Im Wettbüro des Teufels
Außerdem
hast du dafür gesorgt, dass ich das Gelände kriegen konnte.“
Ja, dachte Gotti. Ich habe es
ihm zugeschanzt. Städtisches Eigentum. Städtischer Grund und Boden. Und wie
günstig er’s gekriegt hat! Bis jetzt ist es keinem aufgefallen. Dieser Freundschaftsdienst.
Aber wenn die Sache nun Staub aufwirbelt, wenn sich die Luxus-Siedlung als
Giftmüll-Halde entpuppt — dann wird man alles aufdecken. Und ich bin der Dumme.
„Willst du den Kerl bezahlen?“,
fragte er.
„Würde das unsere Sicherheit
garantieren?“
„Was für’n Typ ist er?“
„Keine Ahnung.“
„Erpresser kann man nicht
abschütteln, Norbert.“
„Du meinst, er verklitscht die
Million und kommt mit neuen Forderungen.“
„Es sei denn, er ist tot und…“
„Nicht gleich so was, Gotti. Es
genügt, wenn er sich vor Angst in die Hose macht. Angst näht noch jedem das
Maul zu. Und wenn Leo ihn zusammenschlägt, ihm die Knochen bricht, ihn
fertigmacht für die Intensivstation — dann wird Voigt begreifen, dass er seine
Spielchen mit uns nicht machen kann.“
Gotti nickte.
„Denn er würde sein Leben
riskieren“, sagte Selbmann-Kotz Junior, „wenn er den Mund aufmacht.“
„Und wie geht’s dann weiter?“
„Was meinst du?“
„Die Wohnanlage wird fertig
gebaut. Alle Behausungen werden verscherbelt. Man zieht ein, man wohnt — aber
dann werden die Leute krank. Zuerst die Kinder. Es sind immer zuerst die
Kinder. Was das Gift auslösen wird, sagst du ja selbst: unheilbares Siechtum
zum Tode. Aber man wird die Ursache entdecken. Und dann stehst du auf der
Bühne.“
„Erstens habe ich von nichts
gewusst. Zweitens ist das Geld dann bei uns und wir haben es auf unseren Konten
im Ausland versteckt. Vielleicht habe ich dann die Firma schon aufgelöst und
bin gar nicht mehr hier. Jedenfalls lasse ich mich nicht zur Kasse bitten —
wegen irgendwelcher Forderungen auf Schadensersatz.“
„Und ich?“
„Von dir erfährt niemand.
Keiner weiß, dass du mein stiller Teilhaber bist.“
„Hoffen wir’s. Aber erst mal
muss dieser Voigt versorgt werden.“
„Ich mach’ das.“
Norbert griff zum Telefon.
Aber der Apparat läutete vergebens.
Fressner nahm nicht ab, war also nicht zu Hause. Einen Anrufbeantworter hatte
er nicht.
„Ich versuch’s später noch
mal“, sagte Selbmann-Kotz Junior.
9. Eine Halby-Adresse
Der Schreck, der fast ein Schock
war, kam verspätet. Gaby zitterte. Doch sie fühlte sich geborgen. Denn Tim, der
zuverlässigste aller Freunde, hatte die Arme um sie gelegt und redete ihr leise
und tröstend durch die Goldmähne ins Ohr.
Kommissar Glockner war
benachrichtigt und wurde jeden Moment erwartet. In der Glocknerschen Wohnung
war es gemütlich und warm. Oskar, noch müde vom Joggen, schlief in einer Ecke.
Tim, Karl und Klößchen hatten ihre Winterjacken an die Garderobe gehängt.
Margot Glockner, ebenso blass wie Gaby und vielleicht noch mehr unter Schock,
hatte Tee gemacht für alle. Für sich und Gaby Beruhigungstee, die Jungs
erhielten englischen Breakfeast Tea — und Klößchen streckte seine Portion mit
einem halben Liter Sahne.
„Dein Schutzengel hält die
Augen offen“, sagte Tim. „Es ist gut gegangen. Nur das zählt. Egal, wie dicht
das Unheil herangerückt war. Die Kapuze — na, schön! Was soll’s! Dicht vorbei
ist dicht vorbei. Das Schicksal hat dich nicht vorgesehen als Opfer. Du wirst
immer verschont bleiben, Pfote! Immer! Nur der Schreck — klar, der ist riesig,
wenn es so rumst dicht in der Nähe. Und man denkt natürlich, was wäre wenn...!
Aber jedes Unglück, das einen nicht trifft, ist für einen selbst, als wäre das
Unglück nicht gewesen. Und diesmal, zum Glück, wurde ja auch kein anderer
verletzt. Nur Sachschaden ist entstanden und das zählt nur wie eine Delle im
Blech beim Rückwärtsfahren.“
„Wie ein kaputtes Rücklicht am
Bike“, meinte Klößchen.
„Ich dachte ans Autofahren“,
sagte Tim. „Aber das ist ja auch egal.“
„Ich hätte... hätte getötet
werden können“, flüsterte Gaby in Tims Sweatshirt.
Er erwiderte nichts. Aber sie
spürte, wie sich sein Herzschlag verdoppelte. Totale gefühlsmäßige Anteilnahme.
Wie wohl das Gaby tat!
Die Wohnungstür wurde geöffnet.
Gabys Vater eilte herein und umarmte seine Tochter. Seine Miene war
versteinert, aber er bemühte sich, das Entsetzen nicht heraushängen zu lassen.
Seine Kollegen, die vor Ort die
sogenannte Spurensicherung vorgenommen hatten — verwertbare Spuren gab’s
Weitere Kostenlose Bücher