Im Strudel der Gefuehle
Stunde, die er mit ihr zusammen verbrachte, schwieriger wurde. Er wußte genau, daß sie ihm niemals gehören würde und er sie trotzdem nie mit Gewalt nehmen durfte. Niemals würde sich etwas daran ändern, daß er sie begehrte. Stets würde er am Rande der Verzweiflung leben - den Gegenstand seines Begehrens ständig vor Augen und doch in unerreichbarer Ferne.
»Sie sind sehr freundlich«, sagte Jessica zu Rafe, denn auch sie hatte Wolfes Ärger gespürt. »Doch niemand kann sich mit der Trau... mit
Willow messen. Ich muß noch eine Menge lernen, wenn ich meinem Mann hier im Westen auch nur eine einigermaßen angemessene Frau sein will.«
Rafe runzelte die Stirn. »Sie wirken ziemlich zerbrechlich, um solche Mühen durchzustehen.«
»Sie haben eines mit meinem Mann gemeinsam. Sie glauben, daß innere Kraft und Muskeln dasselbe sind.«
»Mit gutem Grund«, murmelte Wolfe.
»Ohne guten Grund«, entgegnete Jessica. »Blumen sind zum Beispiel zart und zerbrechlich, und deshalb glaubt ihr wahrscheinlich auch, daß sie schwach sind. Aber ich will euch zwei starken Männern mal etwas sagen - ein Sturm, der eine mächtige Eiche zum Umstürzen bringt, kann den kleinen Veilchen, die am Fuß dieser Eiche wachsen, nichts anhaben. Sie nicken nur einmal kurz mit dem Köpfchen und alles ist vorbei.«
Rafe schaute schnell zur Seite, damit niemand seine Belustigung über Jessicas Schlagfertigkeit sah. Doch es war unmöglich. Er warf Wolfe einen reuevollen Blick zu, schüttelte den Kopf und lachte dabei leise.
»Tja, da müssen wir uns wohl bei ihr entschuldigen, Wolfe.«
Wolfe schnaubte verächtlich und schaute sich ein letztes Mal auf der schlammigen Straße um. Weit Und breit war niemand zu sehen. Er hoffte, daß es dabei blieb.
»Ich nehme an, Sie wollen Willow besuchen?« fragte Wolfe und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem großen Blonden zu. Rafe seinerseits beobachtete ihn mit einem Gesichtsausdruck, aus dem gleichzeitig aufrichtige Freundschaft und eine gute Portion Belustigung sprachen.
»Eigentlich suchte ich ja Matt, aber dann habe ich erfahren, daß eine Dame aus Virginia hier mit fünf edlen Araberhengsten angekommen ist. Sie suchte angeblich nach ihrem >Ehemann<, Matthew Moran.« Rafe zuckte die Achseln. »Ich dachte mir, daß muß Willy sein. Sie ist das einzige Mädchen, das ich kenne, das genug Mumm in den Knochen hat, sich quer durch die Wildnis auf die Suche nach ihrem Bruder zu machen, den sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat.«
Wolfes Gesicht verzog sich zu einem zögernden Lächeln. »So jemanden wie sie gibt es nur einmal.«
Rafe bemerkte wohl den liebevollen Klang in Wolfes Stimme als auch den finsteren Schatten, der sich bei seinen Worten über Jessicas Züge gelegt hatte. Er nahm den Hut ab, strich sich mit der Hand über das helle Haar und setzte dann den Hut wieder auf. Er fragte sich, ob Caleb Black wohl zu den Männern gehörte, die einen Hang zur Eifersucht haben.
»Hört sich an, als kennen Sie Willow ziemlich gut«, sagte Rafe nach einiger Zeit.
»Ziemlich gut.«
»Und Cal?«
Etwas verspätet erkannte Wolfe, worauf Rafes Fragen abzielten. Er lächelte gequält.
»Cal ist mein bester Freund. Er ist ungefähr so groß wie Sie. Er hat einen eisernen Willen und kann die Waffe ziehen wie ein geölter Blitz. Ach ja, und er liebt Willow über alles in der Welt, was bei einem harten Kerl wie Caleb Black schon etwas heißen will.«
Rafe sah ihn überrascht an. »Und was meint Willow zu all dem?«
»Der geht es genauso wie Cal. Ihre Liebe ist unerschütterlich. Wenn man die beiden zusammen sieht, könnte man wirklich glauben, daß der liebe Gott genau gewußt hat, was er tat, als er Mann und Frau schuf und ihnen und ihren Kindern die Erde überlassen hat.«
Jessica konnte Gewißheit und unterschwellige Sehnsucht aus Wolfes Stimme heraushören. Sie wußte nicht, ob sie vor Enttäuschung weinen oder vor Wut schreien sollte. Seine Worte waren nur ein neuer Beweis für die aufrichtige Verehrung, die er der Frau seines besten Freundes entgegenbrachte.
Wolfe bemerkte gar nicht, daß Jessica die Lippen zu einem schmalen, Humorlosen Strich zusammenpreßte. Seine ganze Aufmerksamkeit galt
Rafe, der selbst gerade über all das nachdachte, was Wolfe ihm erzählt und was er ihm verschwiegen hatte. Schließlich seufzte Rafe und begann unruhig hin und her zu rutschen, woraufhin die Sprungfedern unter dem Bock laut quietschend protestierten.
»Ich bin froh, das zu hören«, sagte Rafe
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