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Im Totengarten (German Edition)

Im Totengarten (German Edition)

Titel: Im Totengarten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Rhodes
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mir.
    Tejo stellte einen Teller voll Samosas und Pakoras auf den Tisch.
    »Halt bloß Alice von dem Teller fern«, rief ihr Hari lachend zu. »Denn sonst isst sie alles ganz alleine auf.«
    Ich nickte zustimmend. »Ich fürchte, er hat recht.«
    »Auf wen warten wir eigentlich noch?«, fragte irgendwer.
    »Auf Alice’ Date«, klärte ihn Tejo grinsend auf, und ich schlug die Hände vors Gesicht.
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass ihr mich verkuppeln wollt.«
    Die Frau neben mir bedachte mich mit einem mitfühlenden Blick. Sie war Japanerin; ihr feines graues Haar trug sie aus dem Gesicht gekämmt, und ihre Augen waren von einem ganzen Netz aus Lachfältchen umgeben. »Sind Sie geschieden?«, fragte sie.
    »Single.«
    »Dann ist es ja gut.« Sie sah mich mit einem sanften Lächeln an. »So schleppen Sie nicht zu viel Gepäck mit sich herum.«
    »Sie würden sich wundern«, lachte ich.
    Ehe sie mir ihren Namen nennen konnte, klopfte Tejo wie zu einem Toast mit einer Gabel an ihr Glas.
    »Alle mal herhören. Zu unserem noch fehlenden Gast. Seid bitte nett zu ihm. Er hatte es in letzter Zeit nicht leicht.«
    »Natürlich sind wir nett zu ihm«, versprach ihr mein fast kahlköpfiges Gegenüber feierlich. »Wenn du uns erzählst, was ihm passiert ist.«
    Tejo blickte ihn mit einem sphinxhaften Lächeln an. »Das wird er euch schon selbst erzählen, wenn er will.«
    Hari langte noch einmal bei den Pakoras zu und sah mich an. »Du wirst ihn mögen. Er ist ziemlich zurückhaltend, aber durchaus interessant.«
    Warum in aller Welt war Tejo nur so wild darauf, mich mit einem Typen zu verkuppeln, der an irgendeinem fürchterlichen persönlichen Trauma litt? Zum Glück war das Gespräch mit der Japanerin so interessant, dass ich nicht dazu kam, der Frage weiter nachzugehen. Sie erzählte mir, dass sie Kyoko hieß und Konservatorin am Britischen Museum war.
    »Und was hat man da zu tun?«, erkundigte ich mich.
    »Ich repariere zerbrochenes Porzellan. Heute habe ich an einer zwölfhundert Jahre alten Vase gearbeitet. Sie zusammenzusetzen dauert Wochen oder vielleicht sogar Monate.«
    »Ist sicher befriedigend, wenn sie dann fertig ist.«
    Sie wirkte überrascht, sah mich dann aber mit einem nachsichtigen Lächeln an: »Es ist die Arbeit, die mir Spaß macht, nicht das Resultat.« Ihre kleinen Hände ahmten das langsame Zusammensetzen der Fragmente nach, und etwas an der Geste erinnerte mich an meine eigene Arbeit. Außer dass von uns erwartet wurde, die Leute möglichst schnell wieder in den gewünschten Zustand zu versetzen, weil es sonst zu teuer war.
    Aus dem Augenwinkel sah ich, dass inzwischen auch der letzte Gast erschienen war. Mein geheimnisvolles Date stand in der Küchentür und hatte mir den Rücken zugewandt.
    »Er ist wirklich attraktiv«, flüsterte mir Kyoko zu. »Sie werden total begeistert von ihm sein.«
    Als ich mich wieder umdrehte, saß plötzlich Alvarez auf dem bisher noch freien Stuhl. Meine erste Reaktion war heftige Empörung. Offenbar hatte er Tejo seinen Dienstausweis gezeigt und sich auf diesem Weg Einlass verschafft.
    Ich wollte ihm gerade meine Meinung sagen, als mich Hari mit seinem gewohnt unschuldigen Grinsen anblickte und sagte: »Alice, darf ich vorstellen? Dies ist unser guter Freund Ben.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um den Schock zu überwinden. Dann aber fiel mir meine Pakora aus der Hand, und es regnete Krümel auf den Tisch.

18
    Alvarez erschien mir wie ein völlig anderer Mann. Er trug ein knittriges blaues Leinenhemd und abgewetzte Jeans, als hätte er sich bewusst entschieden, während dieses Abends ein Privatmann und kein Polizist zu sein.
    »Sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist«, murmelte ich.
    »Ich fürchte, doch.« Alvarez sah aus, als finge er tatsächlich jeden Augenblick zu lächeln an. »Das ist die Zusammenfassung all Ihrer Alpträume, nicht wahr?«
    »So ungefähr. Noch schlimmer wäre wahrscheinlich nur, mit Ihnen in einem Fahrstuhl festzusitzen«, antwortete ich.
    »Ich weiß nicht.« Er lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück, wobei er seinen Blick an mir herunterwandern ließ. »Ich könnte mir schlimmere Arten vorstellen, einen Nachmittag zu verbringen.«
    Tejo, die uns gegenübersaß, sah so selbstzufrieden aus, als hätte man ihr eine Medaille für erfolgreiche Heiratsvermittlung verliehen. Alvarez betrachtete mich weiter wie ein Kater, der vor einer Schale süßer Sahne stand, doch mir blieb nichts anderes übrig, als mich möglichst höflich zu

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