht gerächt ist«, erklärte er. »Sie kann nicht auf die nächste Ebene.«
    »Und wo ist die?«
    »Im Himmel. In der Wiedergeburt. Wo auch immer - ich weiß es selbst nicht so genau.«
    »Warum sind Sie noch nicht weitergewandert?«
    »Ich weiß es nicht. Es geht einfach nicht …«

    »Lass mich dir helfen bei der Suche nach der Gerechtigkeit«, sagte er.
    Sie war skeptisch. »Und wie wollen Sie das machen, Spiegelmann?«
    »Wir können nachdenken, forschen, uns Dokumente beschaffen, mit Leuten reden.«
    »Und die sprechen mit einem Geist?«
    »Nein, aber ich kann dir Ratschläge geben und dich begleiten, wenn du sie jagst … Du kannst mich durchziehen.«
    »Dich durchziehen«, wiederholte sie und wich einen Schritt zurück, aus seiner Reichweite.
    »Zieh mich durch«, drängte er sie. »Pack meine Finger und zieh. Ich verschwinde, wenn die Sonne aufgeht, aber für ein paar Stunden kann ich bei dir bleiben.«
    »Sie werden mir wehtun«, sagte Fairy.
    »Nein«, versprach er und hob flehend die Hände. »Ich wäre nicht in der Lage, dir etwas zu tun. Du bist der einzige Mensch, der mich sehen und mit dem ich mich unterhalten kann. Ohne dich bin ich allein.«
    »Sie haben einen grausamen Zug um den Mund.«
    »Nein, nein …«
     
    Der Aufbau der Beziehung zog sich hin.
    In der ersten Nacht verließ sie das Zimmer und hörte ihn weinen; als sie zurückkehrte, war er nicht mehr da, auch nicht am nächsten Abend. Am dritten kehrte er zurück, und erneut ging sie weg. Das wiederholte sich drei oder vier Nächte.
    »Fast hättest du es kaputt gemacht«, jammerte er. »Du hast dir selbst nicht getraut, mich für ein Hirngespinst gehalten. Aber ich bin kein Hirngespinst, sondern ein Mensch .«
    In der fünften Nacht zog sie ihn durch. In der folgenden berührte er sie, und in der nächsten schliefen sie miteinander.
    Loren war kalt wie Eis und wollte eigentlich gar nicht den Sex, sondern die Wärme.

    Hinterher lagen sie nebeneinander und redeten über Frances und die Gerechtigkeit, und er erzählte ihr von der anderen Seite, dem dunklen Ort, an dem er seine Tage verbrachte. »Ich weiß - keine Ahnung, woher -, dass die anderen weiterwandern, nur ich nicht. Vielleicht muss ich hierbleiben, um dir bei der Suche nach Frances zu helfen.«
    »Du siehst sie nicht, wenn sie

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