Im Strudel der Gefuehle
einem raubtierhaften Grinsen entblößte. »Und genau das wolltest du Wolfe unter die Nase reiben, stimmt’s?«
Rafes Lächeln war so kühl wie seine grauen Augen. »Niemand kann bestreiten, daß er ziemlich hart mit ihr umgesprungen ist.«
»Er hatte seine Gründe; Jessi hat das selbst zugegeben.«
»Wie dem auch sei, ich möchte jedenfalls derjenige sein, der es Wolfe sagt.«
»Tut mir leid, großer Bruder. Diesmal bin ich an der Reihe.« Reno schwang sich in den Sattel und schaute auf Rafe herunter. »Denk doch mal nach. Warum, glaubst du, hat Jessica ausgerechnet Caleb und nicht einen von uns beiden darum gebeten, mit ihr zu kommen?«
»Das habe ich mich auch schon gefragt«, gab Rafe zu. »Besonders wo er sich doch jetzt um seine Frau und das neue Baby kümmern muß.«
»Zerbrich dir nicht weiter den Kopf. Es gibt keinen Mann, der verheirateter ist als Caleb, und Wolfe weiß das ganz genau. Genauso wie Jessi.«
»Keiner von uns beiden hätte Jessi auch nur angerührt«, sagte Rafe sofort. »Das weiß sie ganz genau.«
»Mh-hm. Und jetzt frag dich mal, ob du das alles Wolfe erklären möchtest, während er dich aus einer halben Meile Entfernung über den Lauf seines Gewehrs anvisiert?«
»Wenn Jessi sich nicht in diesen starrköpfigen Trottel verliebt hätte, wäre ich gerne bereit, es ihm auf jede nur erdenkliche Art zu erklären.«
»Genau wie ich«, sagte Reno. »Aber sie liebt ihn nun einmal.«
Rafe dachte kurz nach. Er nickte und machte Reno den Weg frei.
»Na gut, Schwarzfuß«, sagte Reno. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob Jed Slater recht hatte und du wirklich lebensmüde bist.«
Der schwere Rappen machte einen Satz und fiel Sekunden später in einen schnellen Trab.
Seit zwei Tagen waren sie nun schon unterwegs. Caleb verbrachte genausoviel Zeit damit, über seine Schulter zu sehen, wie vor sich den Weg im Auge zu behalten.
»Hör schon auf, dir den Hals zu verrenken«, sagte Jessica und schaute nach den Pferden, die am Flußufer standen und tranken. »Wolfe wird nicht versuchen, mich zurückzuholen.«
»Dafür, daß du so ein aufgewecktes Mädchen bist, kannst du manchmal ganz schön naiv sein.« Caleb überprüfte die Schnallen an den Packsätteln und dann die am Zaumzeug seines eigenen Pferdes. »Wolfe liebt dich.«
»Er begehrt mich. Das ist ein Unterschied.«
»Nicht für einen Mann, Schätzchen. Jedenfalls nicht zu Anfang.«
Caleb schwang sich in den Sattel, und sein Pferd trottete los. Jessica schaute ihm hinterher. Er hielt sein Tempo und hoffte insgeheim, daß sie ihn nicht beschuldigte, er wollte seinen Teil ihrer Abmachung nicht einhalten. Warum aber sollte er Wolfe einen Anlaß bieten, noch wütender zu werden, als er ohnehin schon war?
Es dauerte bis zum späten Nachmittag, bevor Caleb anhielt und den Weg genauer begutachtete. Zu beiden Seiten erhoben sich hohe Gipfel aus nacktem Fels, die von einem breiten Tal getrennt waren, in dem Bäume, Büsche und Gras wuchsen. Diese grüne Talsohle war mehrere Meilen breit und begann nach einer weiteren Meile auf beiden Seiten steil anzusteigen. Wo Caleb und Jessica sich befanden, hatte der Frühling bereits Einzug gehalten. Die Bäume trugen frisches Laub, und in den Bächen plätscherte fröhlich das Wasser der Schneeschmelze aus den nahe gelegenen Bergen.
»Hier schlagen wir unser Lager auf«, sagte Caleb.
»Es dauert noch zwei Stunden, bis es dunkel wird.«
Caleb warf Jessica einen kühlen Blick aus seinen bernsteinfarbenen Augen zu. »Es wird länger als nur zwei Stunden dauern, um den Paß zu überqueren. Wenn wir hier nicht unser Lager aufschlagen, werden wir uns den Weg über die verschneite Paßstraße im Dunkeln suchen und wahrscheinlich die ganze Nacht im Sattel verbringen müssen.«
Jessica erwiderte Calebs Blick, seufzte und schaute sich unbehaglich über die Schulter um. Sie dachte, sie hätte hinter sich eine Bewegung wahrgenommen, aber Caleb schien nicht weiter besorgt zu sein. Als sie sich wieder umdrehte, betrachtete er sie mit einem seltsamen Lächeln auf dem Gesicht.
»Mach dir keine Sorgen, Herzchen«, sagte er aufmunternd. »Ich habe schon dafür gesorgt, daß du genug Vorsprung hast. Bevor dein Mann uns einholt, hat er ausreichend Gelegenheit, seine Wut abkühlen zu lassen.«
»Wolfe wird nicht kommen.«
»Unsinn.«
Jessica warf Caleb einen erstaunten Blick zu.
Er lächelte sie so zärtlich an, als wäre sie Willow.
»Sogar wenn du recht hättest«, sagte Jessica mit schwerer Stimme, »kann Wolfe
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