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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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Erkenntnis, sondern eine Vermutung, die ihm selbst schon eingefallen war, als er die erste Meldung von der Bergwerkskatastrophe gelesen hatte. Das Muster des Anschlags passte ganz offensichtlich nicht ins Schema der Standard-Terroristen aus dem Nahen Osten. Das Ziel war zu exotisch. Ein anderes Wort fiel ihm nicht ein. Nicht spektakulär genug für al-Qaida. Mountain Pass versetzte zwar die Regierung in höchste Aufregung, aber weite Teile der amerikanischen Bevölkerung nahmen den Anschlag gar nicht zur Kenntnis. Ein solcher Coup lohnte sich einfach nicht aus Sicht der islamistischen Gangster.
    Er goss sich ein Glas Wasser aus der Flasche vor seinem Sitznachbarn ein, um den schalen Geschmack im Gaumen hinunterzuspülen. Er fühlte sich schlecht. Erst die lange Fahrt im Stau, jetzt der Gestank nach frischer Farbe im stickigen Sitzungszimmer. Und was er hörte, machte die Sache auch nicht besser. Statt die Spezialisten in Ruhe arbeiten zu lassen, organisierten die hohlen Koordinatoren eine Sitzung nach der andern, es war zum kotzen. Dem Kollegen vom ›Büro‹ gegenüber am Tisch ging die Sache ähnlich an die Nieren, wenn er seinen leidenden Gesichtsausdruck richtig interpretierte. Der Mann vom FBI räusperte sich und begann zu sprechen, ohne auf Browns Einladung zu warten.
    »Da stimmen wir völlig mit euch überein, Ken«, sagte er, und alle wussten, dass es kein Kompliment war. »Wir haben inzwischen die Spur eines der Fahrzeuge, zurückverfolgt. Ein blauer ›Chevy‹ Pick-up S10. Die Täter haben ihn bei einem Händler in San Diego gekauft. Wir wissen, dass damit der Sprengstoff transportiert wurde. Trinitrobenzen, 1,3,5-TNB. Der Stoff, den Minen und Militär benutzen.«
    »Passt«, grinste Brown albern. »Gibt’s auch Spuren von den Tätern?«
    Das Gesicht des FBI-Mannes verfinsterte sich. »Stell dir vor, das haben wir uns auch schon gefragt«, knurrte er. Fingerabdrücke, Gewebeproben etc. kannst du vergessen. Die Leute sind Profis. Um ganz sicher zu gehen, haben sie die Karre abgefackelt und anschließend verschrotten lassen. Wir sind ganz auf die zweifelhaften Aussagen des Händlers und einiger Augenzeugen angewiesen. Die deuten darauf hin, dass die Täter über den Containerhafen von San Diego ein- und wieder ausgereist sind. Da unten ist ziemlich viel los, wie du dir vorstellen kannst, und überdies hört unsere Zuständigkeit in internationalen Gewässern auf.«
    »Wir sind bereits am Ball, überprüfen die Frachter. Können aber erst im nächsten Hafen aktiv werden«, warf Liz Tucker aus Langley im Telegrammstil ein. Die Giftspritze von der CIA war Bob schon böse an die Gurgel gefahren, als einer seiner Männer im ›Außendienst‹ der Agency in die Quere gekommen war. Die guten Menschen aus Langley hatten keine Ahnung, wie viele Finger die NSA in alle Welt ausstreckte. Noch nicht einmal in Fort Meade wussten mehr als ein paar Dutzend Leute, wie viele Mitarbeiter in aller Welt vor Ort ›humint‹, human intelligence, betrieben. Mitarbeiter, die sich überall dort die Hände schmutzig machten und Geheimdienstinformationen sammelten, wo die ›sigint‹, signals intelligence, ihre wundersame Abhörtechnik in Fort Meade, nicht ausreichte. Die andern Dienste und das gemeine Volk wussten so gut wie nichts darüber, was innerhalb seiner NSA vor sich ging, und das war gut so.
    Liz Tuckers Bemerkung wirkte wie eine kalte Dusche auf den Sitzungsleiter. Er hörte sich beinahe resigniert an, als er nachdenklich feststellte: »Die Spur ist kalt. Habe ich recht?«
    »Nicht ganz«, antwortete der Mann vom FBI. »Die Schiffe, die in der fraglichen Zeit nach dem Attentat in San Diego ablegten, sind bekannt, ebenso ihre Destinationen. Es ist erstaunlicherweise keines aus dem arabischen Raum dabei. Die meisten der Frachter nahmen Kurs auf Ziele in Japan und Südostasien.«
    »Was die Suche nicht gerade einschränkt«, ergänzte Liz spitz.
    »Ich behaupte nicht, dass es einfach wird.«
    Bob amüsierte das kleine Geplänkel, doch er fand, dass die Zeit gekommen war, etwas Struktur in die Debatte zu bringen. »Ken«, sagte er entschlossen und nickte dem Sitzungsleiter zu, als bedankte er sich für die Aufforderung zu sprechen. »Die NSA verfolgt einen etwas anderen Ansatz. Wir gehen, wie alle hier im Raum, von einem rationalen Anschlag aus. Es war nicht die sinnlose Tat einiger Verrückter. Alles deutet auf wohlüberlegtes Handeln hin. Also fragen wir uns: wem nützt diese Tat, wer profitiert davon?« Er hielt inne,

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