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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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als Harry bei ihm um die Hand seiner Tochter anhielt, »und ich könnte nicht froher sein. Lasst mich euch beiden gratulieren.« Er schüttelte Harry die Hand und küsste seine Tochter.
    »Jetzt bin ich dran«, sagte Annie, den Tränen nahe, und umarmte die beiden. »Ich bin fast sprachlos vor Glück.«
    Tottie hoffte, Harry würde es vorläufig dabei belassen, aber natürlich rückte er sogleich mit seinen Plänen heraus.
    »Damit es kein Missverständnis gibt«, erklärte er ihnen, »ich liebe Tottie, habe sie immer geliebt, und ich möchte, dass sie mit mir in den Norden geht.«
    »In den Norden?«, rief Annie. »Warum in aller Welt solltest du das wollen? Wir haben gehört, dass du die Farm verkaufst …«
    »Keine gute Zeit, um zu verkaufen …«, gab George zu bedenken, »… aber du kannst dir hier doch eine andere kaufen. Ich meine, welches junge Paar hat schon einen so guten Start ins Leben?«
    Zum Glück behielt Harry die Ruhe, als er seine Pläne notgedrungen Schritt für Schritt erklärte, und niemand schien zu bemerken, dass Tottie sich dabei heraushielt.
    Denn Tottie hatte ihre eigenen Träume. Die ganzen Jahre über hatte sie in dieser spießigen Kleinstadt festgesessen, gefangen im Alltagstrott, und hatte sich bemüht, interessanten Schreibstoff zu finden, wo seine Briefe doch immer so mitreißend waren. Er führte ein Leben, bei dem Entfernungen in Hunderten von Meilen gemessen wurden und nicht in fünf oder höchstens zehn. Seine Arbeitgeber hatten nicht zehn Kühe, sondern Tausende. Er sprach von Bullen, die eine Tonne wogen, und Stieren, Ochsen und Wildpferden und all den verschiedenen Lagern, die er entlang der Routen kannte; und von Unwettern, von Orkanen und Fluten, die als Segen betrachtet wurden; und von Vögeln in Tausenden, und die Farben … die Farben!
    Tottie wollte diese Welt sehen, Teil davon sein. Es hieß, das da draußen sei eine Männerwelt, aber das stimmte nicht. Sie hatte Bilder von Outback-Frauen gesehen, ihre Geschichten gelesen, war hingerissen, dass sie dieses rauhe Leben führten und stolz auf ihre Leistungen waren. Man brauchte nur irgendeine Zeitung zu nehmen, und schon konnte man von Frauen lesen, die, mit ihren Männern, im Norden und Westen des Landes Pionierarbeit leisteten, und Harrys Briefe waren der schlagende Beweis, dass solche Leute das Leben genossen, das sie gewählt hatten. Man musste sich ja nur ihn ansehen! Konnte gar nicht schnell genug dorthin zurückkehren!
    »Du bist so still, Mädchen!«, sagte ihre Mutter, als sie hörte, dass George ihrem Verlobten die Frage stellte, ob dieser Plan, gen Norden zu ziehen, eine Art Ultimatum darstelle.
    »Wie meinst du das?«, brauste Tottie auf.
    »Wir sagten gerade, was, wenn
du
dich lieber hier niederlassen würdest?«, erklärte Annie ihr.
    »Aber ich würde das nicht wollen. Ich möchte mit Harry gehen. Ich hatte schon Angst, er würde hier alles verkaufen und ohne mich losziehen.«
    »Dir ist aber klar, welche Art von Land Harry im Kopf hat?«, erinnerte sie ihre Mutter. »Das ist Schwarzenland, Himmel noch mal. Dort ist es gefährlich!«
    »Ich möchte, dass du dir ganz sicher bist«, setzte Harry hinzu, und Annie befürchtete, sie könnten ihn überreden, in DeLisle’s Crossing zu bleiben und ein sicheres und langweiliges Leben zu führen. Das würde er ihr nie verzeihen.
    »Aber da, wohin Harry mich mitnimmt, ist es nicht gefährlich. Er hat ein Häuschen in Rockhampton. Ich habe gedacht, wir könnten dort leben. Dort wäre ich in Sicherheit, während er auf Viehtrieben ist.«
    Am Ende setzten sie ihren Plan durch und Annie kam auf die Hochzeit zu sprechen, während George und Harry sich zur Feier des Tages ein paar Whisky genehmigten.
    Später jedoch war Harry sich nicht mehr so sicher, ob er Tottie monatelang allein in dem Haus in Rockhampton zurücklassen konnte, das, wie er nun gestand, lediglich eine Hütte mit einem Raum war. Mit Ausblick.
    »Was hattest du denn sonst ins Auge gefasst?«, fragte sie ihn. »Hast du geglaubt, du könntest mich heiraten und hier zurücklassen?«
    »Das war ja das Problem«, sagte er. »Mir ist einfach keine Lösung eingefallen.«
    »Dann zerbrich dir deswegen nicht den Kopf, Liebster«, erklärte sie ihm sanft. »Sagen wir doch einfach, unsere Basis haben wir in Rockhampton. Es wird herrlich!«
    Endlich öffnete sich die Welt für Tottie. Für das hochgewachsene Mädchen mit den kupferroten Haaren, das nie auch nur bis Brisbane gereist war.
     
    Dr.Charlie Palliser

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