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Im Taumel der Sehnsucht

Im Taumel der Sehnsucht

Titel: Im Taumel der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Garwood
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sie instinktiv die Augen zu, obwohl sie wußte, wie riskant es war, den Gegner nur einen Moment aus den Augen zu lassen.
    Rasch wischte sie sich über die Lider und öffnete die Augen wieder. Vor ihr ragte das riesige schwarze Ungeheuer auf, und neben seinem Hals funkelte eine blankpolierte Pistole, deren Lauf auf sie gerichtet war. Beides zusammen war ausgesprochen beunruhigend, und Caroline widmete ihre Aufmerksamkeit lieber dem Reiter.
    Das war ein Fehler. Der riesige Mann, der von oben auf sie herabstarrte, war weit einschüchternder, als zehn Pferde und eine gezogene Waffe es je gekonnt hätten. Selbst das hellbraune Haar, das ihm wirr in die Stirn fiel, konnte seine harten Züge nicht weicher machen. Sein Kinn wirkte kantig, seine Nase war fein geschnitten, und seine goldbraunen Augen, in denen nicht einmal ein Hauch Freundlichkeit lag, schienen sich in sie hineinbohren zu wollen. Allein die steile Falte zwischen seinen Brauen reichte schon aus, jemanden zum Rückzug zu veranlassen.
    Caroline war entschlossen, nicht davonzulaufen. Sie reckte ihr Kinn und begegnete ohne zu blinzeln seinem arroganten Blick.
    Jered Marcus Benton, der vierte Duke of Bradford, konnte kaum glauben, was er da sah. Er versuchte, seinen tänzelnden und schnaubenden Hengst zu beruhigen, während er auf die reizende Vision vor ihm starrte. Ein wunderschönes, blauäugiges Mädchen, dessen Pistole direkt auf sein Herz zielte ... das Bild war nicht leicht zu verarbeiten.
    »Was ist denn hier los?« verlangte er so lautstark zu wissen, daß sein Pferd unruhig mit den Hufen stampfte. Mit Schenkeldruck und geschickter Zügelführung brachte er das Tier wieder unter Kontrolle. »Ruhig, Reliance«, knurrte er, streichelte jedoch dabei den Hals des Pferdes. Diese unbewußte Geste der Zuneigung stand im krassen Gegensatz zu seiner grimmigen Miene.
    Er hatte noch nicht ein einziges Mal den Blick von Caroline genommen, und sie gelangte langsam zu der Überzeugung, daß sie es vorgezogen hätte, wenn einer der Räuber zurückkehrt wäre. Sie hatte das dumpfe Gefühl, daß dieser Mann ihre Täuschung durchschauen könnte.
    Wo bleibt Benjamin nur? überlegte sie voller Unruhe. Er mußte die Ankunft des Reiters doch gehört haben. Der Boden bebte ja immer noch! Oder waren es vielleicht ihre Beine, die zitterten? Himmel, sie mußte sich zusammenreißen. Und zwar augenblicklich.
    »Ich will wissen, was hier passiert ist«, wiederholte der Fremde drohend, doch Caroline zuckte nicht einmal zusammen. Sie gab auch keine Antwort, denn sie befürchtete, daß ihre Stimme verraten würde, wie sehr er sie einschüchterte. So stand sie also nur da, umklammerte die Pistole und versuchte, ihren rasenden Herzschlag zu beruhigen.
    Bradford sah sich mit einem raschen Blick um. Seine Lieblingskutsche, die er seinem Freund für zwei Wochen geliehen hatte, stand am Rand der Straße und wies ein paar häßliche Einschußlöcher auf. Plötzlich sah er eine Bewegung im Inneren der Kutsche und erhaschte einen Blick auf einen blonden Wuschelkopf. Bradford hätte fast vor Erleichterung geseufzt. Sein Freund war am Leben.
    Er wußte instinktiv, daß die Frau, die dort vor ihm stand und so tapfer um Haltung bemüht war, nicht für den Schaden an der Kutsche verantwortlich war. Plötzlich sah er, wie sie erbebte, und nutzte den Vorteil sofort aus.
    »Lassen Sie die Waffe fallen!« Es war kein gutgemeinter Ratschlag oder eine Bitte. Der Duke of Bradford bat so gut wie nie um etwas - er befahl! Und unter normalen Umständen bekam er meist ohne Verzögerung, was er haben wollte.
    Doch Bradford mußte feststellen, daß diese Situation offenbar nicht in die Kategorie >normale Umstände< einzuordnen war. Das niedliche Ding machte nämlich keinerlei Anstalten, seinem Befehl zu folgen, sondern starrte ihn nur weiterhin an, ohne die Waffe auch nur zu senken.
    Caroline konzentrierte sich darauf, das Zittern ihres Körpers zu unterdrücken, während sie den Mann, der drohend vor ihr aufragte, eingehend studierte. Eine Aura von Macht umgab ihn, und Caroline war entsetzt, als sie bemerkte, wie stark sie sich von seiner Ausstrahlung beeinflussen ließ. Er war schließlich auch nur ein Mann! Sie schüttelte leicht den Kopf, um ihre Gedanken zu klären. Der Fremde wirkte arrogant und ziemlich aufgeblasen und war, wie man aus seinen Kleidern ersehen konnte, offenbar ein reicher Mann. Seine Aufmachung ähnelte der des Mannes, den Caroline Mr. Smith genannt hatte: Der burgunderrote Rock und die

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