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Im Westen geht die Sonne unter

Im Westen geht die Sonne unter

Titel: Im Westen geht die Sonne unter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Anderegg
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hörte sich fettgedruckt an, wie wie eine Drohung.
    »Nein, nein«, lächelte die Journalistin säuerlich, den Blick starr auf ihn gerichtet. »Ich meine, ich habe Ihre Zeit schon zu sehr in Anspruch genommen. Vielen Dank für das Interview, Ryan.« Sie verabschiedete sich eilig und war schon an der Tür, als sie ihm nochmals zulächelte. »Wir bleiben in Kontakt.« Dann ließ sie ihn allein mit Jessie.
    »Wir bleiben in Kontakt«, äffte sie ärgerlich nach. »Was war das denn?«
    »Das frage ich mich auch«, antwortete er in Gedanken versunken.
     
    Hockenheim, Deutschland
     
    Der Fahrer im rot-weißen 4-Liter Porsche 997 GT3 verfluchte den gelben Klon vor seiner Nase. Der Scheißkerl fuhr die Spitzkehre so ungeschickt an, dass er keine Möglichkeit hatte, ihn noch vorher zu überholen. Robert Bauer kannte den Hockenheimring wie seine Westentasche. Er fuhr die letzte Runde im Porsche Sports Cup. Noch nicht das Finale, aber die Punkte brauchte er. Der gelbe Trottel drohte ihm auf dem letzten Kilometer noch den Sieg zu vermiesen.
    »Nicht mit mir, Bursche«, knurrte Robert zähneknirschend unter der Gesichtsmaske. Er hängte sich so dicht an den Vordermann, dass sein Wagen das Heck des gelben Porsche fast berührte. Kurz vor der scharfen Rechtskurve schaltete er in den ersten Gang. Der Gelbe fuhr weit außerhalb der Ideallinie in die Spitzkehre hinein. Seine Chance war gekommen. Kaum hatten sie den 50er Punkt hinter sich, touchierte er die rechte Hinterbacke des Gelben. Nur leicht, gerade kräftig genug, um ihn weiter nach links ausbrechen zu lassen. Sofort besetzte er die Lücke. Er drückte aufs Gas, schaltete schnell hinauf. Nach fünfzig Metern war der Gelbe Geschichte. Robert hatte freie Fahrt auf der Geraden vor der Tribüne. Wenn er jetzt keinen Fehler mehr machte, war ihm der Pokal sicher, einmal mehr. Grinsend holte er das Letzte aus seinen 480 PS heraus. Er erwischte das Knie vor der Mercedes-Tribüne gut. Noch einmal beschleunigte er auf Höchstgeschwindigkeit. Der Abstand zum Gelben war so komfortabel, dass er die letzten beiden Schikanen, die heimtückische Sachs-Kurve und die Südkurve vor der Zielgeraden, locker hinter sich brachte.
    »Starke Vorstellung«, rief ihm der Mechaniker entgegen, als er an der Boxe den Motor abschaltete. Das Gesicht des Mannes, der ihn mit seinem kleinen Team schon seit einer Ewigkeit betreute, leuchtete vor Aufregung, als hätte er selbst am Steuer gesessen.
    »Etwas anderes erwartet?«, lachte Robert und ließ sich umarmen. Das berauschende Hochgefühl, es wieder einmal allen gezeigt zu haben, stellte sich erst jetzt langsam ein. Es fühlte sich jedes Mal an wie die Sekunden vor dem Höhepunkt beim Liebesspiel, nur besser. Unschlagbar zu sein berauschte ihn auf der Rennbahn genauso wie im Handelsraum am Paradeplatz. Er war süchtig nach Sieg, das wusste er und jeder, der mit ihm zu tun hatte. Auch seine Sponsoren hatten das früh bemerkt. Kaum einer seiner Rennkollegen konnte auf eine so lange, stabile Beziehung zu seinen Geldgebern zurückblicken. Er war, verdammt noch mal, der Größte, und er hatte alles Recht der Welt dazu.
    Der Mechaniker gab ihm sein Handy zurück mit der Bemerkung: »Hat schon dreimal angerufen.«
    Ein kurzer Blick auf das Display elektrisierte ihn. Goldzahn. »Scheiße, warum sagst du mir das nicht früher?« Nicht gut möglich, das wusste er auch, aber irgendwie musste er seinem Ärger Luft machen. Goldzahn am Sonntagnachmittag bedeutete mit Sicherheit eine ganz kurze Nacht. Er zog sich in eine ruhige Ecke im Fahrerlager zurück und drückte die Rückruftaste.
    »Mister Bauer, gut dass Sie mich zurückrufen«, sagte der Chinese in seinem überdeutlich artikulierten Englisch. Es erinnerte Robert jedes Mal an seinen Sitznachbarn im Gymnasium. Nicht gerade der Hellste, ganz im Gegensatz zu Goldzahn.
    »Entschuldigen Sie, Mister Li, dass ich erst jetzt zurückrufe. Ich war auf der Rennstrecke.«
    »Ah – haben gewonnen?«
    »Wie üblich«, lachte Robert.
    Li stimmte lauthals in sein Lachen ein. Auch er liebte den Sieg. »Gut – gut, gut«, kicherte er gedehnt.
    »Nun, womit kann ich meinen besten Kunden glücklich machen?«
    Das Kichern verstummte unerwartet schnell. Mit Grabesstimme, als bedrückte ihn eine schwere Last, antwortete Li: »Ah – ich habe ein Problem, Mr. Bauer.«
    Er erschrak. Hatte seine Bank Mist gebaut? Das wäre unverzeihlich. Der Herrscher über ›Galaxy Boom Industries‹ war der Traumkunde jedes Bankers, aber seine

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