Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Zauber der Gefuehle

Titel: Im Zauber der Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
fröhlich.
    »Ich stehe immer mit der Sonne auf.«
    Lottie deutete mit dem Kopf in Richtung des Pfades, auf dem sie ihn erblickt hatte. »Wolltet Ihr in diese Richtung gehen? Das würde ich Euch nicht raten.«
    »Warum nicht?«
    »Dieser Weg führt zu Moorweihern und sehr tiefen Sümpfen. Ein unglückseliger Schritt und Ihr könntet ertrinken - es sei denn, die Sumpfspinnen und Schlangen machen Euch vorher den Garaus.« Sie schüttelte den Kopf in gespielter Trauer. »Auf diese Weise haben wir schon ganz reizende Gäste verloren.«
    Er schenkte ihr ein träges Lächeln. »Würdet Ihr vielleicht die unendliche Güte besitzen, mir einen anderen Weg vorzuschlagen?«
    »Wenn Ihr in die entgegengesetzte Richtung geht, kommt Ihr an einen Reitweg, der in einen Feldweg mündet. Wenn Ihr ihm bis zum Garten des Pförtnerhauses folgt und durch die Öffnung in der Hecke geht, stoßt Ihr auf einen Pfad, der Euch zur Spitze des Hügels führt. Von dort aus könnt Ihr zu Euren Füßen unzählige Seen, Dörfer und Wälder sehen ... die Aussicht ist einfach atemberaubend.«
    »Ist das der Weg, den Ihr nehmt?«
    Sie schüttelte den Kopf und versetzte schnippisch, »Nein, ich gehe in die entgegengesetzte Richtung.«
    »Aber wer wird mich dann vor den Sümpfen bewahren?«
    Sie musste lachen. »Ihr könnt mich nicht begleiten, Mylord. Das wäre weder schicklich noch besonders klug.«
    Wenn man sie zusammen sähe, wären unweigerlich Gerüchte die Folge. Lady Westcliff würde das mit Sicherheit missfallen, denn sie hatte Lottie mehrfach davon abgeraten, sich einen »Verehrer« zuzulegen, wie man es höflich ausdrückte.
    »Möchtet Ihr alleine sein?«, wollte Lord Sydney wissen, über dessen Gesicht ein seltsamer Ausdruck gehuscht war, so schnell und unmerklich, dass es fast niemandem aufgefallen wäre. »Verzeiht, dass ich schon wieder gestört habe.«
    Lottie fragte sich, was sie eben für den Bruchteil einer Sekunde in seinen Augen gesehen hatte ... eine Einsamkeit, so trostlos und undurchdringlich, dass es sie zutiefst schockierte. Was könnte der Grund sein? Er hatte alles, was ein Mensch zu seiner Zufriedenheit benötigte: Freiheit, Reichtum, gutes Aussehen und gesellschaftlichen Rang. Es gab keinen Grund, weswegen er nicht glücklich über sein Schicksal sein sollte. Doch er war traurig, und instinktiv wünschte sie sich, ihn trösten zu können. »Ich bin einfach zu sehr an das Alleinsein gewöhnt«, erklärte sie freundlich. »Vielleicht wäre etwas Gesellschaft eine angenehme Abwechslung.«
    »Wenn Ihr sicher seid ...«
    »Ja, begleitet mich ruhig.« Sie musterte seinen athletischen Körper bewusst skeptisch. »Ich hoffe bloß, Ihr werdet Schritt mit mir halten können.«
    »Ich werde es versuchen«, versicherte er ihr trocken und ging neben ihr her, als sie ihren Weg tortsetzte.
    Sie kamen an den Stamm einer riesenhaften Eiche, der ihnen den Weg versperrte. Insekten schwirrten träge durch die Strahlen der immer wärmer werdenden Sonne. »Seht«, meinte Lottie, indem sie aut eine Wasserjungfer zeigte, die vor ihnen durch die Luft flog. »In diesem Wald gibt es mehr als ein Dutzend verschiedene Libellenarten und mindestens hundert ...«
    »Miss Miller«, unterbrach er sie, »ich bin Londoner, und uns interessieren Insekten höchstens, wenn es darum geht, wie man sie am besten vernichtet.«
    Lottie stieß einen theatralischen Seufzer aus, als quälte sie sein mangelndes Interesse an dem Thema zutiefst. »Nun gut, dann werde ich davon absehen, Euch die unterschiedlichen Arten des gemeinen Wasserkäfers zu beschreiben, die wir hier haben.«
    »Danke«, lautete seine inbrünstige Antwort. »Doch erlaubt mir, Euch über diese Eiche hier zu helfen ...«
    »Nicht nötig.«
    Lottie sprang auf den umgefallenen Stamm und balancierte auf der knorrigen Rinde entlang, wobei sie ohne falsche Bescheidenheit ihre Geschicklichkeit und Körperbeherrschung demonstrierte. Als ihre Anstrengungen lediglich Schweigen ernteten, warf sie einen Blick über die Schulter und musste feststellen, dass Sydney genau hinter ihr ging, und zwar so sicher und geschmeidig wie eine Katze. Ihrer Kehle entrang sich ein überraschtes Lachen, während sie zum Ende des Stammes schritt. »Für einen Herrn Eurer Größe seid Ihr sehr wendig.«
    Lord Sydney überging ihre Bemerkung, wobei er mit einem Zucken der Mundwinkel andeutete, dass seine Wendigkeit nicht von Bedeutung war. »Weshalb seid Ihr Gesellschafterin geworden?«, fragte er, als Lottie zu Boden sprang und

Weitere Kostenlose Bücher