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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Körper tat scheußlich weh, doch als er vorsichtig die Zehen und Finger bewegte, spürte er darin kaum Schmerzen. Die Glieder reagierten ebenfalls, zumindest konnte das Rückgrat nicht gebrochen sein. Und auch die Halswirbel waren nicht verrenkt, denn seine Ohren wackelten wie früher.
    Oiva Juntunen erinnerte sich gut an den Sturz des Baumes. Es war eine tolle Erfahrung gewesen. Ein Schwindel erregender Flug durch die Luft und geradewegs in den Tod ... Er hatte das Gefühl gehabt, als flöge der Schwan von Tuonela mit schweren Flügelschlägen neben ihm, hinein in das drohende Unbekannte, das dunkle Verderben. Dann ein furchtbares Krachen und Tosen! So etwas bekommt ein gewöhnlicher Gauner nicht oft in seinem Leben zu spüren. Oiva Juntunen würde das Ereignis in sein ohnehin dickes Buch der Erinnerungen als eines der faszinierendsten Erlebnisse einschreiben können.
    Major Remes erinnerte in nichts an die weißgekleideten Schwestern im Krankenhaus. Er war trotz seiner guten Absichten mehr ein schlichter und derber Feldscher, sogar in einem Maße, dass sich der Patient nach jeder Behandlung noch elender fühlte. Besonders die in Abständen von mehreren Stunden erfolgende Zwangsfütterung empfand Oiva Juntunen als unangenehm. Er hätte Remes am liebsten die Finger abgebissen, als dieser ihm Fleischbrühe in die Kehle löffelte, doch so etwas konnte ein Bewusstloser natürlich nicht tun.
    Um sich von diesen Behandlungsmethoden zu befreien, beschloss Oiva Juntunen, aus der Ohnmacht zu erwachen. Er stöhnte und öffnete die Augen.
    Der neben dem Bett kauernde Remes freute sich grenzenlos über das Erwachen seines Kameraden. Viel fehlte nicht, und er hätte dem Patienten vor Begeisterung auf die Schulter gehauen. Man konnte die schwere Steinlast förmlich hören, die dem Major vom Herzen fiel.
    Oiva Juntunen setzte sich auf. Sein Körper schmerzte, und im Kopf sauste es. Vielleicht war eine Rippe gebrochen? Ansonsten wiesen die Schmerzen eher auf innere Verletzungen hin.
    Wortreich bat der Major um Vergebung. Er redete und brabbelte allen möglichen Unsinn über seine Brutalität und seine künftige neue Lebensweise. Er versuchte zu schluchzen, rang die Hände und gab diverse Versprechen ab. Er holte dem Kranken frisches Wasser, lüftete die Stube und tötete die Mücken.
    »Na gut. Aber Gold gebe ich dir nicht, eher sterbe ich. Denn das Gold gehört mir.«
    Der Major fragte, ob er jetzt, da der andere endlich das Bewusstsein wiedererlangt hatte, ins Dorf gehen und einen Arzt holen konnte.
    Erschrocken wies Oiva Juntunen den Vorschlag zurück. Ein Arzt fehlte gerade noch! Er wusste, ein Arztbesuch am Krankenbett hätte zur Folge, dass zahllose Formulare ausgefüllt werden müssten. Name, Geburtsdatum und -ort, Anschrift, Sozialversicherungsnummer, Blutgruppe und alles Mögliche würden notiert, einer derartigen Gefahr konnte sich ein Berufsverbrecher nicht aussetzen.
    »Sag mir wenigstens, wer du bist«, bat Remes.
    Oiva Juntunen überlegte. Remes wusste über ihn Bescheid, er konnte sich die Mühe sparen, weiter den Naturfreund und Flechtenforscher zu spielen. Er erklärte, er heiße Oiva Juntunen und sei von Beruf Verbrecher. Er habe tatsächlich eine gewisse Menge Gold in der Nähe versteckt. Er sei bis nach Lappland heraufgekommen, da er sich auf der Flucht vor seinen Komplizen befinde, die etwa um diese Zeit aus dem Gefängnis entlassen würden. Er hoffe, der Major habe Verständnis für seine Situation. Remes war glücklich, dass er nicht ins Dorf gehen und die Gründe für den Unfall erklären musste. Das gegenseitige Vertrauen kehrte zurück. Die Männer tranken erneut Brüderschaft, da nun die neuen Namen verwendet werden sollten.
    »Oiva!«
    »Sulo!«
    Von da an hieß es in der Hütte am Kuopsu nicht mehr von Reuterholm und Assistent Asikainen, das Leben ging weiter im Sinne von Oiva und Sulo.
    Die Männer vereinbarten, dass Remes’ Gehalt um tausend Finnmark pro Monat erhöht würde. Des Weiteren sollten endlich Vorkehrungen für den Winter getroffen werden, und zu diesem Zweck würde Remes nach Kittilä fahren. Oiva Juntunen gab ihm fünftausend Mark für die Besorgung von Proviant und anderen Gebrauchsgütern für den nächsten Monat. Bevor der Major aufbrach, stellte er dem Patienten die lebensnotwendigen Dinge auf dem Tisch in der Stube zurecht. Da waren Fleischkonserven, Brot, Butter, Mayonnaise, Zwiebeln, Gurken, Wasser und Zigaretten. Im Gehen riet er seinem Kameraden fürsorglich:
    »Überanstrenge

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