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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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müssen während Tagen, wenn nicht Wochen, praktisch vor den Augen der Bergleute, vorbereitet worden sein. Sie sind absolut präzise und mit maximaler Wirkung ausgeführt worden. Eindeutig das Werk von Profis. Darauf deutet auch der verwendete Sprengstoff. Die Spurensuche geht weiter, aber allzu viele Hinweise werden wir nicht finden. Die Explosionen haben gründlich aufgeräumt. Wir sind daran, jeden Stein im Umkreis von zehn Meilen umzudrehen, haben jeden Bewohner der Gegend befragt. Bisher gibt es nur vage Hinweise auf genau sechs Autos, die ein paar Leuten aufgefallen sind. Keine Kennzeichen. Über Marke und Farbe konnten sich die Befragten nicht einigen. Wie gesagt, wir stehen erst am Anfang, und es sieht nicht gut aus.
    Admiral Parker unterbrach sie mit einer sehr kurzen Frage, die sich wohl alle sofort gestellt hatten: »Täterprofil?«
    Sie antwortete nüchtern, ohne Zögern: »Professionelle Sprengung für einen Auftraggeber, den wir noch nicht eingrenzen können.«
    »Das DHS befürchtet weitere solche Terroranschläge«, warf Miller ein. Er schickte sich an, die Liste der gefährdeten Objekte herunterzuspulen, doch Morris stoppte ihn mit einer ärgerlichen Handbewegung.
    »Noch wissen wir nicht, ob es ein Terroranschlag war, Pete. Oder gibt es neue Hinweise, Bob?«
    Was erwartete der Mensch? Die NSA war noch gar nicht offiziell an diesem Fall beteiligt. Bob hatte nicht übel Lust, Morris darüber aufzuklären, aber er war der Sicherheitsberater des Präsidenten, sozusagen dessen Ohr und Auge. Seine schnelle Antwort fiel deshalb ebenso geschliffen wie nichtssagend aus: »Wir analysieren natürlich auch in diese Richtung. Bisher konnten wir kein Terrormuster feststellen.«
    Morris schaute auf die Uhr. »Es wird Zeit, das weitere Vorgehen zu besprechen«, sagte er mehr zu sich selbst als zu seinem auserlesenen Publikum. »Ich habe Cheryl gebeten, eine Akte mit dem heutigen Stand der Ermittlungen zusammenzustellen. Jede Ihrer Behörden wird ein Exemplar erhalten. Sie wissen alle, was zu tun ist, und dass wir es verdammt schnell tun müssen. Wir können uns keinen zweiten Fall Mountain Pass leisten. Ich übernehme die Koordination der Ermittlungen, bis wir wissen, mit wem wir es zu tun haben. An unserer nächsten Sitzung in einer Woche erwarte ich konkrete Ergebnisse. Danke, meine Damen und Herren.« Damit erhob er sich. Beim Hinausgehen brummte er deutlich hörbar: »Der Präsident wird begeistert sein.«

Kapitel 2
     
    Paradeplatz, Zürich
     
    Die Ampel schaltete auf grün. Das silberne BMW 6er Cabrio schoss haarscharf an einem alten Mann vorbei über die Kreuzung. Robert Bauer drückte genervt den dritten Zigarettenstummel aus und fluchte:
    »Idiot! Bist du farbenblind?«
    »Was?«, fragte die Stimme in seinem Kopfhörer erschrocken.
    »Nicht du, Lotte. Scheiße, wo stehen wir? Sprich mit mir!«
    Er wusste, dass seine Händlerin nichts mehr hasste, als wenn er sie betont teutonisch ›Lotte‹ nannte. Sie war Engländerin und hieß eigentlich Charlotte. Böse grinsend hörte er sich die neusten Quotes zu seiner strategischen Position an. 468 – nicht schlecht, aber Ziel noch nicht erreicht. Er hatte die 1'200 Tonnen Neodym zu 200'000 Yuan pro Tonne gekauft und musste sie heute, am Ultimo, vor Handelsschluss am SMM wieder loswerden. Das Problem war nur, dass der Shanghai Metals Market in genau zwölf Minuten dicht machte. Er drückte aufs Gas, schoss vom Talacker auf den Paradeplatz, an der großen Schwester, der Credit Suisse, vorbei um die Ecke in die Talstraße. Wenige Sekunden später stand er vor der gepanzerten Einfahrt zur Tiefgarage. Trotz der erfreulichen Kursentwicklung war er stocksauer. Die Kundenbesprechung zum Frühstück hatte viel zu lange gedauert, und außerdem lag ihm das scheißnoble Lachsbrötchen tierisch auf dem Magen. Wütend steckte er die Chipkarte durch das offene Fenster in den Schlitz des Lesegeräts. Seine Finger trommelten im Stakkato auf das Lenkrad, während er mit zunehmender Ungeduld auf das grüne Licht zur Einfahrt wartete.
    »470«, meldete die Stimme im Ohr.
    Die Tendenz stimmte. 475'000 Yuan war sein Ziel. Und er wollte, verdammt noch mal, dabei sein, wenn es passierte. Bei 475 würden vierzig Kisten Dollar netto aus der Position herausspringen, immerhin mehr als der Einsatz beim Kauf vor zwei Monaten. Nicht ganz die fünfzig Millionen, die er im Budget hatte für das erste halbe Jahr, aber es war ja auch erst März.
    Er fuhr in die Garage, hechtete zur

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