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Im Stein

Im Stein

Titel: Im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Meyer
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Hört Musik aus dem Auto, die Tür noch offen. Alex fummelt am Radio rum. Oldie-FM. Er muss die Dinge ordnen in seinem Kopf. Lichter blenden ihn. Er taumelt gegen die Hauswand. Vor ihm, ein Stück die Straße runter, der Bahndamm, der das Viertel zerschneidet, und eine eiserne Brücke. Eine S-Bahn oder ein Zug rumpelt über die Gleise. Er sieht ihn noch nicht. Die Dämmerung hinter den Häusern. Morgen oder Abend. Er blickt zum Auto. Er sieht, wie ein kahlköpfiger Mann im schwarzen Mantel den Rückspiegel mit beiden Händen justiert. Wenn er in den Himmel blickt, weiß er … Sterne. Diamanten. Astronauten. Und er irgendwo dazwischen, und längst nicht mehr hier oder dort, in einem kleinen Raum aus glänzendem Chrom.

9
    (»Aber durch die ewige Nacht funkelt
    Sternenlicht von unendlich weit her.
    Vielleicht ist es dort gerade gestern.«
    »Von dir, Hans?«
    »Nee. Im Internet übesetzt, Songtext, USA.«
    »Feine Sache.«)

    (»Wie ist Arnold Kraushaar Anfang und Mitte der Neunziger so weit nach oben gekommen?«
    »Immer druff. Immer feste druff.« Mallorca-Frank, Ex-Mitarbeiter, im Interview, Mai 2018, Mallorca.)

    Blödsinn. Vollkommener Blödsinn. Könnt ihr mich hören? Ich kenne diesen Frank überhaupt nicht! Und auf Mallorca war ich nie. Ibiza. Dominikanische Republik. Ich fahr doch nicht zum Pöbel.

10
    (»Sag mal, Arnold, hast du eigentlich ’ne Rechtsschutz?«
    »Hm. Advocaat.«
    »Anwalts Liebling?«
    »Genau. Kann ich nur empfehlen!« Arnold Kraushaar im Gespräch mit Hans Pieczek, August 1997)

    Eigentlich wollte ich hier noch etwas vom Aldi-Prinzip erzählen und wie die ihre Mitarbeiter ausspähen und reglementieren, und vom Ackermannprinzip und dass, wenn es einen Nachruf gegeben hätte …, und dass der Vorwurf des Mietwuchers gegenüber AK doch nicht recht haltbar wäre, weil doch die Dinge, sagt man das so?, die Vorteile, ja, die er bietet, und dass die Sicherheitsfrage, also was die Frauen betrifft …, und dass es doch eine feine Sache ist, dass er den Markt so lange in deutscher Hand gehalten hat …, und dass, als dann später die Engel, weil die Kanacken …, und dass, wenn man jetzt mal die Märkte vergleicht, und damit meine ich jetzt eine Art Moralitätsvergleich, doch so oder so zuungunsten der …
    In the year 2525.

– Mandy, das Bett bricht!
– Nein, Mister, das Bett nicht,
es ist ein Band von meinem Herzen,
das da lag in großen Schmerzen.
    Ich mache mir nicht viel aus Sex. Habe mir noch nie viel draus gemacht. Da habe ich wohl immer die falschen Typen gehabt, wenn ich so zurückdenke. Nur einmal, da war ich achtzehn, der war immer sehr zart zu mir, aber das hat nicht lange gehalten.
    Der Typ schraubt an meinen Brustwarzen rum. Und ich tue so, als würde mich das antörnen, sein Gefummel, dieses Teenie-Gekicher habe ich ganz gut drauf, dieses Film-Gekicher, ständig laufen Filme im Fernsehen, wo diese Ami-Girlies ganz genauso bescheuert kichern, kann man üben, kann man lernen, stehen die Gäste drauf, die meisten, in Japan bedeutet Kichern Masturbieren, hat mir mal jemand gesagt, und das stimmt sogar, ich habe im Internet geguckt und dort erstmal nichts gefunden und dann aber in der Stadtbücherei, da gab’s ein Buch über Geishas, diese japanischen Liebesdienerinnen, ich habe schon ewig nicht mehr masturbiert, vielleicht stimmt da was nicht mit mir?, aber mir geht’s ja ganz gut so weit, ich bin zufrieden, wenn man das so sagen kann, und ich stöhne und winde mich ein wenig unter ihm, damit er endlich zur Sache kommt. Ich könnte auch einfach so daliegen und die Lampe anblinzeln und warten, bis er mit der Schrauberei fertig ist. Aber ich habe ihn schon paarmal unten gesehen, ist ein Stammgast, da hat er mit der Kohle rumgeschmissen, ist meistens mit der Steffi hoch, aber die ist nicht mehr da jetzt, arbeitet jetzt in ’ner kleinen Wohnung, und ich beneide sie um die Ruhe, die sie da hin und wieder hat. Immer das Sektgetrinke unten an der Bar, und immer dieselbe Marke, ich kann’s schon nicht mehr sehen, und wenn ich nicht arbeite, trinke ich überhaupt keinen Sekt mehr, nichtmal Silvester. Schampus ja, aber auch eher selten, ist eben teuer, aber auch was Besonderes. Silvester bin ich eh fast immer allein, gucke zu Hause Filme oder lese in meinen Büchern, esse Pizza und trinke ein Glas Wein. Ich mache mir auch nicht viel aus Silvester. So auf Knopfdruck abfeiern? Nee.
    Ein Piccolo für dreißig Euro, und wir sitzen an der Bar, die Musik dudelt mal wieder die

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