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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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mit dir einkaufen, ruf mich zurück, sobald du kannst …«
    Acht Füße bearbeiten den Körper. Haut platzt, die Trommelfelle reißen, Gefäße werden traumatisiert. Blut in der Lunge. Ein Auge ist geöffnet, weiß. Ein Auge ist geschlossen. Die Hand, die Hans gehörte, bewegt sich.
    Er läuft am Fluss entlang. Im Ufersand findet er einen weiß-schwarzen Hühnergott. Er winkt einem Schiff, das unter der eisernen Brücke verschwindet. Und die Sonne wandert schnell.

    »Und bis diese … Steine in deinem Leben plötzlich aufgetaucht sind, ich meine, du hattest doch ein gutgehendes Geschäft …«
    »Wie man’s nimmt. Und was ist jetzt deine eigentliche Frage? Was ich gemacht habe ohne den Flitterkram vor Augen?«
    »Ja. Bevor die …«
    »Sag’s doch ruhig. Die Diamanten kamen …«
    »Ja.«
    »Das Übliche natürlich. Und von ihnen geträumt.«

Der Traum von Reinharz
    »Ich kann dir das alles nicht erzählen, aber da gibt’s diesen kleinen Kurort, nicht weit von der Stadt weg. Ich meine, das kann und könnte ich dir schon erzählen. Ich fahr da seit paar Jahren regelmäßig hin. Da gibt’s wunderbare Moor- und Schwefelbäder. Is wegen dem Rücken. Ja, mit meinem Rücken, das hast du ja schon mitgekriegt, Liv. Ist sicher wegen der Zeit auf dem Bau. Jetzt hör mir aber auf von wegen Alter. Willst mich wohl ärgern. ’n Freund von mir, Arnold, den kenn ich schon seit fast zwanzig Jahren inzwischen, hat mir den Tipp gegeben. Der ist dort manchmal wegen seinem Bein, also beiden Beinen. Der hat mal ’n Unfall gehabt. Ist aber schon zwölf Jahre her. Ach, Quatsch, jetzt sind wir einfach mal ehrlich. Dem haben sie die Beine weggeschossen. Sollte nur so ’ne Art Warnung sein, aber das ging irgendwie daneben. Manche sagen, der Jugo war zu blöd, aber ich denke, dass er einfach überreagiert hat, durchgedreht ist. Ich meine, die hatten ja da kurz vorher noch diesen schrecklichen Krieg. Und im selben Jahr, also das muss neunundneunzig gewesen sein alles, mit dem Bein und den …, da bombten die Nato und unsere deutschen Flieger in Belgrad rein. Also Ex -Jugo, um genau zu sein. Serbe. Serben. Die waren damals noch gut im Geschäft in der Stadt. Der Arnold, also mein Freund Arnold, ist in der Vermieterbranche. Wohnungen. Für Frauen. Ja. Huren. Die mieten sich ’ne Wohnung bei ihm, ’n FKK-Club hat er auch noch. Ich hab ’n Nachtclub. Auch mit Frauen. Ist ’ne prima Bar, und alles im Prinzip legal. Ich meine, Liv, ich bin nichts weiter als ein stinknormaler Geschäftsmann. Im Prinzip. Wie ich dazu gekommen bin?, ach, das ist ’ne lange Geschichte. Nee, ’n FKK-Club ist kein Spaßbad für Nacktbader. Du bist süß.
    Mein Laden ist ’n ganz normaler Nachtclub. ’ne Art Bordellkommune mit Barbetrieb, na ja, ist jetzt so halb im Scherz. Aber nix hier Eckkantine, wir haben da die besten Drinks und Cocktails und Weine und Schampus …, na ja, alles.
    Und wir achten da immer drauf, dass wir nicht zur selben Zeit in dem kleinen Kurort sind. Ich und Arnold. Und soll auch keiner wissen, dass wir da unsere maladen Knochen bekuren. Da quatschen die Leute bloß, und du weißt ja, wie das ist mit dem Tratsch. Die beiden Opis sitzen im Schlammbad und reden über alte Zeiten. Ist auch ziemlich runtergekommen, das ganze Nest, war früher mal ’n richtig florierender Kurbetrieb. Berühmt, sag ich jetzt mal. Wunderbarer Bahnhof, da hielt die alte Bäderbahn, gibt nämlich noch ’n anderen Kurort ganz in der Nähe. Der ist jetzt stillgelegt, der Bahnhof, ob in dem anderen Kurort noch gekurt wird, weiß ich nicht. Wär wahrscheinlich blöd, wenn man da so nebeneinander im Schlammbad sitzen würde. In seiner Freizeit will man ja schon seine Ruhe haben. Ja, ja, das Alter, nun fang du wieder an, mit deiner Stichelei. Und warum ich jetzt so weit aushole, bevor ich dir meinen Traum erzähle, wobei ich mich natürlich frage, wie …, wie sowas zusammenkommt, wie solche Träume entstehen. Ich meine, so richtig versteh ich’s nicht, warum ich’s jetzt träume, weil es nun schon einige Monate her ist, dass ich dort war. Im Herbst. Und kurz zuvor habe ich …, habe ich einen totgeschossen. Ist irgendwie blöd gelaufen. Man kann sagen, dass ich ihn nur warnen wollte, eigentlich, manch anderer wird sagen, ich sei durchgedreht. War dummerweise ein Riesen-Kaliber. Also nicht der Mann, die Wumme.
    Und wenn du da aus den Bädern wieder rauskommst, wieder raussteigst, das ist ’ne Wonne, kann ich dir sagen. Da müssen wir unbedingt

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