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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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Friedhof, auf dem die Prostituierten lagen. Verglichen mit dem schmutzigen, von Unkraut überwucherten Asphalt des Crossbones Yard, der Hunderte von nicht markierten Gräbern unbekannter Frauen versiegelte, erschien mir dieser Garten wie der reinste Luxus.
    Das Einzige, was mich etwas mit dem Hotel versöhnte, war, dass es dort WLAN gab. Im allerschlimmsten Fall könnte ich mir also Bilder leerer Landschaften ansehen und mir einbilden, dass ich dort Hunderte von Meilen lief.
    Als ich mich in mein Arbeitspostfach loggte, zuckte ich zusammen, da die Zahl der nicht beantworteten Nachrichten auf über dreihundert angestiegen war. Unten auf der ersten Seite tauchte ein entfernt bekannter Name auf, und ich beschloss, die Einladung zu akzeptieren, noch bevor ich am Ende des Schreibens angekommen war. Wenig später hatte ich bereits telefoniert und einen Treffpunkt ausgemacht, dann überbrachte ich die Hiobsbotschaft meiner ständigen Bewacherin.
    »Ich muss um halb sieben in Brixton sein«, verkündete ich Angie, die über einem Katalog mit Brautschleiern im Vorraum auf dem Sofa saß.
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Das hatte ich auch nicht erwartet.«
    »Draußen ist es schwieriger, Sie im Auge zu behalten«, klärte sie mich auf.
    »Ich verspreche Ihnen, brav zu sein und nicht zu rennen«, sagte ich ihr zu.
    »Ausgerechnet Brixton«, stöhnte sie.
    »Wahrscheinlich werden wir dort von irgendeiner Gang entführt und als Sexsklavinnen verkauft.«
    Angie starrte mich aus ihren dunklen Augen an. »Sie können sich ruhig über mich lustig machen, Alice. Aber da draußen läuft ein Psychopath herum, der es auf Sie abgesehen hat.«
    Ich atmete tief durch. »Auch wenn Sie das vielleicht nicht glauben, ist mir das durchaus bewusst.«
    Als wir das Hotelzimmer verließen, schmollte sie tatsächlich immer noch.
    »Wissen Sie, ich bin Ihnen wirklich dankbar dafür, wie Sie sich um meine Sicherheit bemühen«, erklärte ich ihr ruhig.
    »Tatsächlich?«, fragte sie und starrte auf die lange Wagenschlange auf der Lambeth Bridge.
    »Nur ist es einfach so, dass ich es gewohnt bin, selber zu entscheiden, was ich tue. Deswegen ist es für mich einfach ein Schock, dass ich mit einem Mal so unselbständig bin.«
    Sofort war Angies gute Laune wieder hergestellt und sie machte einen Schwenk nach links und reihte sich in die Flut der Pendler ein, die auf dem Weg in Richtung der grüneren Außenbezirke waren.
    Brixton sah genau wie immer aus. Rot-gold-grüne Rastafaris hingen trotz der Kälte an den Straßenecken rum und verkauften jedem, der vorbeikam, selbstgezogenes Gras. Wir fuhren an ihnen vorbei und hielten dann vor einer Wäscherei, in der ich zwei Afrikanerinnen in phantastischen Gewändern Bettlaken in riesige, industrielle Trommeln stopfen sah. Sie waren ganz eindeutig nicht bereit, stilistisch irgendeinen Kompromiss zu schließen, auch wenn ihre Aufmachung in ihrem Job nicht wirklich praktisch war.
    Wir marschierten auf das Starbucks zu. Ich habe diese Café-Ketten immer schon gehasst, denn ich fand es irgendwie beunruhigend, dass dort die Lattes immer völlig gleich schmeckten und man, egal wo, auf stets den gleichen Lederstühlen saß. Doch zumindest waren diese Läden leicht zu finden, da ihre runden dollargrünen Schilder inzwischen fast an jeder zweiten Straßenecke leuchteten.
    Angie setzte sich an einen Tisch in einer Ecke, und ich selbst ging weiter dorthin, wo Gareth Wright-Phillips über einem schon halbleeren Cappuccinobecher saß. Er erschien mir deutlich weniger entspannt als in Rampton. Aus irgendeinem Grund erschreckte ihn die Aussicht darauf, mich zu treffen, offenkundig mehr als der Besuch bei einer Frau, die in den Boulevardblättern als bösartiges Wesen Großbritanniens bezeichnet worden war.
    »Ich hoffe, es war in Ordnung, Sie zu kontaktieren.« Er sah mich mit einem vorsichtigen Lächeln an.
    »Natürlich. Schließlich kann man heutzutage jeden Menschen finden, oder nicht?«
    Er schien unfähig zu sein, seine Gefühle zu verbergen. Denn sie zeichneten sich auf seinem Gesicht so deutlich wie das Wetter an einem freien Stückchen Himmel ab.
    Ich sah bewundernd seine beinahe türkisfarbenen Augen an. »Dann arbeiten Sie also nicht ausschließlich in Rampton?«, fragte ich.
    »Nein. Ich übe meine Tätigkeit in diversen Knästen aus«, räumte er mit einem müden Lächeln ein. »Ich bin immer zwei Tage in Wormwood Scrubs, dann jeweils einen Tag in Rampton und in Brixton, und dann bleiben mir die Freitage, an denen

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