Im Sturm erobert
Informationen über Saltmarshs Kommen und Gehen zu erhalten. Und Elf hatte den Auslauf gebraucht, erinnerte sie sich. Große Hunde brauchen viel Bewegung.
Ihr kam der Gedanke, daß sie bereits Ausreden für Leo for-mulierte, als wäre er ein Ehemann, der das Recht hatte, ihre Entscheidungen zu kritisieren. Sie stöhnte angewidert.
Der Nebel hatte sich am Morgen für eine Weile verflüchtigt, aber jetzt wurde er wieder dichter und hüllte die Deeping Lane in grauen Dunst. Von ihrem Standpunkt unter den Ästen eines großen Baumes konnte Beatrice die Haustür von Nummer einundzwanzig erkennen.
»Vielleicht sollten wir ein bißchen näher an die Wohnung rangehen, Elf. Es hat wenig Sinn, eine Tür zu beobachten, wenn man nicht klar sieht, wer da rein und raus geht.«
Elfs Ohr zuckte, aber er konzentrierte sich auf ein Büschel Gras an der Wurzel des Baumes. Der Geruch, den er dort wahrnahm, schien ihn sehr zu interessieren. Doch als sie leicht an seiner Leine zog, verließ er bereitwillig den Baum, um neues Territorium zu erforschen. Sie überquerten zusammen die Straße und gingen langsam den Weg entlang, der sie direkt an Saltmarshs Wohnung vorbeiführen würde. Beatrice war nicht sonderlich besorgt, daß Saltmarsh sie erkennen würde, wenn er zu Hause wäre und zufällig aus dem Fenster sehen würde. Ihr Hutschleier und der lange, wollene Umhang gaben ihr reichlich Anonymität. Sie war nur eine weitere Lady, die ihren Hund spazierenführte.
Ein Schauer der Erregung durchfuhr sie, als sie und Elf direkt an der Haustür der Deeping Lane 21 vorbeigingen. Sie konnte nicht umhin, zu bemerken, daß trotz des trüben Tages weder der Schein einer Lampe noch eines Feuers aus einem der Fenster drang.
Ein Junge mit einer Mähne ungekämmter Haare stürmte um die Ecke und bremste abrupt, als er Elf sah. Seine Augen wurden vor Angst und Aufregung riesengroß.
»Ist das ein Wolf, Madam?«
»Was?« Beatrice sah hinunter auf den Jungen. »Oh, nein. Er ist kein Wolf, nur ein großer Hund.«
»Wird er mich beißen?«
»Ich glaube nicht«, sagte Beatrice. »Du kannst ihn streicheln, wenn du willst.« »Verdammt.« Der Junge tätschelte Elfs Kopf zweimal vorsichtig und sprang dann außer Reichweite. »Warte, wenn ich den anderen erzähle, daß ich einen echten lebendigen Wolf angefaßt hab.«
Beatrice kam eine Idee. Sie öffnete ihr Täschchen und kramte nach einer Münze. »Wärst du so gut und klopfst bei Nummer einundzwanzig an ?«
Der Junge zuckte die Achseln, nahm die Münze und sprang die Treppe hinauf. Beatrice ging ein Stück weiter die Straße hinunter und wartete.
De Junge stellte sich auf die Zehenspitzen und betätigte ein paarmal den Türklopfer. Die Tür öffnete sich nicht.
»Das genügt«, sagte Beatrice, als der Junge zu ihr zurückkam. »Du warst mir eine große Hilfe.«
Ein letzter ehrfurchtsvoller Blick auf Elf, dann drehte sich der Junge um und rannte in Richtung Park.
Beatrice studierte die Tür von Nummer 21. »Wie es scheint, ist Mr. Saltmarsh nicht zu Hause, Elf.«
Elf schnupperte nachdenklich an einem Büschel Unkraut. »Was meinst du, Elf? Sollen wir hinters Haus gehen und schauen, ob es da einen Garten gibt?«
Elf erwiderte nichts. Beatrice beschloß das als stummes Einverständnis zu werten. Sie gingen bis zum Ende der Straße, bogen ab und duckten sich in eine schmale Gasse.
Elf fand in der übelriechenden Passage vieles, das ihn interessierte, aber Beatrice zerrte ihn weiter, bis sie den mit einer Mauer umgebenen Garten hinter Nummer einundzwanzig erreicht hatten.
Sie zog an dem Eisentor. Es war offen. »Keinen Ton, Elf.«
Elf, der bis jetzt keinen Laut von sich gegeben hatte, warf ihr einen neugierigen Blick zu, bevor er durch das Tor trabte.
Ein Angstschauer perlte über Beatrice’ Rücken. Das Haus war ganz sicher abgesperrt, sagte sie sich, und ohne Leos Hilfe würde sie nicht eindringen können. Aber sie konnte durch die Fenster spähen. Vielleicht würde sie etwas entdecken können, das als nützlicher Hinweis dienen könnte.
Elf zeigte erhebliches Interesse an einem recht zerfledderten Küchengarten. Beatrice ließ ihn an den Rändern des kleinen Beetes herumschnüffeln, während sie sich innerlich wappnete, um durch ein Fenster zu spähen.
Die Vorhänge waren zugezogen, aber eine Kante hatte sich an einem kleinen Beistelltisch verhakt. Sie konnte durch den schmalen Schlitz ein kleines, unordentliches Arbeitszimmer ähnlich dem ihren erkennen. Die Regale waren voller
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