Im Wald der gehenkten Füchse
dich nur nicht. In deinem Zustand musst du ruhen, damit du wieder zu Kräften kommst.«
Drei Tage später kehrte der Major mit einem großen Traktor zurück, der mit allem Notwendigen beladen war. Remes war ein ausgezeichneter Proviantmeister und hatte nichts Wichtiges vergessen. In den Schränken und Nischen der Küche wurden beachtliche Mengen Lebensmittel gestapelt: Konserven mit Rind- und Schweinefleisch, Fleischklopsen und Erbsensuppe, außerdem Leberpastete von Pedersen, Fleisch- und Gemüsebrühwürfel, diverse Sorten Fertigsuppen, einige Tüten mit Kartoffelpüree, mehrere russische Mettwürste nebst Balkanwurst, Krakower, Salami und schweren Stücken Räucherschinken. Natürlich hatte der Major auch einen großen runden Käse gekauft, dazu dänischen Blauschimmel-, Kümmel- und Schmelzkäse. Fischkonserven gab es ebenfalls: eine ungeheure Menge von Familienpackungen mit eingelegtem Hering, ferner Heringsfilet in verschiedenen Soßen sowie Makrelenfilet und isländische Krabben. Er hatte zudem für einen ausreichenden Vorrat an Butter, Margarine und Rapsöl gesorgt und natürlich auch an Weizenmehl, Milchpulver, Roggenmehl, Grießmehl und Reis. Es gab große Stapel verschiedenen Knäckebrotes sowie Kaffee, Kakao, Hagebuttentee und eine gute Auswahl gebräuchlicher Gewürze: Lorbeerblätter, Jamaikapfeffer, Salz, Zucker, Curry, Knoblauchsalz, weißer Pfeffer, Weißweinessig, geriebener Kardamom. Des Weiteren hatte der Major Zahnpasta, Schuppenshampoo, Waschpulver, Seife, Scheuermilch und jede Menge Kerzen gekauft.
Für den Fünfhunderter hatte er etliche Dosen Hundefutter und einen prächtigen Gummiknochen mitgebracht.
»Ich dachte mir, ein kleiner Fuchs mag so was.«
Während der Abwesenheit des Majors hatte Oiva Juntunens Genesung gute Fortschritte gemacht, und als Remes nun seine Salben und Schmerztabletten, Verbände und Linimente hervorholte, die er in der Apotheke besorgt hatte, verlief der Heilungsprozess noch schneller.
Am Abend, als der Major Feuer im Herd gemacht hatte und sie beisammen saßen und Hagebuttentee tranken, äußerte Remes:
»Ich habe meine Frau in Spanien angerufen. Es gefällt ihr da, sagt sie.«
Oiva Juntunen starrte eine Weile schweigend ins Feuer und antwortete dann:
»Und wir haben’s hier jetzt auch gut.«
»Alles dein Verdienst, Oiva.«
13
In der Wärme des Herdfeuers gaben sich die Männer dem Müßiggang hin, aßen schmackhafte Mahlzeiten, spielten Mühle und erzählten sich allerlei Geschichten. Der Ton ihrer Gespräche wurde leidenschaftlicher, da sie sich nicht mehr gegenseitig ihre Vergangenheit zu verheimlichen brauchten.
Eines schönen Abends fragte der Major:
»Du bist also tatsächlich ein Gauner, ein richtiger Verbrecher?«
»Ja, ich bin ein Gauner. Ein Berufsverbrecher außerdem. Aber ich bin auch schon mal in der Universitätsbibliothek gewesen, habe mir dort Auszüge aus kriminalistischen Abhandlungen kopieren lassen. In Bibliotheken findet man unglaublich viel Material, das einem hilft, Verbrechen zu planen.«
Der Major interessierte sich dafür, wie Oiva Juntunen auf die schiefe Bahn geraten war.
»Du hattest wahrscheinlich kein intaktes Zuhause?«
»Es heißt ja immer, dass die frühen Jahre eines Menschen entscheidend sind und dass Verbrecher eine schlimme Kindheit und Jugend gehabt haben. In den meisten Fällen ist es tatsächlich so, aber nicht bei mir. Unsere Familie in Vehmersalmi war nicht kaputt, und es gab auch keine Kumpane, die auf mich einen schlechten Einfluss gehabt hätten. Im Gegenteil. Bei uns zu Hause war alles in Ordnung. Wir waren zwar arm, aber wiederum nicht sehr im Vergleich zu unseren Nachbarn. Zu Hause fühlte ich mich immer wohl und geborgen. Meine Mutter buk Kuchen, und mein Vater nahm mich zum Angeln mit. In der Schule wurde ich vom Lehrer gelobt und bekam gute Zensuren. Es gab wirklich keinen Grund zur Klage. Das einzige, was mir zu Hause nicht gefiel, war die Arbeit. Im Grunde genommen bin ich schon immer ziemlich faul gewesen.«
Major Remes warf ein, dass er das allerdings bereits bemerkt habe.
»Nach der Armee wollte ich nicht wieder auf unseren Hof zurückkehren, ich hätte den Boden bestellen und das Vieh füttern müssen. Auf so was hatte ich keine Lust, und so versuchte ich mich in Helsinki als Lagergehilfe. Dann starb meine Mutter. Ich wollte nach Australien auswandern, weil mein Cousin in seinen Briefen dauernd schwärmte, wie gut man dort verdiente. Ich hatte schon beim australischen Konsulat in Dänemark
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