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Im Westen Nichts Neues

Im Westen Nichts Neues

Titel: Im Westen Nichts Neues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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verdrehen, so hilft es nichts, wir müssen ihn verprügeln, damit er vernünftig wird. Wir tun es schnell und erbarmungslos und erreichen, daß er vorläufig wieder ruhig sitzt. Die andern sind bleich bei der Geschichte geworden; hoffentlich schreckt es sie ab. Dieses Trommelfeuer ist zuviel für die armen Kerle; sie sind vom Feldrekrutendepot gleich in einen Schlamassel geraten, der selbst einem alten Mann graue Haare machen könnte.
    Die stickige Luft fällt uns nach diesem Vorgang noch mehr auf die Nerven. Wir sitzen wie in unserm Grabe und warten nur darauf, daß wir zugeschüttet werden. Plötzlich heult und blitzt es ungeheuer, der Unterstand kracht in allen Fugen unter einem Treffer, glücklicherweise einem leichten, dem die Betonklötze standgehalten haben. Es klirrt metallisch und fürchterlich, die Wände wackeln, Gewehre, Helme, Erde, Dreck und Staub fliegen. Schwefeliger Qualm dringt ein. Wenn wir statt in dem festen Unterstand in einem der leichten Dinger säßen, wie sie neuerdings gebaut werden, lebte jetzt keiner mehr.
    Die Wirkung ist aber auch so schlimm genug. Der Rekrut von vorhin tobt schon wieder, und zwei andere schließen sich an. Einer reißt aus und läuft weg. Wir haben Mühe mit den beiden andern. Ich stürze hinter dem Flüchtenden her und überlege, ob ich ihm in die Beine schießen soll; – da pfeift es heran, ich werfe mich hin, und als ich aufstehe, ist die Grabenwand mit heißen Splittern, Fleischfetzen und Uniformlappen bepflastert. Ich klettere zurück.
    Der erste scheint wirklich verrückt geworden zu sein. Er rennt mit dem Kopf wie ein Bock gegen die Wand, wenn man ihn losläßt. Wir werden nachts versuchen müssen, ihn nach hinten zu bringen. Vorläufig binden wir ihn so fest, daß man ihn beim Angriff sofort wieder losmachen kann.
    Kat schlägt vor, Skat zu spielen; – was soll man tun, vielleicht ist es leichter dann. Aber es wird nichts daraus, wir lauschen auf jeden Einschlag, der näher ist, und verzählen uns bei den Stichen oder bedienen nicht die Farbe. Wir müssen es lassen. Wie in einem gewaltig dröhnenden Kessel sitzen wir, auf den von allen Seiten losgeschlagen wird.
    Noch eine Nacht. Wir sind jetzt stumpf vor Spannung. Es ist eine tödliche Spannung, die wie ein schartiges Messer unser Rückenmark entlang kratzt. Die Beine wollen nicht mehr, die Hände zittern, der Körper ist eine dünne Haut über mühsam unterdrücktem Wahnsinn, über einem gleich hemmungslos ausbrechendem Gebrüll ohne Ende. Wir haben kein Fleisch und keine Muskeln mehr, wir können uns nicht mehr ansehen, aus Furcht vor etwas Unberechenbarem. So pressen wir die Lippen auf einander – es wird vorübergehen – es wird vorübergehen- vielleicht kommen wir durch.
    *
    Mit einem Male hören die nahen Einschläge auf. Das Feuer dauert an, aber es ist zurückverlegt, unser Graben ist frei. Wir greifen nach den Handgranaten, werfen sie vor den Unterstand und springen hinaus. Das Trommelfeuer hat aufgehört, dafür liegt hinter uns ein schweres Sperrfeuer.
    Der Angriff ist da.
    Niemand würde glauben, daß in dieser zerwühlten Wüste noch Menschen sein könnten; aber jetzt tauchen überall aus dem Graben die Stahlhelme auf, und fünfzig Meter von uns entfernt ist schon ein Maschinengewehr in Stellung gebracht, das gleich losbellt.
    Die Drahtverhaue sind zerfetzt. Immerhin halten sie noch etwas auf. Wir sehen die Stürmenden kommen. Unsere Artillerie funkt. Maschinengewehre knarren, Gewehre knattern. Von drüben arbeiten sie sich heran. Haie und Kropp beginnen mit den Handgranaten. Sie werfen, so rasch sie können, die Stiele werden ihnen abgezogen zugereicht. Haie wirft sechzig Meter weit, Kropp fünfzig, das ist ausprobiert und wichtig. Die von drüben können im Laufen nicht viel eher etwas machen, als bis sie auf dreißig Meter heran sind.
    Wir erkennen die verzerrten Gesichter, die flachen Helme, es sind Franzosen. Sie erreichen die Reste des Drahtverhaus und haben schon sichtbare Verluste. Eine ganze Reihe wird von dem Maschinengewehr neben uns umgelegt; dann haben wir viele Ladehemmungen, und sie kommen näher. Ich sehe einen von ihnen in einen spanischen Reiter stürzen, das Gesicht hoch erhoben. Der Körper sackt zusammen, die Hände bleiben hängen, als wollte er beten. Dann fällt der Körper ganz weg, und nur noch die abgeschossenen Hände mit den Armstümpfen hängen im Draht.
    Im Augenblick, als wir zurückgehen, heben sich vorn drei Gesichter vom Boden. Unter einem der Helme ein

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