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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Wasser ab und betrachtete es unter der Lampe.
    »Wenn Sie erst im Kirchdorf sind, werden wir Ihnen ein neues Gebiss machen lassen, liebe Naska. Im Altersheim wird ein Abdruck genommen, und in Rovaniemi können dann bessere Zähne angefertigt werden. Die Gemeinde bezahlt das.«
    »Aber ich kann damit noch gut Fleisch beißen«, behauptete Naska mit zusammengezogenem Mund. »Geben Sie es nur her, das hat ein Deutscher gemacht.«
    Naska musste nun auch noch die Geschichte ihres Gebisses erzählen. Es stammte aus dem letzten Krieg. Vor dem Lappland-Krieg hatte ein Zahnarzt der Gebirgsjäger der alten Skoltfrau die Prothese angepasst. Solide deutsche Wertarbeit, hielt immer noch. Am Gaumen scheuerte sie ein bisschen, aber Naska brauchte sich jedenfalls keine faulenden Zähne herauszureißen.
    Der Sozialdirektor stand auf und begann zu sprechen.
    »Nun denn, es wird langsam Abend. So weit ist wohl alles klar, wir müssen los. Und jetzt werden wir es so machen, dass wir dich zu Ehren dieses Tages ins Kirchdorf bringen, Naska! Was ist ein Fest ohne eine kleine Vergnügungsfahrt. Schwester, helfen Sie Naska mal ins Auto. Die Sachen werden später geholt, und die Katze, ...« – hier senkte der Sozialdirektor seine Stimme zu einem Flüstern – »... die muss getötet werden.«
    Naska protestierte. Sie habe für diesen Tag mehr als genug Kurzweil mit den Gästen gehabt, sie wolle nicht extra noch auf eine Vergnügungsfahrt. Vielen Dank auch für alles, und die Gäste sollten doch die Blumen wieder mitnehmen, was sollte sie damit hier im Dunkeln.
    Aber die Männer fassten sie mit sanftem Nachdruck unter und trugen sie mühelos ins Auto. Die Stationsschwester packte ein paar Kleinigkeiten in eine Tasche. Jermakki mauzte auf dem Hof, Naska begann zu weinen. Sie sträubte sich mit aller Kraft, konnte aber gegen ihre stärkeren Begleiter nichts ausrichten. Die Stationsschwester und der Sozialdirektor nahmen sie in die Mitte. Der Brauchtumsforscher stieg vorne ein und startete den Wagen, Redakteur Tulppio fuhr mit seinem eigenen hinterher. Naska kämpfte, so lange sie konnte.
    »Der Archiater Ylppiö darf auch zu Hause bleiben, und der ist noch fünf Jahre älter als ich«, schrie sie. »Und die Katze wird einfach allein gelassen ...«
    Der Sozialdirektor wurde ungehalten. Er packte Jermakki und warf ihn ins Auto. Die Türen wurden zugeknallt, der Brauchtumsforscher gab Gas.
    »Aber liebe Naska, wer wird sich denn so benehmen«, schalt die Stationsschwester. Sie versuchte, Jermakki zu streicheln, der auf Naskas Schoß saß und fauchte. Der Sozialdirektor schnauzte den Brauchtumsforscher an.
    »Fahr endlich zu. Sonst ist es Nacht, ehe wir in Inari sind. Verflucht, wie diese Katze haart.«
    Er hätte am liebsten hinzugefügt, dass außerdem das alte Weib an seiner Seite fürchterlich stank, so wie alte Leute eben riechen. Der Sozialdirektor zündete sich eine Zigarette an. Davon wiederum bekam Naska Atemnot, die alte Frau hing kraftlos zwischen ihren Entführern, nahm sich aber fest vor, dieser Vergnügungsfahrt zu entfliehen, sobald sich eine passende Gelegenheit ergäbe. Ihr war vollkommen klar, dass man sie »in Obhut« nahm. So bezeichnete die Obrigkeit heutzutage Menschenraub.
    Hinter der Abzweigung Kaamanen hielt der Brauchtumsforscher an und sagte, er müsse mal »Pipi machen«. Auch der Sozialdirektor verspürte ein entsprechendes Bedürfnis, und als er ausstieg, nutzte Jermakki die Gelegenheit, aus dem Auto zu springen und in der Dunkelheit zu verschwinden. Die Stationsschwester stieg aus, rannte hinterher und rief nach dem Kater, aber der dunkle Wald blieb still. Kurz darauf traf auch Redakteur Tulppio mit seinem Auto ein, und als er hörte, was los war, erleichterte er sich ebenfalls. Jermakkis grüne Augen funkelten fern in den Tiefen des Waldes.
    Großmütterchen Naska kam zu sich und merkte, dass sie allein im Auto war. Sie erkannte, dass sie jetzt die Chance hatte, wegzulaufen, und das tat sie umgehend. Nur die Decke konnte sie in der Eile noch greifen. Als kluger Mensch schloss sie die Autotür nicht, sondern glitt geräuschlos in den dunklen Wald. Sie war auf jener Seite ausgestiegen, auf der die Männer pinkelten. Auf der anderen Straßenseite stand die Stationsschwester und rief nach dem Kater. Naska lief unter die dunklen Bäume und duckte sich. Bald hörte sie in der Nähe leises Schnurren. Jermakki hatte sie gefunden. Er rieb sich an ihren Gummistiefeln.
    Als Naskas Flucht entdeckt wurde, gab es auf der Straße

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