Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Strudel der Gefuehle

Titel: Im Strudel der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
Vom Netzwerk:
schließlich. »Willy war immer so ein schwaches kleines Ding. Ich hatte unentwegt Angst, daß das Leben sie mit Haut und Haaren frißt, zerkaut und wieder ausspuckt.«
    »Eine Traumfrau fressen?« sagte Jessica verbittert, während sie die Kutsche vor dem Mietstall zum Stehen brachte. »Das möchte ich doch sehr bezweifeln, Rafael. Das Leben würde sich an Willows Vollkommenheit bestimmt verschlucken. Und wenn sich das Leben verschluckt und an soviel Perfektion erstickt, dann entsteht ein Paradox, daß sich einem nur so der Kopf dreht. Ganz zu schweigen vom Magen.«
    Mit diesen Worten rammte Jessica die Peitsche fest in ihre Halterung. Als sie wieder aufschaute, sah sie, daß Wolfe sie neugierig betrachtete, so als fragte er sich, wie wütend sie wirklich war. Plötzlich erkannte sie, daß er in genau diesem Moment den Dolch wetzte, den er ihr von jetzt an bei jeder passenden Gelegenheit an die Kehle setzen würde. Doch obwohl sie das wußte, konnte sie weder ihren Worten Einhalt gebieten noch dem bittersüßen Tonfall, in dem sie ihr über die Lippen kamen.
    »Wäre es dir vielleicht möglich, so lange damit aufzuhören, eine Lobeshymne nach der anderen auf deine Traumfrau anzustimmen, bis wir unterwegs sind?« fragte Jessica. »Die Leute drehen sich schon nach uns um.«
    »Das ist das komischste Gerät, das mir je untergekommen ist«, sagte Rafe, als er neben Jessica herritt, »und ich habe schon eine Menge seltsames Zeug auf meinen Reisen gesehen.«
    Trotz der abgrundtiefen Erschöpfung, die an ihren Kräften zehrte, richtete sie sich in ihrem Damensattel auf und schenkte Rafe ihr freundlichstes Lächeln. Wenigstens würde er sie eine Weile vom Heulen des Winds ablenken.
    Mächtige Berge erhoben sich zu allen Seiten. Ihre Gipfel waren versteckt hinter einem wallenden Vorhang aus schieferfarbenen Wolken. Mit jedem Schritt, der sie in höhere Lagen führte, betraten sie eine Landschaft, in der noch der Winter herrschte. Schnee fiel aus den dunklen Wolken, und der Wind verwob die Flocken zu weißen Schleiern. Er fuhr unter die Schneewehen auf dem Boden, so daß feinste Eiskristalle in stechenden Wolken aufstoben und sich auf jedem Zentimeter ungeschützter Haut niederließen.
    Doch vor allem gab der Wind ein Heulen und Stöhnen von sich, das an Jessicas Selbstbeherrschung zehrte und versuchte, die darunter verborgenen Alpträume freizulegen.
    »Gibt es in Australien keine Damensättel?« fragte sie schnell, bevor der Wind oder ihre eigenen Ängste ihr etwas anhaben konnten.
    »Ich kann mich nicht erinnern, einen gesehen zu haben. Aber es gibt dort ja auch nicht besonders viele Weiße.« Rafe sah sie von der Seite an. »Ist er genauso unbequem, wie er aussieht?«
    Mit zusammengebissenen Zähnen und einem unterdrückten Stöhnen rutschte Jessica hin und her und versuchte, ihr Gewicht und ihre bauschigen Röcke etwas bequemer um den seitlich versetzten Sattelknauf zu verteilen.
    »Auf einem gut trainierten Pferd und auf ebenem Gelände ist er eigentlich ganz bequem, solange man nicht zu lange reitet.«
    »Dieser alte Gaul hat nur gelernt, langsam zu traben, wobei einem das Kleingeld aus den Taschen fällt«, sagte Rafe. »Außerdem sitzen wir sechzehn Stunden pro Tag im Sattel, und das schon seit drei Tagen. Sie sehen so blaß aus, daß ich schwören könnte, das Sonnenlicht scheint durch Sie hindurch.«
    Der Wind drehte sich und kam ihnen mit dem eisigen Versprechen entgegengefegt, daß es bald wieder zu schneien anfangen würde.
    »Ich glaube kaum, daß wir mit dem Sonnenlicht irgendwelche Schwierigkeiten haben werden«, sagte Jessica und lächelte gequält.
    »Trotzdem schlage ich vor, daß wir heute etwas früher unser Lager aufschlagen; am besten sobald Wolfe von seiner Erkundung des Weges zurückkommt.«
    »Nein.« Beim unmißverständlichen Befehlston in Jessicas Stimme zuckten beide erschrocken zusammen. »Ich will nicht der Grund sein, daß wir nicht schnell genug vorankommen«, fügte sie in einem etwas ruhigeren Tonfall hinzu. »Ich bin stärker, als ich aussehe. Ehrlich.«
    »Ich weiß.«
    Sie warf Rafe einen ungläubigen Blick zu.
    »Das ist mein Ernst«, sagte er. »Ich hätte nie geglaubt, daß Sie den ersten Tag überstehen, ganz zu schweigen von den Strapazen der letzten beiden Tage. Aber wenn Sie sich nicht mehr Ruhe gönnen, müssen wir Sie morgen um diese Zeit auf Ihrem verdammten Spielzeugsattel festbinden.«
    »Wolfe wird das sicher gerne übernehmen. Wir müssen den Paß hinter uns haben, bevor

Weitere Kostenlose Bücher