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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Major. Aber doch lieber nicht in Dörfer oder Städte, denn dort wartete der Mörder Siira. Wohin könnte er fliehen? Sich in der Hütte zu verschanzen war sinnlos, der wütende Remes würde die Tür aus den Angeln reißen und ihn, sobald er drinnen wäre, mit dem Spaten erschlagen.
    Oiva Juntunen rannte den Berghang hinauf. Hinter sich hörte er das Keuchen des Majors. Der schwarzbärtige, abgearbeitete Mann schwang den schweren Spaten und brüllte drohend:
    »Du Hund, für nichts und wieder nichts hast du mich halb Lappland umgraben lassen!«
    In seiner Not versuchte es Oiva Juntunen mit einer gütlichen Einigung. Er versprach dem Major tausend Finnmark Gehaltserhöhung, doch der enttäuschte Remes war nicht mehr zu kaufen. Er war blind vor Wut, mordlüstern wie ein sibirischer Bär, der in seiner Höhle aufgescheucht worden ist.
    Im Laufen zog sein elendes Leben an Oiva Juntunen vorbei. Die Kindheit in Vehmersalmi fiel ihm ein, sonnige Tage auf der Heuwiese, die Besuche am Dorfkiosk, dann das erste krumme Ding und die darauf folgende Zeit im Gefängnis... und vor allem die letzten faulen Jahre in Stockholm. Er hatte noch keine Lust zu sterben, so vieles war noch nicht getan, so vieles noch nicht erprobt und ausgekostet. Er überlegte fieberhaft, wie er seine Haut retten und sich vor den Fängen des außer sich geratenen Offiziers in Sicherheit bringen konnte.
    Wie bei einer Hasenjagd rannten die beiden an der Hütte vorbei und immer höher den Hang hinauf. Oiva Juntunen war jünger und leichtfüßiger als sein Verfolger, aber er hatte nicht die Ausdauer des Berufssoldaten. Er konnte gegenüber dem mordgierigen Major zweihundert Meter Vorsprung herausarbeiten, doch dem in Gefängnissen und Salons körperlich verweichlichten Oiva fehlte die Zähigkeit. Oben auf dem Berg bekam er Stiche in der Brust, er fürchtete zu ersticken. Aber auf keinen Fall würde er Remes das Goldversteck verraten, eher würde er sterben. Rachdurstig schwor er, seinem eigenen Mörder nicht dreißig Kilo Gold zu schenken.
    Wenn sein Verfolger ein Bär wäre, so dachte der Flüchtende verzweifelt, dann hätte er wenigstens eine kleine Chance, sich zu retten, indem er auf einen Baum kletterte. Aber hatte es Zweck, vor einem Pioniermajor auf einen Baum zu steigen?
    Vielleicht sollte er es dennoch versuchen. Oiva Juntunen hielt im Laufen nach einem geeigneten Baum Ausschau. Die dröhnenden Schritte des Majors näherten sich, sodass ihm keine Zeit für langes Auswählen blieb. Er stürzte zu der erstbesten kräftigen Kiefer.
    Als Junge war Oiva daheim in Vehmersalmi oft auf Bäumen herumgeklettert, so wie es Lausbuben zu tun pflegen. Früh übt sich, was ein Meister werden will, sagt man. Oiva Juntunen stellte die Richtigkeit dieses Sprichwortes unter Beweis. Schneller als je in seinem Leben erklomm er den Baum. Die Rinde splitterte nur so, während er sich in die Höhe arbeitete. Schon traf auch der keuchende Major unten ein. Er schlug mit dem Spaten gegen den dicken Stamm, dass es am ganzen Berghang widerhallte.
    Der Major versuchte, dem Flüchtenden auf die Kiefer zu folgen, doch sobald er nahe genug herangekommen war, bekam er derbe Tritte mit dem Gummistiefel an den Kopf. Er fiel immer wieder herunter. Schließlich musste er einsehen, dass er seinem betrügerischen Kameraden auf diese Weise nicht beikommen konnte.
    Oiva Juntunen atmete auf. Vorläufig war er gerettet. Er zündete sich eine Zigarette an und blies Rauchringe in den Wind. Jetzt musste er sich beruhigen und sich irgendetwas ausdenken, mit dem er auch Remes friedlich stimmen konnte.
    Er verlegte sich aufs Verhandeln, richtete freundliche Worte nach unten. Er appellierte an ihre bewährte Freundschaft, an die einträchtig verbrachten Wochen, an alles, was Männer gemeinsam haben. Er erneuerte sein Angebot einer Gehaltserhöhung. Schließlich appellierte er an die edle Abstammung des Majors:
    »Es ist doch unter der Würde eines Adligen, einen Freund auf einen Baum zu jagen. Die von Reuterholms drehen sich im Grabe um, wenn sie erfahren, was du mit mir machst.«
    Remes erklärte, er sei nicht adlig. Und er blieb hart.
    »Wenn du nicht sofort sagst, wo du das Gold versteckt hast, kippe ich die Kiefer um.«
    Oiva Juntunen überlegte. Er saß hoch oben im Wipfel. Wenn es dem Major gelänge, den gewaltigen Baum umzustürzen, würde es ihm schlecht ergehen. Er würde dreimal tiefer fallen als beim Sprung von einer Gefängnismauer. Aber wenn er andererseits an die drei Goldbarren zu je

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