Im Wettstreit der Gefühle (German Edition)
weichen, mit Fellen bedeckten Matratze. Über ihrem Körper war ebenfalls ein warmes Fell ausgebreitet worden. Es fühlte sich borstig unter ihren Fingern an.
Die Frau ließ ihren Blick über die spartanische Einrichtung des Zeltes gleiten. Eine zweite Bettstatt, mehren Truhen und Taschen, Tierfelle auf dem Boden. Seltsam, dass sie sich in einem Zelt befand. Verwirrend und fremd wie alles an ihrer Situation.
Sie musste schon einige Zeit auf dieser Matratze ruhen, denn ihre Kleidung war zerknittert. Hatte sie wirklich eine gefühlte Ewigkeit geschlafen, so wie es den Eindruck machte? War sie ohnmächtig gewesen? Neben ihrem entdeckte sie einen aus groben Holzbrettern gezimmerten Stuhl. Dunkel meinte sie sich daran zu erinnern, dass irgendwann darauf ein Mann gesessen hatte. Ein Traum oder Realität? War sie bereits zuvor einmal erwacht? Wie könnte sie diese Vision anders erklären?
Was war überhaupt passiert? Wo befand sie sich? Wieso konnte sie sich an nichts erinnern? Wer war sie überhaupt?
Entsetzt presste sie die Hände auf ihren Mund. Die Luft schien plötzlich zu dick zu sein, um sie durch ihre Nase einzusaugen. Die Panik drückte ihren Brustkorb zusammen. Mit einem Mal wurde ihr bewusst, dass sie über keinerlei Wissen über ihre Vergangenheit besaß. Es fühlte sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Aber sie durfte die Angst nicht überhand nehmen lassen. Sie brauchte alle ihre Sinne, um mit der Situation zurecht zu kommen.
Da wurde sie auf Lärm aufmerksam, der von draußen in den Raum drang. Draußen! Ihre Aufmerksamkeit konnte sich auf etwas Reelles konzentrieren. Auf etwas, das echt war. Das nichts mit Träumen, Visionen oder Schattenbildern zu tun hatte. Sie musste unbedingt feststellen, was da draußen war.
Umständlich setzte sie sich auf. Die Bewegung fühlte sich seltsam ungewohnt an, ihr Körper wie eingerostet. Langsam stand sie auf und strich ihre Kleidung glatt. Warum trug sie bloß Jungenkleidung? Noch eine Frage, deren Beantwortung ein neues Rätsel enthüllen könnte.
Ihr Verstand begann nur langsam seine Arbeit aufzunehmen. Und auch ihr Körper gehorchte ihren Befehlen nur widerwillig. Plötzlich begann sie zu schwanken und konnte sich im letzten Moment an der Stuhllehne festklammern. Sie musste wirklich lange in liegender Position verbracht haben. Sie wartete mehrere Minuten, bis der Schwindel nachließ. Erst dann setzte sie ihren Weg ins Freie fort.
Da schoss ihr ein neuer Gedanke durch den Kopf. Konnte es sein, dass sie entführt worden war? Diese Idee kam ihr augenblicklich lächerlich vor. Das alles musste eine einfachere Erklärung haben. Eine Lösung dieser Problemstellung, die keine Worte wie Entführung, Gefangennahme oder Verbrechen beinhaltete.
Unbewusst tastete sie nach dem Medaillon unter ihrem Hemd, um dadurch wenigstens einen gewissen Teil ihrer Selbstsicherheit zurückzuerhalten. Dann runzelte sie die Stirn. Weshalb griff sie nach diesem Schmuckstück? Sie zog es hervor und betrachtete es von allen Seiten. Auch wenn sie nicht sagen konnte weshalb, so wusste sie dennoch, dass das goldene Oval für sie bislang von Bedeutung gewesen war. Handelte es sich um ein Familienerbstück oder um ein Geschenk eines geliebten Menschen? Ihr Unwissen war frustrierend.
Endlich hatte sie sich mit langsamen Schritten zum Zelteingang vorgekämpft. Nur mit großer Kraftanstrengung war sie in der Lage, die Plane zur Seite zu schieben. Gegen die ungewohnte Helligkeit die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen trat sie ins Freie. Sie sog die frische Luft tief in ihre Lungen. Doch dann vergaß sie zu atmen.
Das Zelt, in dem sie gelegen hatte, war nur eines von vielen, die einen Kreis um sie bildeten. In der Fläche dazwischen hatten sich an die dreißig Männer mit Kampfübungen beschäftigt. Nun starrten die Kämpfer sie allesamt an. Die Frau konnte außer ihr kein anderes weibliches Wesen entdecken.
Einer der Männer trat auf sie zu und stützte sie, als ihr die Knie nachzugeben drohten. „Laird Liam“, rief er, während er sie mit betretenem Gesicht musterte.
Sie konnte sich den beunruhigten Blick des Mannes, der verhinderte, dass sie zu Boden ging, nicht erklären. Es handelte sich um einen jungen Burschen. Hatte er vielleicht Angst vor ihr? Hatte sie ihm etwas angetan?
Die Frau vernahm ein Geräusch, und als sie in die Richtung blickte, aus der es kam, sah sie weiter hinten eine Pferdekoppel vor einem provisorischen Unterstand. Ein Mann saß auf einem prächtigen Schimmel und ritt
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