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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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hier ist aus deiner Tasche gefallen, Schatz. Wo in aller Welt hast du das her?«
    Will trank weiter, bis das Glas geleert war. »Das hat mir ein Freund gegeben. Es war ein Geschenk.«
    »Messer sind mir unheimlich.« Sie tat, als würde sie erschaudern. »Warum lässt du es nicht hier? Du könntest dich damit verletzen, denn es ist ein wirklich fieses Ding.«
    Will nickte gehorsam mit dem Kopf, und wieder war ich überrascht von Lolas Fähigkeit, Männer dazu zu bewegen, jeden ihrer Wünsche zu erfüllen. Hätte ich versucht, Will dieses Messer abzunehmen, hätte er mir rundheraus den Krieg erklärt.
    »Und jetzt werde ich mich erst mal anziehen, und dann fahren wir los. Okay?« Lola beugte sich kurz über ihn, küsste ihn sanft auf die Stirn, und er klappte verzückt die Augen zu.
    Doch der Frieden hielt nicht an. Denn während ich Kaffee kochte und Lola im Badezimmer war, kam Lars hereinmarschiert. Wie stets mit nacktem Oberkörper, nur mit einem Handtuch um die Taille, da er offensichtlich gerade aus der Dusche kam. Will spannte sich an wie ein kleines Kind, wenn ein Fremder ihm zu nahe kam.
    »Wer bist du?«, fragte er.
    Lächelnd bot ihm Lars die Hand. »Ich bin Lolas Freund.«
    Mein Bruder sprang so eilig auf, dass sein Stuhl krachend hintüber auf den Boden fiel. Ihm hinterherzurufen hätte nichts genutzt. Das Messer war vom Tisch verschwunden, und schon wenige Sekunden später polterte er durch das Treppenhaus.
    »Verdammt«, murmelte ich.
    »Das ist wohl nicht so gut gelaufen«, stellte Lars lächelnd fest, während er sich einen Kaffee nahm.
    Burns war alles andere als beeindruckt, als er hörte, was geschehen war. Ich rief ihn von meinem Handy an und versuchte zu erklären, dass ich Will persönlich auf die Wache bringen wollte, weil er sonst bestimmt in Panik ausgebrochen wäre, aber seine raue Stimme machte deutlich, dass er nicht nur hundemüde, sondern auch oder vor allem furchtbar sauer auf mich war. Irgendwann hatten die Polizisten sich bereit erklärt, mich ins Büro zu fahren, und während wir gerade die Tooley Street entlangfuhren, drang Burns’ Zähneknirschen an mein Ohr.
    »Nur damit Sie es wissen, Alice, die Spurensicherung knöpft sich heute den Bus von Ihrem Bruder vor.«
    Ich atmete tief ein. »Sie wollen mir doch wohl nicht allen Ernstes erklären, dass Sie denken, Will hätte etwas mit dieser Sache zu tun?«
    Es folgte eine lange Pause. »Wir wollen nur auf Nummer sicher gehen, sonst nichts.«
    »Verdammt, ich fasse es einfach nicht.«
    »Auf lange Sicht wird es auch für ihn das Beste sein.«
    »Warum, Don?«, schnauzte ich ihn an. »Warum wird es für ihn das Beste sein? Er hat nichts getan.«
    »Beruhigen Sie sich, Alice. Je eher wir ihn überprüfen, desto eher kann er mit seinem Leben fortfahren.«
    Burns sprach wie stets mit seinem seltsamen Akzent, der zur Hälfte schottisch und zur Hälfte nach East London klang, doch zum ersten Mal beruhigte mich das nicht.
    Da ich erst um kurz nach neun an der Klinik abgeliefert wurde, blieb mir keine Zeit mehr, um mich zu beruhigen, und ich rannte wie von Furien gehetzt durchs Treppenhaus. Als ich oben ankam, sah ich Hari am Empfang stehen, wo er sich mit einer Krankenschwester unterhielt, als hätte er alle Zeit der Welt. Er sah mich mit einem ernsten Lächeln an und bat mich in sein Büro. Es war leicht vorherzusehen, was er sagen würde. Fahr nach Hause, ruh dich aus, kümmere dich erst mal um dich selbst.
    »Setz dich bitte.« Er nickte in Richtung des Stuhls, auf dem seine Patienten immer saßen, und ich atmete tief durch.
    »Ich brauche keine Therapiesitzung, Hari, echt nicht.«
    »Vielleicht doch.« Er unterzog mich einer eingehenden Musterung, als wären mir all meine Geheimnisse auf diese Weise anzusehen. »Du hast etwas Schreckliches erlebt, Alice.«
    »Nicht wirklich. Was ist mit den Soldaten, die bei uns in Behandlung sind? Sie haben Hunderte von Menschen sterben sehen.«
    »Aber du bist keine Soldatin, Alice. Du bist Psychologin.«
    »Ich weiß. Auch wenn du das vielleicht nicht glaubst, habe ich das nicht vergessen.«
    Hari schien nach einer Möglichkeit zu suchen, mir die schlechte Nachricht möglichst schonend beizubringen, und nach kurzem Überlegen stellte er mit ruhiger Stimme fest: »Du warst in den letzten Monaten nicht mehr du selbst, Alice. Du wirkst abgelenkt und vielleicht sogar deprimiert.«
    »Das musst du ja wohl sagen, Hari. Das ist schließlich dein Spezialgebiet.«
    Er sah mich mindestens eine Minute lang

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