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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Tagebuch auf. Zu lesen, was ihr Vater vor so vielen Jahren geschrieben hatte, seine Gedanken über sich selbst und seine Familie kennen zu lernen, war eine merkwürdige Erfahrung. Aus den wenigen Seiten, die sie erst gelesen hatte, war bereits der Mann ersichtlich, der er werden sollte, der Vater, den sie so geliebt hatte. Aber sie wollte sich Zeit lassen und nicht zu flüchtig lesen, um das, was zwischen der Zeilen stand, zu verstehen, seine Gefühle zu begreifen, seine Unsicherheit, die Tatsache, dass er sich vor seinem Vater beweisen wollte, etwas, das er offensichtlich sein Leben lang getan hatte.
    Allein die Tatsache, dass sie sich an den Nachnamen ihres Vaters, Stenmark, gewöhnen musste, war ein Abenteuer. Genauso wie die Vorstellung, dass sie in Australien einen Großvater, einen Onkel Kurt, zwei Tanten, Greta und Lisel, und einen Cousin, Luke, hatte. Die Ausdrucksweise
ihres Vaters war ein wenig altmodisch, weil er das Tagebuch vor über dreißig Jahren geschrieben hatte, also als junger Mann. Die förmliche Schreibweise, das Gefühl, dass die Stenmarks sich nach wie vor an das hielten, was sie in Deutschland gelernt hatten und was durch spätere Generationen vererbt worden war, ließ sie an etwas denken, was Angie, die im Barossa Valley am College alles über den Weinanbau gelernt hatte, ihr erzählt hatte. Das Tal war zunächst von deutschen Einwanderern besiedelt worden, irgendwann Ende 1840, und bis nach dem Zweiten Weltkrieg hatten einige Familien, die dort lebten, nur wenig oder gar kein Englisch gesprochen.
    Ihr Blick fiel erneut auf die ordentliche Handschrift.
     
    Gestern Nachmittag, bevor er nach Hause ging, hatte Rolfe an der Hintertür des Cottages gestanden, um einen Blick auf die Rebstöcke zu werfen, was ihm ein gutes Gefühl gab. Die Arbeiten an dem mit Zement verputzten Cottage waren beendet, und es konnte jetzt bezogen werden. Ein paar Möbel waren dort bereits untergebracht - in einem der drei Schlafzimmer standen ein Bett, ein Holztisch und vier Stühle, und ein großer Stuhl stand am Kamin -, falls er sich dazu entschließen sollte, eines Tages von zu Hause auszuziehen. Er musste grinsen, wenn er an Greta dachte, die überall im Haus Schnickschnack und Nippes aufstellen würde, um die Räume wohnlicher zu gestalten.
    Es war eine gewaltige Aufgabe gewesen, das Cottage zu bauen und in weniger als drei Jahren ein Weingut anzulegen. Aber jetzt war über die Hälfte der Anbaufläche mit Spalieren versehen worden, und die Reben befanden sich in verschiedenen Stadien des Wachstums. Einige Weinstöcke waren noch nicht reif genug, um Früchte zu tragen,
und brauchten noch ein oder zwei Jahre. Aber er war mit dem, was er geleistet hatte, nicht gerade unzufrieden.
    Würde Kurt beeindruckt sein, wenn er sah, was sein Bruder geschaffen hatte? In Kurts Briefen an Papa hatte er sich damit gerühmt, dass er an der Universität Heidelberg eine Menge über die Herstellung von Wein gelernt habe. Dort hatte er auch Marta, eine Kunststudentin, kennengelernt, und seiner Meinung nach war sie die ›schönste Frau auf der ganzen Welt‹. In seinen letzten Briefen an Papa hatte er die Frau, die er heiraten wollte, mit Lob überschüttet. Er schrieb, Marta sei ein Ausbund an Tugend und besitze mehr positive Eigenschaften, als Kurt zu Papier bringen könne.
    Die schwärmerischen, blumenreichen Sätze seines Bruders brachten Rolfe zum Prusten, aber er wusste, dass Papa hocherfreut war. Sein ältester Sohn heiratete und würde irgendwann den künftigen Erben von Rhein-Schloss zeugen.
    Papa war altmodisch in seinem Denken und bestand darauf, dass die Familiengeschäfte stets vom ältesten Sohn auf dessen ältesten Sohn übergehen sollten, wie zuvor in Deutschland. So war es schon seit Jahrhunderten Tradition. Damals hatten die Stenmarks mit anderen Leuten auf engen Weinbergen an der Mosel zusammengelebt, wo der kleinere Fluss in den mächtigen Rhein mündete. Sein Urgroßvater, Fritz Steinmarch, der vierte Sohn von Johann Steinmarch, hatte bereits von Kindheit an gewusst, dass er die Weinstöcke, um die er sich voller Hingabe mit seinen älteren Brüdern kümmerte, nie besitzen würde. Als er erfahren hatte, dass in Australien eine Menge Land zu einem lächerlich niedrigen Preis besiedelt wurde, packte er seine gesamte Habe und einige Ableger von Reben, nahm seine schwangere Frau Gretchen, verabschiedete sich von seiner
Familie und fuhr mit dem Schiff in das fremde Land, um dort sein Glück zu suchen.
    Das Barossa

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