Im Tal der Mangobäume
Regen.
»Eigentlich sollte die Regenzeit doch jetzt vorbei sein«, bemerkte jemand.
»Das dauert seine Zeit«, seufzte eine Frau.
Duke erinnerte sich an Harry Merrimans Bemerkung, er würde erst heimkehren, wenn die Regenzeit vorüber sei. Hier oben sprachen sie nur von zwei Jahreszeiten, trocken und feucht, was ihm, verglichen mit den vier Jahreszeiten im Süden, reichlich exotisch erschien.
Aber da öffnete sich auch schon die Tür, und alle hasteten hinein.
Der Bankfilialleiter, ein beleibter Bursche namens Trew, zeigte sich aufgeschlossen. Er wollte zwar lieber eine Abschrift des Testaments sehen, die Mr.Bloom, wie Duke ihm versicherte, bereitstellen würde, doch war es ihm ansonsten ein Vergnügen, seinem neuen Kunden gefällig zu sein.
»Aus welchem Grund benötigen Sie diese Anleihe?«, erkundigte er sich.
»Ich bin im Begriff, im Norden Besitz zu erwerben.«
»Und wo wäre das?«
»Das habe ich noch nicht entschieden. In Rockhampton womöglich. In der Richtung.«
Diese Antwort reichte dem Herrn nicht aus.
»Ohne die Eigentumsurkunde kann ich Ihnen leider keine Anleihe gewähren, Mr.MacNamara«, erklärte er. »Aber in Anbetracht der Tatsache, dass Ihre Familie in unserer Gemeinde hoch angesehen ist, werde ich Ihnen einen Kreditbrief über, sagen wir, hundert Pfund ausstellen. Ich kenne die Kooramin-Station noch aus meiner Zeit als Stimmenzähler, ehe ich nach Queensland ging. Sie müssen sehr stolz darauf sein, Mitbesitzer einer solch bedeutenden Farm zu sein.«
»Gewiss«, nickte Duke gehorsam. Er freute sich, hundert Pfund in die Finger zu bekommen. In seinen Augen ein Vermögen, da er nie einen Lohn erhalten hatte, lediglich das Geld, das Eileen ihm bei Bedarf aushändigte. Und da war sie beileibe nicht großzügig. Für seine Ausgaben hier hatte sie ihm sechs Pfund gegeben, die aber rasch dahinschwanden.
»Mein herzliches Beileid zum Tod Ihrer lieben Mutter, Mr.MacNamara. Ein schrecklicher Schlag.«
»Ja«, erwiderte Duke grimmig.
»Könnten Sie so liebenswürdig sein, meine Beileidswünsche auch Ihrem Stiefvater, Mr.Rivadavia, auszurichten?«, setzte Mr.Trew ölig hinzu.
»Sicher doch, Sir. Und nun mache ich mich besser auf den Weg.«
Trew nickte. »Lassen Sie wieder von sich hören. Es würde mich interessieren zu erfahren, wenn Sie investieren. Ach, übrigens, spielen Sie mit dem Gedanken, Ihren Anteil an Kooramin zu verkaufen, Mr.MacNamara?«
»Nun, ich weiß nicht. Wieso? Sind Sie interessiert?«
»Ich kenne ein paar Herren, die es wären.«
»Ach so? Nun, ich werde es mir merken.«
Mr.Trew brachte ihn zur Tür, geleitete ihn sogar noch ein paar Schritte die Straße entlang, um ihm zu zeigen, wo das Schifffahrtskontor lag, und Duke begab sich hocherhobenen Hauptes dorthin, überaus zufrieden darüber, dass er nicht länger nur ein Gehilfe auf der Familienfarm war, sondern ein Geschäftsmann, mit dem man zu rechnen hatte.
Für den Dampfer nach Rockhampton, der in drei Tagen auslief, waren keine Fahrkarten mehr erhältlich, doch wurde ihm geraten, zum Hafen zu gehen und dort herumzufragen, da viele Privatschiffe ebenfalls zu den Goldfeldern aufbrachen. Als er die rutschigen Kais entlangging und die Matrosen auf den kleineren Schiffen nach einer Passage nach Rockhampton fragte, regnete es noch immer. Schließlich meinte ein Kapitän auf einem bejahrten Schoner namens
Vagabond
, er könne bei ihnen an Bord kommen.
Mehrere Passagiere standen auf dem rostenden Deck und grinsten, als Duke um den Fahrpreis zu feilschen begann.
»Zehn Shilling, Mister«, beharrte der Kapitän. »Und geschlafen wird unten. Extrafeine Kabinen ham wir nich.«
»Zehn Shilling?«, ereiferte sich Duke. »So viel hat mein Bruder ja nicht einmal für eine Kabine auf einem Dampfer bezahlt!«
»Dann gehen Sie eben zu Fuß.«
»Na gut. Ich hole mein Gepäck. Wann laufen Sie aus?«
»In vier Stunden.«
Duke bezahlte die Fahrt und ging zum Hotel zurück. Er machte sich auf die Suche nach Harry Merriman, um sich von ihm zu verabschieden, erfuhr jedoch, dass Merriman bereits abgereist war. Enttäuscht hinterließ er bei den Polizeikasernen eine Nachricht für Inspektor Beresford, in der er ihn darüber informierte, dass er unterwegs nach Rockhampton sei. Als er das Hotel verließ, ohne dass ihm eine Menschenseele eine gute Reise wünschte, fühlte er sich im Stich gelassen, und bei dem Gedanken an den Zustand des Schiffes und der Erkenntnis, dass an dieser Reise nichts
bon
war, hob sich seine Laune auch nicht
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