Im Wald der gehenkten Füchse
zwölf Kilo Gewicht im nahe gelegenen Fuchsbau dachte, erschien ihm ein Nachgeben nicht vernünftig. Er blies demonstrativ Rauch nach unten und schleuderte ein paar Zapfen auf den Major. Das entschied die Sache. Das Mordspiel ging weiter.
Der Major holte Säge und Axt aus der Hütte. Jetzt machte er Ernst, er schlug eine Kerbe in den Stamm und beugte sich dann hinunter, um die Kiefer durchzusägen.
Oiva Juntunen versuchte, ihn doch noch umzustimmen. Er flehte, redete beschwichtigend auf den anderen ein und legte größtmögliche Sanftheit in seine Stimme, als er sagte:
»Denk mal daran, Remes, dass wir gemeinsam den Fünfhunderter haben! Tut dir nicht mal der unschuldige kleine Fuchs Leid, wenn er Halbwaise wird?«
Der Major gab nicht nach. Mit grausamem Zischen nagte sich die Säge weiter in den Stamm. Hin und wieder unterbrach Remes die Arbeit, um sich den Schweiß vom Gesicht zu wischen.
»Wenn du kein Gold rausrückst, fällt der Baum.«
Oiva Juntunen biss die Zähne zusammen und dachte, wenn dies nun sein Tod sein sollte, war eben nichts mehr zu machen. Gold würde er Remes jedenfalls nicht schenken. Oiva Juntunen war ebenfalls ein finnischer Mann, und er wählte lieber den Tod, als dass er die Beute teilte. Nach fünfzehn Minuten begann der Baum leicht zu schwanken. Von unten kam das letzte Ultimatum:
»Bald kippt er! Verrätst du jetzt das Versteck?«
Als Antwort zog Oiva Juntunen einen Gummistiefel aus und schleuderte ihn Remes auf den Rücken, dass es nur so klatschte. Der Weg der Verhandlungen war nun zu Ende. Der Major tat noch ein paar entscheidende Züge mit der Säge und drückte dann gegen den dicken Stamm.
Oiva Juntunen blickte in die Sturzrichtung und versuchte, sich einen geeigneten Landeplatz auszuwählen. Der Aufprall würde hart werden, überall wartete felsiger Berghang, der nur von einer dünnen Flechtenschicht bedeckt war. Jetzt bekäme er Gelegenheit, die Flechten besser als je zuvor kennen zu lernen. Vielleicht zum letzten Mal lebend.
Schließlich begann die gewaltige Kiefer, langsam zu schwanken. Sie kehrte ein paarmal in die Ausgangsposition zurück, wie um die Fallgeschwindigkeit zu suchen, und als der Major mit hervorquellenden Augen erneut gegen den Stamm drückte, stürzte der Riese der Wildmark endlich in den Abgrund, Oiva Juntunen nahm er mit sich.
Der Sturz des uralten Baumes war eindrucksvoll. Die jahrhundertealten Jahresringe knirschten. Zunächst neigte sich der dicke Stamm langsam, würdevoll. Die dichten Zweige begannen zu rauschen, als der Riese endgültig stürzte. Das Rauschen steigerte sich zu einem Sturm, der Oiva Juntunen das Wasser in die Augen trieb. Er beschloss, die Sache bis zum Schluss auszukosten.
Für einen kurzen Augenblick verspürte Oiva Juntunen tödlichen Genuss, während er mit dem rauschenden Riesen auf den Berghang hinunterstürzte. Aus seiner Kehle drang ein schriller Juchzer, es war kein Todesschrei und auch kein Hilferuf, sondern vielmehr ein Laut, der von strenger Konsequenz und dem Beharren auf dem eigenen Standpunkt kündete. Die ganze Landschaft schien sich auf den Kopf zu stellen. Der Kuopsu kippte um, das Juha-Vainaan-Maa flog ans Firmament, und dann wurde es schwarz vor den Augen des Gauners. Wie von einem Katapult geschossen, landete sein Körper weit unten am Hang. Krachend schlug die mächtige Kiefer auf den Boden auf. Im steinigen Ödwald kehrte wieder Ruhe ein.
Major Remes setzte sich müde auf den Baumstumpf und bedeckte das verschwitzte Gesicht mit seinen schwieligen Händen. Er hatte den größten Baum seines Lebens gefällt und damit gleichzeitig zum ersten Mal einen Menschen getötet.
Der erschrockene Fünfhunderter tauchte auf. Er lief ohne Scheu zu Oiva Juntunens leblosem Körper, beschnüffelte den am Boden Liegenden, leckte ihn mit seiner roten Zunge am Ohr und stieß schließlich ein dumpfes, trauriges Geheul aus. Dann sah er mit ernsten Augen in Major Remes’ Richtung. Der Major wandte den Blick ab, stand schwerfällig auf und schritt zu seinem Opfer. Der Fünfhunderter wich knurrend in den Wald zurück.
12
Mit zitternden Knien beugte sich Major Remes über seinen Kameraden. Der war in elender Verfassung, gab keinerlei Lebenszeichen von sich.
Major Remes bereute sein Handeln zutiefst. Er wusste, dass dies seine schlimmste Tat gewesen war, er hatte einen fremden, unschuldigen Mann getötet. Wie hatte es nur zu diesem sinnlosen Ereignis kommen können?
Oiva Juntunen lag in Embryostellung in einer Vertiefung
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