Im Sturm erobert
verbeugte sich verwirrt und verließ die Bibliothek.
Beatrice atmete die reichen, erdigen Düfte des Gewächshauses ein und fragte sich, ob man sie hereingelegt hatte. Sie konnte schwerlich dem Earl die Schuld an der überfluteten Brücke geben, dachte sie. Außer sie wäre bereit, den Monkcrest-Legenden zu glauben, denen zufolge er übernatürliche Kräfte über die Elemente besaß.
Sie weigerte sich, solche Dummheiten zu glauben. So faszinierend Monkcrest auch war, die Kräfte der Natur konnte er nicht befehligen. Andererseits, je mehr Zeit sie in Gesellschaft des Earl verbrachte, desto leichter wurde es, zu glauben, daß er kein gewöhnlicher Mann war. Intelligent, rätselhaft und mit einem beunruhigenden Maß an Selbstbeherrschung gesegnet, ja, aber definitiv nicht gewöhnlich.
Sein Aussehen faszinierte sie mehr als die Legenden, die ihn umgaben. Er hatte das strenge, unnachgiebige Antlitz eines Mannes, der nicht so leicht Kompromisse eingeht. Natürlich hatte er wahrscheinlich nie viele Erfahrungen in dieser Kunst gemacht. Das war kein Mann, der je gezwungen war, sich anderen unterzuordnen.
In seinem Haar war gerade genug Silber, um ihn für sie interessant zu machen. Das war kein ungeschliffener, unerprobter Jüngling. Leo war ein Mann, der etwas vom Leben gesehen und seine eigenen Schlüsse daraus gezogen hatte. Seine Augen hatten eine ungewöhnliche Bernsteinfarbe. Ihr Aus-druck war durch die geballten Kräfte seines Willens und seiner Intelligenz unergründlich.
Sie wußte genug über ihn, um zu begreifen, daß gewisse Aspekte der Legenden wahr waren. Er war arrogant und voreingenommen. Aber sie konnte nicht abstreiten, daß er ihre Fantasie in einer Weise anregte, wie es nicht einmal Justin Poole zu Beginn seiner Werbung um sie gelungen war. Sie war ein bißchen zu alt für eine solche Reaktion, dachte sie verärgert. Der beschleunigte Puls, die zwingende Neugier und sich seiner auf eine bestimmte Art bewußt zu sein, das war etwas für junge Damen wie Arabella. Eine reife Witwe von neunundzwanzig Jahren sollte solche Dinge überwunden haben.
Monkcrest wäre schockiert, wenn er wüßte, was sie dachte. Die Geschichte seiner kurzen Ehe war ein Teil der Monkcrest-Legende. Tante Winifred, immer eine Quelle von Informationen über persönliche Einzelheiten, hatte ihr eine Zusammenfassung der Geschichte gegeben.
»Jeder weiß, daß die Irren Monks ein seltsamer Haufen sind«, sagte Winifred. »Im Gegensatz zu den meisten Leuten folgen sie in Liebesangelegenheiten den Stimmen ihrer Herzen. Ich glaube, der gegenwärtige Earl heiratete mit neunzehn.«
»So jung?« fragte Beatrice erstaunt.
»Man sagt, es wäre die Frau seiner Träume gewesen, der Inbegriff von Ehefrau und liebevoller Mutter. Er schenkte ihr sein Herz und sie ihm einen Erben und einen in Reserve. Aber nur wenige Jahre später starb sie an einer Lungenentzündung.«
»Wie traurig.«
»Es wird gesagt, Monkcrest hätte es das Herz gebrochen. Er hat geschworen, nie wieder zu heiraten. Die Irren Monks lieben nur einmal im Leben, weißt du.«
»Und nachdem er zwei Söhne hat, gibt es keinen zwingenden Grund, noch einmal zu heiraten, nicht wahr?« sagte Beatrice trocken.
Winifred sah nachdenklich aus. »Eigentlich ist diese Geschichte der deinen sehr ähnlich, meine Liebe. Die Tragödie einer großen Liebe, die man fand und allzubald wieder verlor.«
Beatrice war sich sehr wohl bewußt, daß ihre eigene kurze Ehe innerhalb der Familie den Status einer Legende erhalten hatte.
Sie verdrängte die Erinnerung an Winifreds Klatsch und warf Leo einen Blick zu. Er verlagerte gerade sein Gewicht an der Säule, an der er lehnte. Die kleine Bewegung spannte den Stoff seiner Jacke über seinen breiten Schultern. Beatrice wünschte, sie wäre sich nicht gar so bewußt, wie das gutgeschnittene Kleidungsstück die geschmeidigen, starken Konturen seines Körpers betonte.
Es sollte sie nicht interessieren, daß sein Hemd keine Rüschen hatte oder daß er seine Krawatte streng, schmucklos band und keines dieser bis zum Kinn ragenden Arrangements trug, die in der Stadt so beliebt waren. Aber es interessierte sie doch.
Offensichtlich hatte er mit Mode nichts am Hut, aber viele würden ihn sicher um seine kühle, äußerst selbstsichere Art beneiden. Er hatte etwas Düsteres, Grüblerisches, das Beatrice an die Helden ihrer eigenen Romane erinnerte.
Sie verkniff sich ein Stöhnen. Das war lächerlich. Es war nur ihre schriftstellerische Fantasie, die diesen
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