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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leben irre werden, dachte er und suchte mit bebenden Fingern in seinen Taschen nach einer Zigarette. Am Leben und an meinem Beruf. Da rettet man einen Menschen vom Tode, man pflegt ihn, päppelt ihn hoch, verwendet alle Sorgfalt auf ihn, beobachtet jeden Schnaufer, jeden Herzschlag, jede Pulveränderung, kämpft bis zur Erschöpfung um dieses Leben … Und was rettet man? Einen Mörder! Man weiß es, er sagt es einem ins Gesicht, mit einem kindlichen Lächeln, sichtbar zufrieden, darüber sprechen zu können … liegt da und sagt: »Ich empfinde nichts, wenn ich einen Menschen umbringe. Gar nichts. Es gibt ja genug davon!« …
    Und man bemüht sich weiter um dieses Ungeheuer, pumpt ihn voll Medikamente, wacht an seinem Bett, macht ihn wieder groß und stark mit allen Künsten der Medizin – damit er morden kann! Was soll man da seinem eigenen Gewissen sagen?
    Aus der Küche tönte der Gesang der Frauen, vor dem Hospital hatten einige Indios mit dem Aufbau eines Festwagens begonnen. Ihr Hämmern und Sägen und ihre laute Geschwätzigkeit prallten, wie zum Orkan verstärkt, gegen seine überreizten Nerven.
    Es war für Jorge Cuelva der ungünstigste Augenblick, gerade jetzt ins Haus zu kommen. Er traf Dr. Högli auf dem Flur vor einem Krankenzimmer.
    »Cuelva –«, sagte Högli unsicher. »Was wollen Sie wieder hier?«
    »Draußen stehen die Pferde, Doktor …«
    »Sie wissen doch …«
    »Der Padre hat es angeordnet.«
    »Der Pater? Was will er eigentlich? Will er uns trauen – oder aus dem Dorf expedieren?«
    »Noch ist beides möglich, Doktor.« Cuelva drehte den Hut vor der Brust. »Der Padre ist bereit, Sie und die Señorita sofort zu trauen. Und wenn es dunkel genug ist, könnten wir …«
    »Und Pater Felix bleibt hier? Keinen Meter geht er weg!«
    »Nein, keinen Meter.«
    »Raus!« Dr. Högli zeigte auf die offenstehende Tür. »Cuelva, machen Sie, daß Sie rauskommen! Das einzige, was ich von Ihnen annehme, sind Ihre Pferde. Um sie zu schlachten und das Blut zu verteilen. Flüssigkeit, Jorge Cuelva! Wieviel Pferde sind es? Lassen Sie sehen …«
    Cuelvas Augen weiteten sich. Die Pferde abstechen? Seine schönen, dick gesoffenen, kräftigen Pferde. Der Doktor bekam das fertig, und wenn er ihn daran hindern würde, schlugen ihn die Indios tot.
    Er warf sich herum, schleuderte den Sombrero auf seinen Kopf, rannte aus dem Hospital, jagte zu seinen Pferden, band sie los, sprang in den Sattel und galoppierte in einer großen Staubwolke davon. Es war ein schönes Bild. Vier Pferde rasten hinein in das Goldrot der untergehenden Sonne.
    Langsam ging Dr. Högli zurück, durch den langen Gang, an dem der Krankensaal, der OP, das Labor, die Apotheke, das Schwesternzimmer und die Wäscherei lagen, hinüber zu seinem Wohntrakt. Dort grinste ihn vor Evitas Tür der stämmige Indio an, der den Zugang zu der Braut verwehrte.
    »Laß mich rein, du Affe!« sagte Dr. Högli grob.
    »Erst morgen nach der Kirche, Doktor«, antwortete der Indio höflich.
    »Vielleicht gibt es keine Kirche. Ich muß etwas besprechen.«
    »Die Weiber würden mir die Haare ausreißen, wenn ich Sie durchließe, Doktor.«
    »Aber ich muß sie sprechen!«
    »Das ist nicht verboten.« Der Indio zeigte auf die dünne Holztür. »Sie dürfen sie nur nicht sehen, Doktor.«
    Dr. Högli trat an die Tür. Er klopfte, legte das Ohr gegen das Holz und atmete tief auf, als er Evitas Stimme so nah hörte, als spreche sie ihm leise ins Ohr.
    »Du bist ein ungeduldiger Mensch, Riccardo«, sagte sie und lachte. »Man hört dich schon von weitem brüllen. Was willst du denn?«
    »Cuelva war gerade wieder da. Mit vier Pferden! Die letzte Möglichkeit, Evita.« Er preßte die Stirn gegen die Tür. Eine plötzliche Schwäche überkam ihn, Porelles Wahrheiten dröhnten in ihm wider. Er klammerte sich an dem Türstock fest, es war ihm gleichgültig, daß ihn der Indio erstaunt anstarrte und nicht wußte, ob er ihn stützen sollte. »Hörst du, Evita … die letzte Möglichkeit.«
    »Schade, daß du nicht hereinkommen kannst«, antwortete sie. Ihre Stimme klang so normal wie immer – ganz gewiß nicht wie die eines Menschen, der sein Todesurteil bestätigt. »Wenn du den Schleier sehen könntest, Riccardo, du würdest …«
    »Evita!« schrie er und hieb mit beiden Fäusten gegen die Tür. Alle aufgestaute Qual, alle Liebe, alle Selbstvorwürfe lagen in diesem Aufschrei und in dem Hämmern seiner Fäuste. »Du darfst nicht hierbleiben!«
    »Und so ein Kleid habe ich noch

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