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Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal der träumenden Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Lobato
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später hatte er den Kampf gegen sich selbst gewonnen, und alles sackte in sich zusammen, die Anspannung wie der geballte Zorn. »Geh, Ichtaca«, sagte er tonlos. »Ich warte hier mit Dolores.«
    Katharina rannte.
    Der Zug nach Veracruz war noch nicht eingefahren, doch Scharen von Reisenden warteten bereits am Gleis. Etliche von ihnen standen neben Stapeln von Überseegepäck. Auch Josefa. Ihre Tochter, nach der sie sich krank gesehnt hatte, wirkte viel schmaler, dürrer und bleicher als bei ihrem Abschied auf El Manzanal. Bei ihr standen ein zotteliges weißblondes Mädchen, das die kleine Heldin Franzi sein musste, und eine Dame im dunklen Reisekostüm. Valentins Schwester. Katharina musste innehalten und Luft holen, weil die Vergangenheit jäh so machtvoll und mit den Händen greifbar war.
    Letzten Endes aber zählte nur eines – das geliebte Geschöpf, das kein Relikt ihrer Vergangenheit, sondern ein junges Mädchen mit dem Recht auf eine Zukunft war. »Josefa!«, brüllte sie über den Bahnhof. »Josefa, bleib hier!« Josefa fuhr herum, und Katharina rannte, stieß die Wartenden aus dem Weg und streckte die Arme aus, um ihre Tochter an sich zu ziehen. Vorsorglich schob Franzi Valentins Schwester beiseite. Josefa jedoch wich zurück, und Katharina blieb mit leeren Armen vor ihr stehen. Sie hatte ganz anderes und viel Klügeres zu ihr sagen wollen, aber sie sagte: »Du gehst zu weit. Du kannst doch nicht, um uns zu bestrafen, dein Leben zerstören.«
    Josefa versuchte so schwach, wie sie war, sich in die Brust zu werfen, und tat Katharina unendlich leid. »Woher weißt du überhaupt, dass ich hier bin?«, fuhr sie auf.
    »Ich habe es Dolores gesagt«, opferte sich die tapfere Franzi. »Bitte sei mir nicht gar so böse, Josefa. Ich hätt’s nicht getan, wenn ich nicht gedacht hätte: So gern willst du gar nicht fort. Du glaubst nur, dass du’s musst.«
    Aus dem Augenwinkel sah Katharina, wie Valentins Schwester ausholte. Ehe ihre Hand die Wange des Mädchens traf, fing sie sie am Gelenk. »Lassen Sie das gefälligst bleiben! Franzi hat das einzig Richtige getan. Dafür verdient sie wahrhaftig keine Ohrfeigen.«
    »Nein«, stimmte Josefa zu. »Ich weiß, du hast es gut gemeint, Franzi. Aber du verstehst nichts davon. Ich gehe dahin, wo ich hingehöre – zu meinem Vater.«
    »Davon verstehe ich wirklich nichts«, murmelte Franzi traurig. »Ich habe ja keinen, noch nicht einmal einen, der tot ist.«
    »Zum Teufel noch mal!«, schrie Katharina. »Dein Vater ist kein bisschen tot, er sitzt da draußen vor der Halle in einer Kutsche und ist krank vor Angst um dich. Nicht der Mann, der dich gezeugt hat, nein. Aber der, der sich die Augen nach dir ausweint in der Nacht, wenn er glaubt, dass ich ihn nicht höre. Was wirfst du ihm eigentlich vor? Dass er dich geliebt hat? Dass er mit dir auf den Knien wach saß, damit ich schlafen konnte? Dass er darauf bestand, dich mit nach Europa zu nehmen, weil er überzeugt war, er könne ohne dein Geschrei und deinen regelmäßigen Stuhlgang keine drei Tage überleben? Du meinst also, ich hätte einen anderen Vater für dich wählen müssen, einen adligen Weißen mit einem lückenlosen Stammbaum? Nun, liebe Tochter, dann tut es mir für dich leid. Ich habe diesen gewählt, weil ich ihn geliebt habe, und ich finde, darauf hatte ich verdammt noch mal ein Recht.«
    »Aber was ist denn mit meinem Vater?«, schrie Josefa, der die Tränen über das blasse Gesicht strömten. »Wie konntest du denn meinen Vater so einfach vergessen – und woher weißt du …«
    »Woher weiß ich was?«
    »Dass mein … dass dein Mann meinen Vater nicht getötet hat?«
    Nach dem Haufen Frauen, die in saftigstem Deutsch aufeinander einkeiften, hatten vermutlich längst sämtliche Reisende die Köpfe verdreht. Jetzt aber herrschte jäh tiefes Schweigen. »Wer behauptet so etwas?«, brachte Katharina endlich heraus.
    »Jaime Sanchez Torrija«, erwiderte Josefa tonlos.
    Der Mann war nicht nur der Teufel, er war schlimmer. Wenn Benito nicht ging, um ihn umzubringen, würde sie es tun. Darüber, dass Benito nicht bei ihr war, war sie auf einmal froh. Sie würde Josefa die Wahrheit sagen. Endlich die Wahrheit. »Ich muss einen Augenblick mit meiner Tochter allein sprechen«, wandte sie sich an Franzi. »Wären Sie so nett, mit Frau Gruber ein Stück beiseitezugehen?«
    Valentins Schwester protestierte mit fuchtelnden Armen, aber Franzi zwinkerte Katharina zu und schob die Gruberin mit überraschenden

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