Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
nun genau in ihre Richtung. Ein Prinz auf seinem weißen Ross. Weshalb erschütterte sie dieses Bild bis in ihr Innerstes?
Vor dem Gatter schwang er sich behände vom Pferd und reichte die Zügel einem bereitstehenden Mann weiter. Die anderen bildeten eine Gasse, durch die der Mann auf sie zuschritt. Mit einer einfachen Geste deutete er seinen Leuten, dass sie weitertrainieren sollten. Der Bursche neben ihr ließ ihren Ellbogen los, und sie lächelte ihm dankbar zu.
Dann wandte sie sich dem Mann zu, der Liam genannt worden war. Sie konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren. Er war inzwischen nahe genug, dass sie nähere Einzelheiten seiner Gestalt erkennen konnte. Und sie musste sich eingestehen, dass er aussah, als hätte ihn eine Gottheit an einem sonnigen, gefaulenzten Tag zu ihrem eigenen Vergnügen geschaffen. Sein Gesicht wirkte hart, seine Haare schienen jedoch dazu gemacht, die Hände darin zu vergraben, während man sich mit ihm auf einer Wiese wälzte. Einige kleine verheilte Narben gaben ihm das Aussehen eines wilden Kriegers; stürmisch, verwegen aber nicht unbarmherzig.
Während seine braunen Augen schelmisch blitzten, meinte eine innere Stimme ihr zuzuflüstern, dass sie ihm vertrauen konnte. Auch wenn er Beinlinge und ein Hemd trug, sah man doch, dass er einen durchtrainierten Körper besaß. Liam war der einzige Mann im Lager, der überdies noch einen prachtvollen rot-violett-blau karierten Umhang trug. Sein Aufzug wies ihn als den Herrn dieser Männer aus. Dann stand er vor ihr. Sie musste den Kopf in den Nacken legen, um ihn anzusehen. Die ersten Knöpfe seines Hemdes standen offen und lenken ihre Augen auf eine behaarte, männliche Brust.
Liam folgte ihrem Blick und lächelte zufrieden. Dabei entblößte er eine Reihe perfekter, weißer Zähne. Er verschränkte die Arme vor dem Oberkörper.
Überraschenderweise jagte es ihr keine Angst ein, dass er mehr als einen Kopf größer war als sie. Sein Lächeln allerdings ließ ihre Knie weich werden. Als sie schwankte, fing Liam sie auf.
„Ihr hättet noch nicht aufstehen sollen“, tadelte er. „Ihr sind noch etwas schwach.“
Er wirkte besorgt, und Erin begab sich gerne in seine starken Arme, die sie einfach hochhoben. Plötzlich erinnerte sie sich an die Vision des Mannes neben ihrem Bett. „Wart Ihr derjenige, der bei einer Gelegenheit in meiner Nähe gewacht hat?“ fragte sie.
Liam lachte. „Ich war die ganzen zwei Wochen, die Ihr bewusstlos wart, neben Eurem Bett. Heute habe ich Euch nur ein paar Minuten allein gelassen, um nach meinem Pferd zu sehen.“
Erin betrachtete ihn misstrauisch, während er sie unter die Plane trug. „Ihr müsst Euch irren. Ich kann unmöglich zwei ganze Wochen bewusstlos gewesen sein.“
Liams Blick wirkte prüfend, als er sie vorsichtig auf die Matratze legte. „Ihr wart einmal kurz bei Bewusstsein. Das war vor drei Tagen.“
Erins Gesichtsausdruck blieb ungläubig. Das konnte nicht stimmen! Wo kam sie her? Vermisste sie denn niemand? Wie lautete überhaupt ihr Name? Fragend blickte sie in Liams Augen. „Wie heiße ich?“
„Erin McCharles.“
„Erin.“ Sie ließ das Wort auf ihrer Zunge zergehen. Hörte dem Klang nach. Lauschte auf eine Reaktion in ihrem Inneren. Ein Echo in ihrem Herzen. Nichts. „Wie lautet der Familienname?“
„McCharles“, widerholte Liam.
Ihre Lippen formten den Namen. Wieder kein Nachhall der Worte in ihrer Seele. Frustriert schüttelte sie den Kopf. Nur mit Mühe gelang es ihr, die neuerlich aufsteigende Panik zu unterdrücken.
Liam warf ihr einen intensiven Blick zu und verlangte dann ganz beiläufig zu wissen: „Woran könnt Ihr Euch erinnern?“
Erin grub mit angestrengtem Gesichtsausdruck in jeder einzelnen ihrer Gehirnwindungen. Sie glaubte, dass die Wahrheit hinter einem Schleier verborgen war. Beinahe greifbar, doch blieben die Bilder im Schatten. Sie seufzte. „An gar nichts, um ehrlich zu sein. … Das fühlt sich beängstigend an. … Was ist eigentlich passiert?“
Liam jubelte innerlich. Das bedeutete eine Gelegenheit, seine Fehler beim Umgang mit dieser wunderschönen Frau zu korrigieren. „Ich werde Eure Fragen beantworten. Wollt Ihr nicht zuerst etwas Nahrung zu Euch nehmen? … Aye? … Ich werde Euch Gesellschaft leisten.“
Ungeduldig wartete sie auf seine Rückkehr. Sobald er ein Tablett mit Speisen auf dem Boden abgestellt und daneben Platz genommen hatte, begann sie neuerlich, ihre Fragen zu stellen. „Warum befinde ich mich in Eurem
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