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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sehen so aus.«
    »Läßt man sich von Kuhfladen hindern, du Schwachkopf?« sagte Haverston und ließ los. Er gab Gas, der schwere Wagen rollte an und fuhr langsam aus dem Tor. Und langsam über die Toten …
    Dann waren sie durch, und Haverston gab Gas. »Na also«, sagte er zufrieden. »War das so schwer? So ein Wagen ist geländegängig.«
    Der Mexikaner hatte die Hände vor den Mund geschlagen. Er erbrach sich in seine Handflächen, beugte sich aus dem Fenster …
    Hinter ihnen sammelten die Indios stumm die Überreste ihrer Toten auf, legten sie wieder in einen Halbkreis vor das Tor. Die Capatazos schlossen schnell den Eingang, aber bevor sie die schweren Eisenriegel vorschoben, steckte einer von ihnen noch den Kopf durch eine Spalte.
    »Es war der Americano«, sagte er rauh. »Ihr habt es ja gesehen. Nie hätte einer von uns das getan. Glaubt es uns!«
    Die Indios nickten schweigend und hockten sich wieder an die Palisadenwand.
    Jorge Cuelva, der nach Tenabos Choleraanfall die Leitung der Capatazos übernommen hatte, meldete sich bei Jack Paddy. Paddy saß in seinem Arbeitszimmer, stierte gegen die Wand, rauchte und soff unverdünnten Whisky. Wenn man das bei 43 Grad im Schatten tut, muß man schon eine Bärennatur haben, um nicht umzufallen. Paddy fiel nicht um. Er schwemmte damit nur seine untergründige Wut auf.
    »Patron, ich muß mit Ihnen reden, im Namen aller Capatazos«, sagte Cuelva ziemlich selbstbewußt. Vor ein paar Wochen hätte noch niemand gewagt, so mit Paddy zu reden. In diesem Monat hatte sich in Santa Magdalena die Welt verändert, nicht nur durch den großen Durst.
    Paddy nickte mehrmals. »Ich bin ganz eurer Meinung, Jorge. Dieser Haverston ist ein Satan!« sagte er mit schwerer Zunge. »Ihr braucht mir das nicht erst zu erklären.«
    »Er hat die Toten in die Erde gewalzt, Patron.«
    »Habt ihr etwas anderes erwartet?«
    »Die Indios werden das nicht einfach hinnehmen.« Cuelva blickte auf Paddys dicken Kopf. Er ist ein alter Mann, dachte er plötzlich. Es ist uns noch nie bewußt geworden, aber jetzt wird es deutlich. Er kann brüllen wie ein Stier, aber er ist ein Stier ohne Hörner. Auch ihn hat die Sonne zerbrochen, trotz seines Überflusses an Wasser. Wir sollten jetzt alle hinter ihm stehen. Die Gefahr kommt nicht mehr von Pater Felix und Dr. Högli, sie rollt im Geländewagen zu den Peyotlfeldern! Trotz aller Gegensätze war Santa Magdalena bisher ein friedliches Tal gewesen. Gewiß, man hat die Indios nie mit Handschuhen angefaßt, man hat sie schuften lassen bis zum Umfallen, hat sie ab und zu mit ein paar Peitschenschlägen ermuntert, aber wenn sie dann ihren Lohn erhielten, diese paar Pesos, und vielleicht noch eine Prämie, wenn sie wöchentlich ihre Mescal buttons zugeteilt bekamen und dann von Samstag bis Montagmorgen in der lichten, phantastischen Welt ihres Rausches lebten und kindlich glücklich waren, dann war die Welt auch hier in diesem heißen, abgeschnittenen Tal in Ordnung, dann hörte man die Indios im Dorf singen, dann tanzten sie ihre uralten Ritentänze, lagen bei ihren Frauen und machten neue Kinder. Was wollte man mehr vom Leben? Was außerhalb von Santa Magdalena geschah – wen kümmerte es?
    Aber jetzt war alles anders geworden. Der Americano war gekommen und hatte sich gleich mit dem Mord an Polizeichef Femola eingeführt. Die kleine, arme Welt von Santa Magdalena war durcheinander geraten.
    »Wir haben überlegt, Patron«, sagte Cuelva, »ob wir nicht – ohne Ihr Wissen natürlich! – diesen Americano übernehmen sollen. Er ist allein, wir sind vierundzwanzig!«
    »Und er wird zwanzig von euch erschießen, ehe ihr ihn überwältigen könnt. Er trägt eine Panzerweste, hat die besten Waffen, kann anscheinend auch nach hinten sehen, riecht die Gefahr meilenweit im voraus, hat ein Gehör wie ein Luchs. Jorge, überlegt es euch! Mindestens die Hälfte von euch geht dabei drauf.«
    »Wir werden ihn überlisten, Patron.«
    »Rick Haverston? Nie!« Paddy lachte. Der Whisky in seinem Hirn schlug in der Hitze Blasen. Er streckte die Beine von sich und empfand eine ohnmächtige Wut. Seit Haverstons Eröffnung, daß die ›Organisation‹ ihn zum Zulieferer degradiert hatte und mit der Selbstverständlichkeit der Mächtigen einen Besitzanspruch geltend machte, war er fast geneigt, sich mit Dr. Högli und Pater Felix zu arrangieren. Die Aufgabe des Peyotl- und Hanfanbaues würde eine völlige Umstellung der Farm bedeuten und riesige Verluste verursachen. Bis auf den

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