Im Sturm: Thriller (German Edition)
Russen hatten begonnen, Radaranlagen der RAF entlang der schottischen Küste systematisch anzugreifen — mit Luft-Boden-Raketen, von U-Booten gestarteten Cruise-Missiles und Kampfbombern. Letztere waren von Tornados der RAF zur Hälfte abgeschossen worden, größtenteils auf dem Rückflug. Die zweimotorigen Blinder-Bomber konnten ihre schwere Bombenladung nach schnellem, tiefem Anflug abwerfen. Deshalb hat es der Russe auf Andøya abgesehen, dachte Toland: der perfekte vorgeschobene Luftstützpunkt, leicht von Basen in Nordrußland zu versorgen, und von in Schottland stationierten Jagdbombern nur zu erreichen, wenn sie in der Luft betankt wurden.
»Hin kommen wir schon«, meinte Toland. »Aber dann müßte die Hälfte unserer Kampfflugzeuge Treibstofftanks statt Waffen tragen.«
»Ausgeschlossen, die werden nie aus der Reserve freigegeben.« Der Group Captain schüttelte den Kopf.
»Dann werden wir starke Patrouillen über den Faröern fliegen müssen, was uns von Island ablenkt.« Toland schaute vom Tisch auf in die Runde. »Wie entreißen wir den Kerlen die Initiative? Wir reagieren doch nur auf ihre Aktionen und kommen nicht zur Ausführung unserer eigenen Pläne. So verliert man Kriege, meine Herren. Wegen dieses Tiefs über dem Atlantik läßt der Iwan seine Backfire am Boden. Morgen fliegt er dann wieder Angriffe gegen unsere Geleitzüge. Andrøya können wir nicht angreifen, auf Island nicht viel ausrichten — sollen wir denn einfach hier sitzen und uns Gedanken über die Verteidigung von Schottland machen?«
»Wenn wir dem Iwan die Luftherrschaft überlassen –«
»Wenn der Iwan unsere Geleitzüge versenkt, verlieren wir den Krieg, Group Captain!« betonte Toland.
»Korrekt, Bob. Die Frage ist nur: Wie kommen wir an die Backfire heran? Die scheinen direkt über Island anzufliegen. Ihre Routen kennen wir zwar, aber die sind bestimmt von MiGs geschützt.«
»Gut, dann versuchen wir es auf indirekte Weise und gehen auf ihre Tankflugzeuge los.«
Zwei Jägerpiloten hatten bislang schweigend zugehört.
»Und wie sollen wir die finden?« fragte nun einer.
»Ohne Sprechfunkverkehr lassen sich über dreißig Bomber nicht betanken«, sagte Toland. »Ich habe russische Luftbetankungsoperationen über Satellit abgehört und weiß, daß gequatscht wird. Schicken wir doch einen Elektronik-Aufklärer nach Norden und stellen fest, wie aufgetankt wird. Und lassen wir ein paar Tomcats den Tankern auf dem Rückflug auflauern.«
»Erst zuschlagen, wenn der Bombenverband schon betankt ist?« meinte ein Pilot nachdenklich.
»Damit verhindern wir den Angriff von heute nicht, bereiten den Russen aber morgen Kopfschmerzen. Wenn wir nur einmal Erfolg haben, werden sie vielleicht ihre Operationsweise ändern und reagieren dann zur Abwechslung einmal auf uns.«
Island
Wie schwer das Gelände war, konnte die Landkarte nicht vermitteln. Der Skula-Fluß stürzte durch eine Reihe von Schluchten, und die Wasserfälle erzeugten einen feinen Nebel, in dem sich in der Morgensonne ein Regenbogen wölbte. Edwards, der Regenbögen immer gemocht hatte, fand das deprimierend, denn es bedeutete den Abstieg an einer feuchten, glitschigen Felswand.
»Haben Sie sich schon einmal als Bergsteiger versucht, Lieutenant?« fragte Smith.
»Nein, in so einer Wand war ich noch nie. Und Sie?«
»Gewiß, beim Training, aber den Abstieg übten wir nur selten. Sie brauchen keine Angst vorm Abrutschen zu haben; unsere Stiefelsohlen halten gut. Sorgen Sie nur dafür, daß Sie auf festen Grund treten. Und machen Sie langsam. Garcia steigt als erster ab. Das gefällt mir hier. Sehen Sie das Becken da unten? Da gibt es Fische, und in diesem Loch entdeckt man uns bestimmt nicht.«
»Gut. Sie helfen der Frau.«
»Okay. Garcia, Sie gehen voran. Rodgers, Sie bilden die Nachhut.« Smith hängte sich das Gewehr über und ging zu Vigdis. »Schaffen Sie das?« fragte er und hielt ihr die Hand hin.
»Ich war schon einmal hier«, erwiderte sie und lächelte fast — aber dann fiel ihr ein, wer ihr diese Stelle gezeigt hatte. Sie ergriff die ausgestreckte Hand nicht,
»Sehr gut, Miss Vigdis. Vielleicht machen Sie uns noch etwas vor. So, und jetzt aufgepaßt!«
Die fünfundzwanzig Kilo schweren Tornister machten den Abstieg beschwerlich. Es war nicht leicht, unter dieser Last das Gleichgewicht zu halten, und wer die Marines aus einiger Entfernung beobachtete, mußte sie für alte Omas halten, die eine vereiste Straße überquerten. Stellenweise war die
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