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Im Tal der Giganten

Im Tal der Giganten

Titel: Im Tal der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Schadenfreude schwankte.
»Bravo«, sagte Ben grinsend und begann spöttisch zu
applaudieren. »Das war eine echte Leistung, Mike. « »Das
kann man wohl sagen«, fügte Trautman hinzu. »Da hast
du ja ein wirklich gefährliches Ungeheuer gefangen. «
Es verging immer noch eine Sekunde, bis Mike endlich
auf die Idee kam, den Blick von Trautmans Gesicht zu
lösen und das anzusehen, was er gepackt hatte und mit
Müh und Not am Boden hielt.
Und dann mindestens zehn Sekunden, in denen er nichts
anderes tat, als reglos dazusitzen und sich unbeschreiblich
dämlich vorzukommen. Das gefährliche Ungeheuer, das er
erlegt hatte, war ein Mädchen von allerhöchstens sieben
oder acht Jahren. Verblüfft ließ Mike die Handgelenke des
Mädchens los
- mit dem Ergebnis, daß er sofort eine
schallende Ohrfeige bekam, die ihm die Tränen in die
Augen steigen ließ, und kaum eine Sekunde später einen
Stoß vor die Brust, der ihn rücklings zu Boden
schleuderte. Dann sprang das Mädchen auf, sah sich wild
um und begann am ganzen Leib zu zittern, als es begriff,
daß es umzingelt war - Trautman, Singh, Serena und die
drei anderen Jungen bildeten einen Kreis, aus dem es kein
Entkommen gab.
»Hab keine Angst, Kleines«, sagte Trautman. »Wir tun
dir nichts. « Er lächelte beruhigend, streckte die Hand aus
und trat einen Schritt auf das Mädchen zu. Die Kleine
wich etwas zurück und hob die zu Fäusten geballten
Hände. In ihrem Blick flackerte nackte Panik. Trautman
blieb wieder stehen.
Als nächstes versuchte es Singh, aber mit dem gleichen
Ergebnis. Erst als Serena sich mit sanfter Stimme an das
Mädchen wandte, nahm es zögernd die Hände herunter.
Aber es zitterte noch immer am ganzen Leib, und es
dauerte lange, bis es soweit Vertrauen zu Serena gefaßt
hatte, daß die Atlanterin es wagte, sich ihm zu nähern und
schließlich einen Arm um seine Schulter zu legen. Dann
aber brach all die aufgestaute Furcht und Angst schlagartig
aus ihm heraus. Mit einer so heftigen Bewegung, daß es
Serena beinahe von den Füßen gerissen hätte, warf es sich
an ihre Brust und begann krampfhaft zu schluchzen.
Serena schloß beide Arme um seine Schultern und begann
ihm leise, beruhigende Worte zuzuflüstern.
»Wirklich, eine reife Leistung«, sagte Ben, der noch immer genauso unverschämt breit grinste wie bisher. »Wir
sollten uns einen neuen Namen für dich ausdenken. Wie
wäre es mit Drachentöter?« »Wenn du so weitermachst,
brauchst du einen neuen Namen«, grollte Mike. »Hinkefuß
oder Zahnlücke. « Ben lachte schallend. Mike schenkte
ihm noch einen abschließenden, bösen Blick, dann richtete
er sich mühsam auf und tastete mit spitzen Fingern über
sein Gesicht. Seine Haut brannte wie Feuer, und er fühlte
mindestens zwei Dutzend Kratzer, von denen einige
bluteten.

Langsam trat er auf das Mädchen zu und betrachtete es
genauer. Es war noch jünger, als er im ersten Moment
geglaubt hatte - vielleicht sechs Jahre alt, und sie befand
sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. Ihre Kleider
hingen in Fetzen an ihr herunter. Ihre Haut starrte vor
Schmutz, und ihr Haar war strähnig verklebt und so
schmutzig, daß man seine ursprüngliche Farbe nicht
einmal mehr erraten konnte. Ihr Gesicht und ihre Hände
waren mit zahllosen, verschorften Kratzern und Schnitten
übersät, und sie war so mager und ausgezehrt, als hätte sie
seit Wochen nichts mehr zu essen bekommen. Es mußte
wohl die schiere Todesangst gewesen sein, die ihr die
Kraft gegeben hatte, sich so heftig gegen ihn zu wehren.
»Wer bist du?« fragte er. »Wie ist dein Name?« Das
Mädchen sah kurz unter Serenas Armen hindurch zu ihm
hinüber und drückte sich dann noch enger an ihre Brust.
Mike wollte einen weiteren Schritt auf sie zugehen, aber
Serena hob abwehrend die Hand. »Laß sie in Ruhe«, sagte
sie. »Du siehst doch, daß sie Angst vor dir hat. Warum
mußtest du auch so brutal zu ihr sein?«
Mike blieb angesichts dieser Worte beinahe die Luft
weg. Wenn hier jemand brutal zu jemanden gewesen war,
dann bestimmt nicht er zu dem Mädchen, sondern wohl
eher umgekehrt. Er setzte zu einer dementsprechenden
Entgegnung an, aber Trautman kam ihm zuvor und
brachte ihn mit einer besänftigenden Geste zum
Schweigen.
»Vielleicht ist es wirklich das beste, wenn wir sie erst
einmal ganz in Ruhe lassen«, sagte er. »Serena wird sich
schon um sie kümmern. Schauen wir uns inzwischen nach
einem geeigneten Platz für die Nacht um. « Mike fügte
sich, wenn auch nicht ohne vorher

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