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Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga

Titel: Im Tal der roten Sonne - Australien-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Wilding
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Dann tauchte ein weiterer schrecklicher Gedanke auf. Hatte sie sich nur mit ihm amüsiert, weil Kurt keine Zeit gehabt hatte? Aber diesen Gedanken verwarf er sofort wieder. Er wollte nicht daran denken, dass die Frau, die er liebte, möglicherweise so berechnend und oberflächlich war.
    »Kurt, bring Marta aus dem Zimmer, sie hat genug durchgemacht«, befahl Carl leise.
    Als sie weg waren, wandte Carl seinem Sohn seine ganze Aufmerksamkeit zu. Rolfe wusste, dass es zwecklos war, seinen Vater davon zu überzeugen, dass Marta, aus welchem Grund auch immer, nicht die Wahrheit gesagt hatte. Papa hatte beschlossen, sich auf die Seite von Kurt und Marta zu stellen. Plötzlich war es Rolfe, als träume er etwas, was ein anderer erlebte. Still stand er da und wartete. Er sah, wie sein Vater sich über die Schläfen rieb, als schmerze sein Kopf. Dies war das einzige äußere Zeichen seiner Erregung.
    »Du... hast den Namen der stolzen Stenmarks besudelt. Du hast mich so beschämt, dass ich dich nicht länger als meinen Sohn bezeichnen kann.«
    Rolf schwieg. Er hatte das Gefühl, einem Richter zuzuhören, der in einem Gerichtsprozess sein Urteil verkündet. Er wagte kaum zu atmen und bemerkte, dass unzählige verschiedene Gesichtsausdrücke über das Antlitz seines
Vaters flackerten. Rolfe erinnerte sich an ihn, als er noch ein Kind gewesen war und auf dem Schoß seiner Mutter gesessen hatte. Als er heranwuchs, lernte er alles über die Weinherstellung, die Probleme und Erfolge, die mit dem Mannsein und Unabhängigwerden verbunden waren. Und nun schüttelte sein Vater den Kopf, um sein Urteil zu verkünden.
    »Die Vorstellung, dass du in Stenhaus lebst, ist angesichts dessen, was geschehen ist, unerträglich. Dein Bruder wird dir niemals verzeihen, und ich und Marta ebenfalls nicht. Du bist hier nicht länger willkommen.«
    Das bedeutete also die Verbannung, was er bereits erwartet hatte. Warum sollte er auch hierbleiben, wenn Papa und Kurt ihn jeden Tag daran erinnerten, wie ungerecht diese Anschuldigung war? Papa hatte jedoch noch nicht zu Ende gesprochen, und was er als Nächstes sagte, bereitete ihm zusätzlich großen Schmerz. Trotzdem blieb Rolfe ruhig. Martas Worte hatten die Kampfeslust in ihm versiegen lassen.
    »Auch im Barossa Valley bist du nicht mehr willkommen.«
    Jetzt reagierte Rolfe. »Und was wird aus Krugerhoff, Papa?« Das Weingut war sein Rettungsanker. Alles, was er hatte. Aber sein Vater machte sich keine Mühe, diese Frage zu beantworten. Krugerhoff war zu klein und unbedeutend für ihn.
    »Du wirst heute Abend Stenhaus und das Valley für immer verlassen. Ich...« Carl rieb sich die Augen, dann fuhr er fort: »Obwohl ich das nicht gerne tue, verstoße ich dich und werde meinen Anwalt bitten, ein neues Testament aufzusetzen. Ab dem heutigen Abend habe ich nur einen Sohn«, er fixierte Rolfe lange, dann richtete er seinen Blick auf den Schreibtisch, »und der heißt Kurt.«

    »Papa, das kann doch nicht dein Ernst sein.« Rolfe war über alle Maßen schockiert. Aber in seinem Herzen wusste er, dass sein Vater es ernst meinte und dass er bei seiner Entscheidung bleiben würde. Der Name der Familie war für Papa überaus wichtig. Mit dem Namen Stenmark war niemals ein Skandal verbunden gewesen, und sein Vater wollte, dass das so blieb.
    »Papa«, Rolfe flehte um Gnade. »Dein Testament ist mir egal, du brauchst mir kein Geld zu hinterlassen. Das Einzige, was ich jemals von dir verlangt habe, ist deine Liebe und deinen Respekt. Ich werde einige Jahre nach Europa gehen, bis sich die Sache...«, seine schwielige Hand machte eine vage Bewegung, »beruhigt hat und vergessen ist. Ich bitte dich jedoch, versperr mir nicht den Zugang zu meiner Familie, zu dir und Greta und Lisel.«
    Papa schüttelte den Kopf. »Das muss ich tun. Was du getan hast, ist nicht zu verzeihen, und Kurt hat schließlich auch seinen Stolz. Es gibt keinen Platz mehr für dich in der Stenmark-Familie.« Er schlug hart auf die Oberfläche des Schreibtisches, eine Geste, die er oft machte, wenn eine Diskussion beendet war. »Das ist alles, was ich zu sagen habe. Geh jetzt.«
    Rolfe erinnerte sich nicht mehr daran, wie er es geschafft hatte. Er stolperte aus dem Zimmer und lief in sein Schlafzimmer. Es war ein schlechter Traum, nein, ein Albtraum gigantischen Ausmaßes. Und alles nur deshalb, weil eine feige junge Frau nicht den Mut gehabt hatte, die Wahrheit zu sagen . Aber der Albtraum war real. Rolfe kannte seinen Vater. Er gab nicht so

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