Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
Vom Netzwerk:
sie sah, was für ein tiefer Kummer in seinen Augen lag, spürte sie, wie sich ihr Herz ängstlich zusammenzog.
    »Mein Liebster, was ist denn los?« fragte sie.
    »Nichts.«
    Bedächtig schüttelte sie den Kopf. »Deine Augen sind so traurig.«
    »Das bildest du dir nur ein.« Wolfe lächelte und streichelte sanft ihre Wange. »Elfen sind bekannt für ihre lebhafte Fantasie.«
    »Wolfe«, flüsterte sie. »Ich kann keine Witze machen, wenn ich den Ausdruck in deinen Augen sehe. Wen oder was betrauerst du?«
    Überrascht schaute er sie an. Er hatte nicht erwartet, daß sie ihn so leicht durchschauen würde, leichter als er sich selber.
    Trauer.
    »Ich bin jedesmal traurig, wenn ich mich von Caleb und Willow verabschiede«, sagte Wolfe nach einer Weile. Das war das einzige Körnchen Wahrheit, das er ihr gegenüber zugeben wollte.
    Jetzt war Jessica an der Reihe, überrascht zu sein. »Wir reisen ab?«
    »Es ist hier zu gefährlich.«
    Der Ton in Wolfes Stimme klang überzeugt und endgültig. Ein kalter Schauer überlief Jessica.
    »Was willst du damit sagen?« flüsterte sie.
    »Wir gehen nach England zurück.«
    »Ich würde lieber Mustangs jagen«, sagte sie, »oder willst du etwa bis zum Herbst warten, wenn die einjährigen Fohlen von der Mutter entwöhnt sind?«
    Ohne ihr zu antworten, drehte Wolfe sich um.
    »Wolfe?«
    »Wir werden in England sein, wenn die Fohlen entwöhnt sind.«
    »Dann kommen wir eben im nächsten Frühjahr zurück.«
    »Nein.« Seine Stimme war leise, endgültig.
    »Warum nicht?« »Frühjahr und Herbst sind die Jahreszeiten, in denen Sir Robert die Wildhüter auf seinen Landgütern am dringendsten braucht.«
    Der kalte Schauer, der Jessica überlaufen hatte, verwandelte sich in einen Eisklumpen, der sich am Grund ihres Magens festsetzte.
    »Und was hat das alles mit uns zu tun?« fragte sie besorgt.
    »Ich werde einer dieser Wildhüter sein.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Wolfe schaute aus dem Fenster. »Wir werden in England leben.«
    »Aber du magst England nicht.«
    Wolfe zuckte die Achseln. »Es gibt Gegenden, die sind ganz nett.«
    »Die können sich doch niemals damit messen«, sagte sie und deutete auf die wilde Schönheit der Berge draußen vor dem Fenster.
    »Nein, da hast du recht.«
    »Und was wird aus den Mustangs?«
    »Die bekommt Caleb.«
    Jessica wankte benommen und flüsterte: »Du hast gar nicht vor, jemals wieder in den Westen zurückzukehren!«
    Wolfe antwortete nicht. Es war auch nicht nötig. Die Schatten in seinen Augen sprachen Bände.
    »Aber warum nur? Du liebst dieses Land. Ich habe es genau gesehen, Wolfe. Dieses Land ist wie eine Geliebte in deinen Augen.«
    »Es reicht, Jessi!«
    »Nein! Warum können wir nicht hierbleiben? Warum müssen wir in England leben?«
    »Hier ist kein Platz für dich«, sagte Wolfe leise. »Für dieses Land muß man geboren sein. Und das bist du nicht.«
    »Aber du!«
    Er machte eine beinahe etwas hilflose Handbewegung. »Ja. Aber ich kann in England überleben. Du kannst im Westen nicht überleben.«
    »O Gott, wie sehr muß du mich nur hassen!«
    Unvermittelt drehte Wolfe sich um und streichelte Jessicas Wange. »Ich hasse dich doch nicht, mein Elfchen.« »Noch nicht. Ich habe dich um das einzige gebracht, was du jemals wirklich geliebt hast. Bald wirst du mich genauso leidenschaftlich hassen, wie du dieses Land liebst.«
    Wolfe sah die Tränen in Jessicas Augen und nahm sie in seine Arme. »Sei still, mein Schatz. Du quälst dich damit nur selbst.«
    »Ich will aber nicht in England leben«, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme und stieß ihn von sich. »Hast du verstanden? Ich liebe die Berge. Warum können wir nicht hierbleiben?«
    »Du hast dich mir anvertraut. Und ich kann nicht tatenlos zusehen, wie dich dieses wilde Land langsam umbringt.«
    Jessicas Finger krallten sich in Wolfes Hemd und vergruben sich in der straffen Haut unter dem Stoff.
    »Wolfe, hör auf mich. Ich bin stärker, als du denkst. Wenn ich wirklich das schwache, kleine Elfchen wäre, für das du mich hältst, wäre ich schon als kleines Kind gestorben.«
    Seine Hand legte sich unter ihr Kinn. Schweigend fuhr er über ihre zarte Haut und die feingeschnittenen Züge. Er lächelte traurig.
    »Du bist nicht einmal annähernd so stark wie ich«, sagte Wolfe. »In England kommt es darauf nicht an.«
    »In England wird niemand über deine uneheliche Abstammung und dein indianisches Blut hinwegsehen können«, sagte sie kalt. »Hier hast du Freunde und die

Weitere Kostenlose Bücher