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Im Tal der Sehnsucht

Im Tal der Sehnsucht

Titel: Im Tal der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Way
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hübschen Mädchen regelrecht verfolgt. Einige, wie Ally oder Chloe, gehörten nach einer Weile zum festen Stamm, aber Boyd hatte keine Eile, sich festzulegen. Er war, um es mit Robbies Worten zu sagen, ein Workaholic. Leona hätte es weniger drastisch ausgedrückt, denn sie arbeitete selbst hart.
    Bea hatte sie nicht etwa befördert, weil sie zur Blanchard-Familie gehörte, sondern weil sie gut war. Obwohl die meisten Kenner der einheimischen Modebranche ihr Leben für den Job gegeben hätten, hielt man Beatrice Caldwell bei Blanchard-Fashion für unerträglich schwierig. Manchmal gab sie sich kälter als ein Eisberg, im Großen und Ganzen kam Leona allerdings gut mit ihr aus und bewunderte sie aufrichtig. Bea besaß enormen Einfluss in der Modewelt und hörte nur auf sich selbst. Insgeheim hoffte Leona, dass sie irgendwann weit genug sein würde, um Bea abzulösen.
    Jinty machte eine große Szene aus der Begrüßung. „Wie reizend, dich wieder bei uns zu haben“, flötete sie, nachdem sie Leona heuchlerisch umarmt und auf die Wangen geküsst hatte. „Und wie immer bist du perfekt angezogen.“ Sie musterte sie von oben bis unten. „Du weißt eben, worum es bei der Mode geht, und dann deine Figur … Was würde ich dafür tun, so schlank zu sein.“
    „Du könntest den Champagner aufgeben.“ Leona lächelte spöttisch, denn sie wusste, dass Jintys Sympathie nicht echt war. Alles war Täuschung bei der attraktiven, vollbusigen Jinty – auch ihre Zuneigung zu ihrem Mann.
    Sekunden später wurde Leona wie ein lästiges Insekt davongescheucht, denn Jinty wandte sich mit leuchtenden Augen zur Tür. Der Erwartete konnte nur Boyd sein. Boyd ist interessanter, als ich es jemals sein werde, dachte Leona. Boyd – der Superstar der Familie. Er musste Sydney kurz nach ihr verlassen haben.
    Als würde sie von einer unsichtbaren Hand geschoben, lief sie die geschwungene Freitreppe zum ersten Stock hinauf. Sie war noch nicht bereit, ihm zu begegnen. Vielleicht würde sie es nie sein.
    Man hatte ihr dasselbe Zimmer gegeben, das sie immer bewohnte. Es hatte Zugang zu einem eigenen Badezimmer und einem kleinen Salon und war eher eine Suite. Früher hatte sie sich hier wohlgefühlt, bis Jinty als neue Hausherrin auf den Einfall gekommen war, alles nach ihrem eigenen Geschmack zu verändern. In den unteren Räumen hatte Rupert ihrer Renoviersucht Einhalt geboten, aber im ersten Stock hatte er ihr freie Hand gelassen.
    Jinty war wie eine Besessene ans Werk gegangen. Nach Ansicht der Familie hatte sie ein Chaos angerichtet, das sich dank unbegrenzter finanzieller Mittel immer weiter ausbreitete. Am Ende war von der früheren Eleganz und ländlichen Gemütlichkeit wenig übrig geblieben. Jetzt war alles übertrieben pompös. Auch Leonas ehemals geräumiges, helles Schlafzimmer zeugte von Jintys Vorliebe für barocke Pracht. Vergoldete Stuckaturen, vergoldete Möbel, goldgerahmte Bilder, Damast- und Seidenstoffe – Leona hätte sich nicht gewundert, eines Tages in dem runden Goldspiegel das Gesicht der Königin Marie Antoinette zu erblicken. Was an Stil verloren gegangen war, hatte man durch Überfluss ersetzt. Geld spielte keine Rolle, und Jinty hatte keine Hemmungen, es großzügig auszugeben.
    Ein leises Klopfen an der Tür ließ Leona aufhorchen. Auf ihr „herein“ trat Eddie ein, der langjährige Hausdiener, ein großer, freundlicher Mann mit Händen wie Pranken und dichtem roten Haar, das inzwischen von weißen Strähnen durchzogen war. Er brachte ihre Koffer und ihre kleine Reisetasche.
    „Wo soll ich das Gepäck hinstellen, Miss?“, erkundigte er sich.
    „Neben das Bett, Eddie … vielen Dank. Geht es Ihnen gut?“
    „Ich kann nicht klagen, Miss … abgesehen von meinem Ischias, der mich regelmäßig plagt. Immerhin gehe ich auf die sechzig zu.“ Eddie stellte das Gepäck ab und sah sich dann mit der ratlosen Verwunderung um, die Jintys innenarchitektonische Bemühungen bei den meisten Betrachtern auslösten.
    „Tatsächlich? Ich hätte auf gerade fünfzig getippt“, antwortete Leona, ohne damit zu übertreiben. „Habe ich eben Boyd ankommen hören?“
    „Allerdings, und er wurde sehnsüchtig von seiner Stiefmutter erwartet.“ Wie immer vertraute Eddie auf Leonas Diskretion, was in diesem Fall überflüssig war. Jintys Vorliebe für Boyd war längst kein Geheimnis mehr. „Mrs. Blanchards Schwester Tonya ist ebenfalls hier.“
    „Oh nein!“ Leona sah Eddie bestürzt an. „Nicht Tonya!“
    „Jemand muss es

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