Im Sturm erobert
ein starkes, wohlproportioniertes und muskulöses Aussehen zu geben.
Aber selbst in Lumpen hätte er den Raum beherrscht, dachte Beatrice. Er hätte es immer noch geschafft, daß alles um ihn herum fade und frivol gewirkt hätte.
»Ich hab Euren Brief bekommen, Mrs. Poole.«
Das Eis in seiner Stimme ließ sie erstarren. Hitze schoß ihr in die Wangen. Leo trug den Beinamen Irrer Monk, aber er war schließlich ein Earl. Man kommandierte einen Earl nicht herum wie einen gewöhnlichen Kaufmann. Das mußte sie in Zukunft bedenken.
Sie erhob sich rasch und machte einen ordentlichen Knicks. »Mein tiefstes Bedauern, wenn ich etwas herrisch schien, Mylord. Die Angelegenheit ist von einiger Dringlichkeit. Wenn ich es erklärt habe, werdet Ihr sicher verstehen, warum ich damit nicht bis zu unserer Fünf-Uhr-Verabredung warten wollte.«
Er zog die Augenbrauen hoch, war aber nicht sonderlich besänftigt von dieser Demonstration von Manieren. »Ich höre.«
Beatrice unterdrückte ein kleines Seufzen und setzte sich wieder. Sie hoffte, daß sie sich bald daran gewöhnen würde, ihn im Haus zu haben.
Es war wirklich irritierend, jedes Mal, wenn er den Raum betrat, diese Woge von heftigem Bewußtsein seiner Nähe zu verspüren. Es war einfach nicht tragbar, daß sie sich weiterhin so benahm wie eine der Heldinnen aus ihren eigenen Romanen.
Betrachte ihn als Quelle literarischer Inspiration, sagte sie sich streng. Und seh ihn, um Himmels willen, nicht als potentiellen Liebhaber.
»Mylord, wollt Ihr Euch nicht setzen?« sagte sie. »Es tut mir leid, daß ich Euch beunruhigt habe. Ich wollte nicht, daß Ihr Hals über Kopf so erregt hierherstürmt.«
»Ich bin nicht erregt.« Er lächelte spöttisch. »Ich bin irritiert.«
»Ich wiederhole, ich entschuldige mich für die Art, in der ich Euch, äh, hierherkommandiert habe.«
Er ignorierte ihre Aufforderung, sich zu setzen, und stolzierte zum Fenster. »Was, zum Teufel, hat das zu bedeuten?« Er riß ein Stück Papier aus seiner Jackentasche und las die Worte darauf laut vor. »Ein Ereignis von großer Bedeutung hat stattgefunden, ich kann die Einzelheiten nicht schriftlich niederlegen ...«
Beatrice räusperte sich. »Vielleicht war meine Wortwahl etwas melodramatisch.«
»Milde ausgedrückt. Wenn das ein Beispiel Eurer literarischen Fähigkeiten ist, dann könntet Ihr der berüchtigten Mrs. York Konkurrenz machen.«
Beatrice erstarrte. »Wann immer ich die Idee habe, ich müßte mich bei Euch entschuldigen, Sir, gelingt es Euch, genau das Richtige zu sagen, um mich zu überzeugen, daß ich mir die Mühe sparen kann.«
»Genug.« Er verzog ironisch den Mund. »Wir sind noch keine fünf Minuten zusammen, und schon keifen wir uns an. Was ist das für ein Ereignis, das von so monumentaler Wichtigkeit ist, daß ich gezwungen war, meine Pläne für heute nachmittag zu verschieben?«
Es gelang ihr mit einiger Mühe, sich zu beherrschen. »Ich dachte nur, Ihr würdet es gerne wissen, daß die Eigentümerin des Etablissements, in dem Onkel Reggie starb, sich bereit erklärt hat, mich zu treffen.«
Er sah sie an, als hätte sie ihm gerade eröffnet, daß sie fliegen könnte. »Wie bitte?«
Zufrieden mit der Wirkung ihrer Worte, gestattete sich Beatrice, ihre überschäumende Begeisterung zu zeigen. »Madame Tugend und ich haben eine Verabredung. Ich habe vor, ihr einige Fragen dazu zu stellen, was sich in der Nacht, in der mein Onkel starb, ereignete.«
»Teufel auch.« Leo starrte sie an. »Ihr habt tatsächlich mit ihr Verbindung aufgenommen?«
»Ja. Ganz diskret natürlich.«
»Diskret? Ich bezweifle, daß Ihr die Bedeutung dieses Wortes kennt.«
Beatrice zog es vor, so zu tun, als hätte sie das nicht gehört. »In ihrem Brief schlägt sie vor, daß wir uns um vier Uhr in einem Park nicht weit von hier treffen. Mir kam der Gedanke, daß Ihr vielleicht anwesend sein wollt, wenn ich meine Fragen stelle. Doch wenn Ihr etwas weit Wichtigeres zu tun habt, werde ich die Angelegenheit allein durchziehen.«
Leo ging zum Schreibtisch und stemmte beide Hände auf die glänzende Oberfläche. »Ich dachte, wir hätten uns geeinigt, daß ich diese Ermittlungen durchführe.«
»Nein, Mylord, wir haben uns geeinigt, daß wir bei den Ermittlungen Partner sein werden.«
»Zur Hölle. Respektable Frauen treffen sich nicht mit Bordellbesitzerinnen«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Beruhigt Euch, Monkcrest. Ich werde ja nicht an die Tür des Hauses der Peitsche klopfen und
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