Im Wald der gehenkten Füchse
auf den Fußboden, bei der Gelegenheit rührte sie auch gleich die Suppe um. In einer Stunde wäre das Essen fertig. Sie zählte die Gäste. Leider besaß sie nur drei tiefe Teller, aber sie selbst konnte von einem flachen essen, ihr kam es nicht so darauf an. Sie müsste heimlich Jermakkis Napf auswaschen, dann könnte sie wenigstens allen Gästen die Suppe aus tiefen Tellern anbieten.
Aber erst mal gab es natürlich Kaffee zur Feier des Tages. Naska schenkte ein und forderte die Gäste auf, sich vom Kuchen und vom Käse zu bedienen. Nach dem Kaffee rauchten der Sozialdirektor und der Redakteur. Naska bekam davon Atembeschwerden, aber sie tat, als störe sie der Zigarettenqualm überhaupt nicht. Diesen Leuten von ihrem Asthma zu erzählen, konnte sie sich sparen. Wenn sie die Dummheit beginge, würden sie sie gleich mitnehmen. Ähnlich war es auch gewesen, als Kiureli damals abgeholt wurde. So ein Aufbruch war immer endgültig, ob in den Krieg oder ins Altersheim. Von solchen Reisen kam keiner lebend nach Hause zurück.
Der Brauchtumsforscher schaltete sein Tonbandgerät ein und hielt Naska das Mikrofon vor den Mund. Die Alte ärgerte sich über den komischen Gummiknüppel. Da kam der Kerl zu Besuch und fummelte dann mit diesem Ding vor ihr herum, stieß es ihr fast in den Mund. Kriegte er ihre Stimme nicht auch anders in die Maschine? Aber gegen diese Leute war kein Kraut gewachsen. Jetzt hieß es im Gedächtnis kramen, das würde ihr nicht erspart bleiben.
Die Gäste redeten um die Wette auf Naska ein, sie solle von alten Zeiten erzählen. Sie lachten und sagten, es sei wichtig. Die Tonbänder bringe man in Universitätsarchive, und dann könne jeder, der wolle, sich die Aufnahmen anhören und sich Notizen machen. Als Naska fragte, warum man denn so verfahre, sagte man ihr, es sei so üblich. Das alles sei Brauchtum, das nicht aussterben dürfe.
»Fragt die Jüngeren, sie erinnern sich besser«, versuchte es Naska, aber es half nichts.
Gerade die Alten frage man, für den Fall, dass sie stürben ... Naska habe in der Hinsicht natürlich noch nichts zu befürchten, aber für alle Fälle, damit nichts Wertvolles »im Dunkel der Hügel« versänke, wie es der Brauchtumsforscher treffend ausdrückte.
Naska begann also zu erzählen. Sie berichtete von ihrer Kindheit im Dorf Suonjeli in Petsamo, erinnerte sich an ihre Jugend und ihr Leben als junge Frau. Was sie nicht mehr wusste, ersetzte sie durch Erfundenes. Als sie nach den Zeiten des Klosters Petsamo befragt wurde, behauptete Naska, sie habe, bald nachdem Kiureli in den Krieg musste, im Kloster als Magd gearbeitet, und ihr jüngster Sohn, jetzt bereits dreiundsechzig, sei vom damaligen Igumenen. Der Brauchtumsforscher schaltete sein Tonbandgerät ab. Man sprach von anderen Dingen.
Inzwischen gelang es Naska, Jermakkis Fressnapf in ihren Röcken zu verstecken. Sie ging hinaus, angeblich um Wasser aus dem Brunnen zu holen, spülte dort schnell den Katzennapf aus und kehrte mit dem sauberen Gefäß in die Stube zurück. Die Rentiersuppe kochte. Naska stellte die Teller auf den Tisch und erzählte noch eine halbe Stunde von alten Petsamoer Zeiten. Dann begann man mit der Mahlzeit.
Nach dem Essen quetschte der Brauchtumsforscher Naska noch über die Kriege aus, die sie miterlebt hatte. An vier oder fünf erinnerte sie sich dann auch. Das wurde allgemein gelobt und als ausgezeichnete Leistung gewertet. Redakteur Tulppio machte Fotos, er bat die Heldin des Tages nach draußen, und Naska musste sich auf die Stufen vor dem Haus setzen, Wasser aus dem Brunnen holen und sich schließlich noch mit Brennholz auf dem Arm vor den Schuppen stellen. Alle waren sich darin einig, dass es auf dem Hof der alten Skolt-Samin wirklich romantisch aussah. Der Brauchtumsforscher zeigte immer wieder auf Gegenstände und fragte, was es sei und wofür es im Haushalt der Skolt-Samen benutzt würde. Im Schuppen schwenkte Naska ihre stumpfe Axt vor ihm.
»Schreib es dir auf, Junge, das ist eine Axt. Damit spalten wir Skolt-Samen Holz.«
All dies begann Naska zu ermüden. Der winterliche Kaamostag ging bereits in die Dämmerung über, und die Alte hatte keine Gelegenheit zum Mittagsschlaf gehabt. Ihr war sehr danach, sich hinzulegen, doch sie traute sich nicht, denn die Gäste hätten sie für alt und gebrechlich halten können. Aber gähnen musste sie, dagegen war sie machtlos.
Die Stationsschwester wurde auf Naskas loses Gebiss aufmerksam. Sie ließ es sich aushändigen, spülte es mit
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