Im Sturm: Thriller (German Edition)
keine Zeit zum Grübeln.«
Edwards schaute auf die Uhr. Ganze sechs Stunden Schlaf hatte er abbekommen. Er hatte steife Beine, fühlte sich ansonsten aber besser als erwartet. Das war natürlich eine Illusion. Er brauchte weitere vier Stunden Schlaf und eine ordentliche Mahlzeit, ehe er weitermarschieren konnte. »Wir brechen erst um elf auf. Ruhen wir uns noch etwas aus, essen wir etwas Anständiges.«
»Klingt vernünftig. Wann nehmen Sie Kontakt mit Doghouse auf?«
»Das hätte ich schon vor Stunden tun sollen, aber ich hatte keine Lust, die Felswand hochzuklettern.«
»Lieutenant, ich bin zwar nur ein Stoppelhopser, aber warum gehen Sie nicht einfach eine halbe Meile stromabwärts? Dort müßten Sie Ihre Satelliten anpeilen können.«
Edwards drehte sich um und schaute nach Norden. In der Tat, der Mann hatte recht. Er schüttelte ärgerlich den Kopf, stellte fest, daß der Sergeant pfiffig grinste, nahm das Funkgerät auf den Rükken und zog los.
»Sie sind sehr spät dran, Beagle«, sagte Doghouse sofort. »Wie ist Ihr Status?«
»Miserabel. Wir hatten einen Zusammenstoß mit einer russischen Streife.« Edwards berichtete zwei Minuten lang eingehend von dem Vorfall.
»Beagle, sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Sie haben den ausdrücklichen Befehl, Feindkontakte zu vermeiden. Wie können Sie jetzt sicher sein, daß niemand von Ihrer Existenz weiß? Over.«
»Sie sind alle tot. Wir haben ihr Fahrzeug in den Abgrund geschoben und angezündet, um einen Unfall vorzutäuschen. Erledigt, Doghouse. Wir sind jetzt zehn Kilometer von der Stelle entfernt, ruhen uns heute aus und brechen morgen wieder auf. Dieser Marsch kann länger dauern, als wir erwarten. Das Gelände ist teuflisch, aber wir tun, was wir können. Sonst keine Meldungen.«
»Gut. Ihr Befehl ist unverändert. Und spielen Sie bitte nicht noch einmal den edlen Ritter. Bestätigen.«
»Roger. Out.« Beim Einpacken des Funkgerätes lächelte Edwards vor sich hin. Als er wieder zu den anderen stieß, sah er, daß Vigdis sich im Schlaf rührte. Er legte sich neben sie, wahrte aber mit Bedacht Distanz.
Schottland
»Spielt sich auf wie John Wayne, der die weißen Siedler vor den Indianern rettet!«
»Wir waren nicht dabei«, gab ein anderer zu bedenken. »Über eine Distanz von tausend Meilen sollte man kein Urteil fällen. Der Mann war vor Ort und sah, was sich abspielte. Außerdem: Welche wichtige Information über Iwans Truppen hat er uns da geliefert?«
»Nun, es ist bekannt, daß die Sowjets Zivilisten nicht gerade mit Samthandschuhen anfassen«, erklärte der Erste.
»Andererseits aber sind sowjetische Luftlandetruppen für ihre strenge Disziplin bekannt. Solches Verhalten deutet aber nicht auf eine Elitetruppe hin«, meinte ein ehemaliger Major der SAS. »Das mag sich später als wichtig erweisen. Wie ich schon früher sagte, macht sich dieser Edwards gut«, setzte er ohne eine Spur von Selbstgefälligkeit hinzu.
26
Impressionen
Stendal, DDR
Der Hinflug war schon unangenehm genug gewesen. Je vier Stabsoffiziere waren in leichten Bombern im Tiefflug zu einem Militärflugplatz östlich von Berlin gebracht worden und alle heil angekommen, doch Alexejew fragte sich, zu welchem Grad das vom Geschick der Piloten oder vom Glück abhing. Nato-Flugzeuge hatten dem Flugplatz ganz eindeutig kürzlich einen Besuch abgestattet, und der General bezweifelte bereits die Behauptung seiner Kollegen von der Luftwaffe, man beherrsche zumindest am Tag den Himmel. Ein Hubschrauber brachte seine Gruppe von Berlin zum vorgeschobenen Befehlsstand des OB West bei Stendal: Alexejew war der erste hohe Offizier, der den Bunkerkomplex besuchte, und war von dem, was er vorfand, nicht besonders angetan. Die Stabsoffiziere waren zu sehr mit den Aktivitäten der Nato-Kräfte beschäftigt und kümmerten sich nicht genug um die der Roten Armee. Noch hatte man die Initiative nicht verloren, doch Alexejews erster Eindruck war der einer echten Gefahr. Er ließ sich den Operationsoffizier kommen und begann Informationen über den Verlauf des Feldzugs zu sammeln. Eine halbe Stunde später traf sein Vorgesetzter ein und nahm Alexejew sofort mit in sein Dienstzimmer.
»Nun, Pascha?«
»Ich muß mir umgehend die Front ansehen. Im Augenblick laufen drei Vorstöße, und ich muß wissen, wie sie sich entwickeln. Bei Hamburg wurde erneut ein deutscher Gegenangriff zurückgeschlagen, aber diesmal fehlen uns die Kräfte, um den Erfolg auszunutzen. Am nördlichen Frontabschnitt
Weitere Kostenlose Bücher