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Im Westen Nichts Neues

Im Westen Nichts Neues

Titel: Im Westen Nichts Neues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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»was würdest du machen?«
    »Abhauen!« knurrt Kropp.
    »Das ist klar. Und dann?«
    »Mich besaufen«, sagt Albert.
    »Rede keinen Quatsch, ich meine es ernst –«
    »Ich auch«, sagt Albert, »was soll man denn anders machen.«
    Kat interessiert sich für die Frage. Er fordert von Kropp seinen Tribut an den Linsen, erhält ihn, überlegt dann lange und meint: »Besaufen könnte man sich ja, sonst aber auf die nächste Eisenbahn – und ab nach Muttern. Mensch, Frieden, Albert –«
    Er kramt in seiner Wachstuchbrieftasche nach einer Fotografie und zeigt sie stolz herum. »Meine Alte!« Dann packt er sie weg und flucht: »Verdammter Lausekrieg –«
    »Du kannst gut reden«, sage ich. »Du hast deinen Jungen und deine Frau.«
    »Stimmt«, nickt er, »ich muß dafür sorgen, daß sie was zu essen haben.«
    Wir lachen. »Daran wird’s nicht fehlen, Kat, sonst requierierst du eben.«
    Müller ist hungrig und gibt sich noch nicht zufrieden. Er schreckt Haie Westhus aus seinen Verprügelträumen. »Haie, was würdest du denn machen, wenn jetzt Frieden wäre?«
    »Er müßte dir den Arsch vollhauen, weil du hier von so etwas überhaupt anfängst«, sage ich, »wie kommt das eigentlich?«
    »Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach?« antwortet Müller lakonisch und wendet sich wieder an Haie Westhus.
    Es ist zu schwer auf einmal für Haie. Er wiegt seinen sommersprossigen Schädel: »Du meinst, wenn kein Krieg mehr ist?«
    »Richtig. Du merkst auch alles.«
    »Dann kämen doch wieder Weiber, nicht?« – Haie leckt sich das Maul. »Das auch.«
    »Meine Fresse noch mal«, sagt Haie, und sein Gesicht taut auf, »dann würde ich mir so einen strammen Feger schnappen, so einen richtigen Küchendragoner, weißt du, mit ordentlich was dran zum Festhalten, und sofort nichts wie ‘rin in die Betten! Stell dir mal vor, richtige Federbetten mit Sprungmatratzen, Kinners, acht Tage lang würde ich keine Hose wieder anziehen.«
    Alles schweigt. Das Bild ist zu wunderbar. Schauer laufen uns über die Haut. Endlich ermannt sich Müller und fragt: »Und danach?«
    Pause. Dann erklärt Haie etwas verzwickt: »Wenn ich Unteroffizier wäre, würde ich erst noch bei den Preußen bleiben und kapitulieren.« »Haie, du hast glatt einen Vogel«, sage ich. Er fragt gemütlich zurück: »Hast du schon mal Torf gestochen? Probier’s mal.«
    Damit zieht er seinen Löffel aus dem Stiefelschaft und langt damit in Alberts Eßnapf.
    »Schlimmer als Schanzen in der Champagne kann’s auch nicht sein«, erwiderte ich.
    Haie kaut und grinst: »Dauert aber länger. Kannst dich auch nicht drücken.«
    »Aber, Mensch, zu Hause ist es doch besser, Haie.« »Teils, teils«, sagt er und versinkt mit offenem Munde in Grübelei.
    Man kann auf seinen Zügen lesen, was er denkt. Da ist eine arme Moorkate, da ist schwere Arbeit in der Hitze der Heide vom frühen Morgen bis zum Abend, da ist spärlicher Lohn, da ist ein schmutziger Knechtsanzug – »Hast beim Kommiß in Frieden keine Sorgen«, teilt er mit, »jeden Tag ist dein Futter da, sonst machst du Krach, hast dein Bett, alle acht Tage reine Wäsche wie ein Kavalier, machst deinen Unteroffiziersdienst, hast dein schönes Zeug; – abends bist du ein freier Mann und gehst in die Kneipe.«
    Haie ist außerordentlich stolz auf seine Idee. Er verliebt sich darin. »Und wenn du deine zwölf Jahre um hast, kriegst du deinen Versorgungsschein und wirst Landjäger. Den ganzen Tag kannst du Spazierengehen.« Er schwitzt jetzt vor Zukunft. »Stell dir vor, wie du dann traktiert wirst. Hier einen Kognak, da einen halben Liter. Mit einem Landjäger will doch jeder gutstehen.« »Du wirst ja nie Unteroffizier, Haie«, wirft Kat ein. Haie blickt ihn betroffen an und schweigt. In seinen Gedanken sind jetzt wohl die klaren Abende im Herbst, die Sonntage in der Heide, die Dorfglocken, die Nachmittage und Nächte mit den Mägden, die Buchweizenpfannkuchen mit den großen Speckaugen, die sorglos verschwatzten Stunden im Krug – Mit soviel Phantasie kann er so rasch nicht fertig werden; deshalb knurrt er nur erbost: »Was ihr immer für Blödsinn zusammenfragt.«
    Er streift sein Hemd über den Kopf und knöpft den Waffenrock zu.
    »Was würdest du machen, Tjaden?« ruft Kropp.
    Tjaden kennt nur eins. »Aufpassen, daß mir Himmelstoß nicht durchgeht.«
    Er möchte ihn wahrscheinlich am liebsten in einen Käfig sperren und jeden Morgen mit einem Knüppel über ihn herfallen. Zu Kropp schwärmt er: »An deiner Stelle würde ich

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