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Im Westen Nichts Neues

Im Westen Nichts Neues

Titel: Im Westen Nichts Neues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Handgranatenvorräte werden reichlicher. Die Bajonette revidieren wir selbst. Es gibt nämlich welche, die gleichzeitig auf der stumpfen Seite als Säge eingerichtet sind. Wenn die drüben jemand damit erwischen, wird er rettungslos abgemurkst. Im Nachbarabschnitt sind Leute von uns wiedergefunden worden, denen mit diesen Sägeseitengewehren die Nasen abgeschnitten und die Augen ausgestochen waren. Dann hatte man ihnen den Mund und Nase mit Sägespänen gefüllt und sie so erstickt.
    Einige Rekruten haben noch Seitengewehre ähnlicher Art; wir schaffen sie weg und besorgen ihnen andere.
    Das Seitengewehr hat allerdings an Bedeutung verloren. Zum Stürmen ist es jetzt manchmal Mode, nur mit Handgranaten und Spaten vorzugehen. Der geschärfte Spaten ist eine leichtere und vielseitigere Waffe, man kann ihn nicht nur unter das Kinn stoßen, sondern vor allem damit schlagen, das hat größere Wucht; besonders wenn man schräg zwischen Schulter und Hals trifft, spaltet man leicht bis zur Brust durch. Das Seitengewehr bleibt beim Stich oft stecken, man muß dann erst dem andern kräftig gegen den Bauch treten, um es loszukriegen, und in der Zwischenzeit hat man selbst leicht eins weg. Dabei bricht es noch außerdem manchmal ab.
    Nachts wird Gas abgeblasen. Wir erwarten den Angriff und liegen mit den Masken fertig, bereit, sie abzureißen, sowie der erste Schatten auftaucht.
    Der Morgen graut, ohne daß etwas erfolgt. Nur immer dieses nervenzerreibende Rollen drüben, Züge, Züge, Lastwagen, Lastwagen, was konzentriert sich da nur? Unsere Artillerie funkt ständig hinüber, aber es hört nicht auf, es hört nicht auf. – Wir haben müde Gesichter und sehen aneinander vorbei.
    »Es wird wie an der Somme, da hatten wir nachher sieben Tage und Nächte Trommelfeuer«, sagt Kat düster. Er hat gar keinen Witz mehr, seit wir hier sind, und das ist schlimm, denn Kat ist ein altes Frontschwein, das Witterung besitzt. Nur Tjaden freut sich der guten Portionen und des Rums; er meint sogar, wir würden genauso in Ruhe zurückkehren, es würde gar nichts passieren. Fast scheint es so. Ein Tag nach dem andern geht vorüber. Ich sitze nachts im Loch auf Horchposten. Über mir steigen die Raketen und Leuchtschirme auf und nieder. Ich bin vorsichtig und gespannt, mein Herz klopft. Immer wieder liegt mein Auge auf der Uhr mit dem Leuchtzifferblatt; der Zeiger will nicht weiter. Der Schlaf hängt in meinen Augenlidern, ich bewege die Zehen in den Stiefeln, um wachzubleiben. Nichts geschieht, bis ich abgelöst werde; – nur immer das Rollen drüben. Wir werden allmählich ruhig und spielen ständig Skat und Mauscheln. Vielleicht haben wir Glück.
    Der Himmel hängt tagsüber voll Fesselballons. Es heißt, daß von drüben jetzt auch hier Tanks eingesetzt werden sollen und Infanterieflieger beim Angriff. Das interessiert uns aber weniger als das, was von den neuen Flammenwerfern erzählt wird.
    *
    Mitten in der Nacht erwachen wir. Die Erde dröhnt. Schweres Feuer liegt über uns. Wir drücken uns in die Ecken. Geschosse aller Kaliber können wir unterscheiden. Jeder greift nach seinen Sachen und vergewissert sich alle Augenblicke von neuem, daß sie da sind. Der Unterstand bebt, die Nacht ist ein Brüllen und Blitzen. Wir sehen uns bei dem sekundenlangen Licht an und schütteln mit bleichen Gesichtern und gepreßten Lippen die Köpfe. Jeder fühlt es mit, wie die schweren Geschosse die Grabenbrüstung wegreißen, wie sie die Böschung durchwühlen und die obersten Betonklötze zerfetzen. Wir merken den dumpferen, rasenderen Schlag, der dem Prankenhieb eines fauchenden Raubtiers gleicht, wenn der Schuß im Graben sitzt. Morgens sind einige Rekruten bereits grün und kotzen. Sie sind noch zu unerfahren.
    Langsam rieselt widerlich graues Licht in den Stollen und macht das Blitzen der Einschläge fahler. Der Morgen ist da. Jetzt mischen sich explodierende Minen in das Artilleriefeuer. Es ist das Wahnsinnigste an Erschütterung, was es gibt. Wo sie niederfegen, ist ein Massengrab.
    Die Ablösungen gehen hinaus, die Beobachter taumeln herein, mit Schmutz beworfen, zitternd. Einer legt sich schweigend in die Ecke und ißt, der andere, ein Ersatzreservist, schluchzt; er ist zweimal über die Brustwehr geflogen durch den Luftdruck der Explosion, ohne sich etwas anderes zu holen als einen Nervenschock.
    Die Rekruten sehen zu ihm hin. So etwas steckt rasch an, wir müssen aufpassen, schon fangen verschiedene Lippen an zu flattern. Gut ist, daß es Tag

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