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Im Wettbüro des Teufels

Im Wettbüro des Teufels

Titel: Im Wettbüro des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Einwohnermeldeamt,
obwohl Letzteres bei Kungeleien, also den Bestechungs-Affären in der
„Filzokratie“ im allgemeinen ohne jeden Wert ist.
    Von Wert wird sowas erst, wenn
man Typen wie Leo Fressner kennt, den Veranstalter blutiger Gladiatorenkämpfe
und unglaublicher Wetten.
    „Sei nicht albern! Rauch eine!“
    Selbmann-Kotz Junior hielt ihm
die Zigarrenkiste hin. „Na, gut. Aber das ist die Letzte in meinem Leben.“
    Er wählte eine Zigarre aus,
rollte sie am Ohr, hörte auf das Knistern, schnupperte daran, nahm sich
umständlich Feuer mit einem langen Streichholz.
    „Dann müsstest du heute noch
den Löffel abgeben“, sagte der Baulöwe.
    „Hm.“ Gotti paffte. „Lieber
nicht. Aber mal ehrlich! Dir geht doch irgendwas auf den Nerv. Erleichtere dein
Herz, Norbert. Danach packe ich meine Sorgen aus.“
    „Du fängst an.“
    Aber Gotti blies erst ein paar
blaugraue Rauchringe zur Decke und ließ sich Zeit.
    Die beiden kannten sich seit 15
Jahren. Jeder wusste genug vom andern, um ihn für immer hinter Gitter zu
bringen. Aber davon hätte keiner Gebrauch gemacht. Denn sie waren einander
zugetan in echter Freundschaft, hatten in gleicher Weise Karriere gemacht und
sich die Taschen gefüllt.
    Sie fühlten sich als
Drahtzieher. Sie wirkten im Hintergrund. Sie hatten Ideen, wie man noch mehr
Geld scheffeln konnte. Sie benutzten ihre Handlanger, gebrauchten sie als
Werkzeuge. Und Leo Fressner war der, auf den sie inzwischen nicht mehr
verzichten konnten. Er war ihr Typ fürs Grobe. Er jobbte vor Ort. Aber das Projekt
,Dead-or-alive-Arena’ mit dem angeschlossenen ,Dying-Game-Club’ hatten die
beiden selbst ausgeheckt und selbst organisiert. Auch die anfänglichen
Investitionen hatten die beiden gemeinsam geleistet. Inzwischen erwirtschaftete
dieses Untergrund-Unternehmen satten Gewinn. Und Gotti sorgte dafür, dass immer
die aktuellsten Senioren-Listen vom Einwohnermeldeamt beigebracht wurden.
    „Na, fang an!“, wiederholte
Norbert, der Baulöwe.
    Gotti nickte bedächtig. „Leo
geht eigene Wege.“
    „Was?“
    „Er verselbständigt sich.“
    „Was heißt das? Betrügt er uns?
Will er das Unternehmen an sich reißen?“
    „Nein, das nicht. Aber der Kerl
hat ja eine Menge Power. Power fürs Grobe. Sein Denken ist begrenzt. Und
erfindungsreich ist er nicht. Aber wenn’s um Randale geht, ist er nicht zu
überbieten.“
    „Weiß ich. Und?“
    Gotti blies noch einen
Rauchring, der etwa einen Meter weit schwebte, bevor er sich auflöste.
    „Wie du auch weißt, Norbert,
gehören diese sogenannten Halbys zu seiner Mannschaft. Ich mag diese brutalen Krawalltypen
nicht. Aber er ist mit denen auf Du.“
    „Sie gehören zu seinen
Gladiatoren. Und sind mit die Besten. Jedenfalls schöpfen sie oft die
Preisgelder ab. Und sie sorgen für Ordnung, falls sich ein Zocker mal mausig
macht — im Dying-Game-Club.“
    „Aber nicht nur das, Norbert!
Ich habe ihn beobachten lassen. Ich bin dahinter gekommen, was sonst noch
läuft. Leo hat sich da ein Trio als persönliche Einsatztruppe rangebildet. Die
drei Gefährlichsten.“
    „Wen?“
    „Ludwig Ehl, Bastian Pritzke
und Kurt Schönseil.“
    „Pickel, Zacki und Kracher?“
    „Ja, die.“
    „Einsatztruppe wozu?“
    „Sie basteln Sprengsätze und
Briefbomben. Dir dürfte aufgefallen sein, dass bei uns in der Stadt seit etwa
zwei Monaten die Briefkästen auseinander fliegen. Und Telefonzellen ebenso. Wie
man in der Zeitung liest, werden hier kaum noch Briefe verschickt. Und die
Telefonzellen kaum noch benutzt. Der Briefmarkenumsatz ist in dramatischer
Weise rückläufig. Telefonkarten werden kaum noch verkauft. Otto Normalbürger
hat Angst, dass es ihn erwischen könnte. Obwohl ja bis heute niemand zu Schaden
kam. Die Explosionen finden immer nur nachts statt. Immer nur nachts. Das ist
das einzig Beruhigende an dem Terror. Aber verlassen kann man sich darauf
natürlich nicht.“
    „Du übertreibst.“
    „Wieso?“
    „Sieben Briefkästen und acht
Telefonzellen wurden zerteppert in den zwei Monaten. Mehr nicht.“
    „Ist das nicht genug?“
    „Denk an die Kriegsschauplätze.
Denk an Jugoslawien, an Afrika, an Nahost. Das sind Zerstörungen. Da
lacht doch den Nachkriegs-Gewinnlern, den Aufbaufirmen, das Herz.“
    „Mann, Norbert, wir haben hier
in der Stadt eine echte Vandalen-Bewegung. Einen Zerstörungs-Terror. Die
Polizei macht sich Sorgen, hat aber keine Spur. Der Oberbürgermeister macht
sich ebenfalls Sorgen und fährt dann zum Skilaufen ins Wochenende. Wer

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