Im Zauber der Gefuehle
müssen, da ich einen anderen Mann geheiratet habe.«
»Du brauchst nicht so schuldig dreinzublicken«, meinte Nick und fuhr die hauchdünnen Adern an ihrem Handgelenk nach. »Du wurdest bei dem Handel nicht gefragt, und somit ist es nicht deine Schuld, dass du deinen Teil nicht einlösen wolltest.«
»Aber ich habe Nutzen daraus gezogen«, stellte Lottie zögerlich fest. »All die Jahre auf Maidstone ... meine Erziehung hat viel Geld gekostet, und nun bekommt Lord Radnor im Gegenzug nichts.«
Er hob eine Braue. »Wenn du darauf hinauswillst, dass Radnor Unrecht getan wurde ...«
»Nein, ganz so meine ich das nicht. Es ist nur ... nun, ich habe mich nicht sehr ehrenwert verhalten.«
»Ja, ohne Zweifel hättest du dich als das Opferlamm der Familie zur Schlachtbank führen lassen müssen«, meinte er sarkastisch. »Aber deinen Eltern ist auf diese
Weise genauso gedient. Es ist schlichtweg unmöglich, dass ich ein schlechterer Schwiegersohn bin als Radnor.«
»Als Ehemann bist du auf jeden Fall vorzuziehen«, meinte sie.
Daraufhin lächelte er und führte ihre Finger an seinen Mund. »Du würdest jeden Radnor vorziehen — das hast du mir unmissverständlich klar gemacht.«
Lottie lächelte, wobei sie insgeheim dachte, dass ihre Heirat mit Nick ihr einen ganz anderen Ehemann als erwartet beschert hatte. »Was hast du morgen vor?«, fragte sie, als ihr wieder die Auseinandersetzung mit Sir Ross beim Mittagessen in den Sinn kam. Sie war sich sicher, dass Nick seine Stelle in der Bow Street nicht ohne Widerspruch aufgeben würde.
Die Stirn in Falten gelegt, ließ er ihre Hand los. »Ich werde Morgan einen Besuch abstatten.«
»Glaubst du, er wird Partei für dich ergreifen?«
»Gegen Sir Ross? Niemals! Aber zumindest habe ich so die Genugtuung, Morgan ins Gesicht zu sagen, was für ein verdammter Verräter er ist.«
Lottie beugte sich vor, um ihn am Aufschlag seines Morgenmantels zu berühren. »Hast du je darüber nachgedacht, dass sie beide tun, was sie als das Beste für dich erachten? Dass es in deinem eigenen Interesse liegen könnte, den Titel zurückzufordern?«
»Wie könnte es das sein? Herrgott, ich werde in einem goldenen Käfig leben.«
»Ich werde bei dir sein.«
Die Worte schienen etwas tief in ihm berührt zu haben, denn er starrte sie so lange unverwandt an, bis Lottie sich gezwungen fühlte, zu fragen: »Was? Was denkst du gerade?«
Nick lächelte gequält. »Ich habe mir nur überlegt, um wie viel besser du auf mein Leben vorbereitet bist als ich.«
Obwohl Lottie ihn zaghaft eingeladen hatte, die Nacht mit ihr zu verbringen, hatte Nick sich nach dem Abendessen in ein Gästezimmer ein paar Türen weiter zurückgezogen.
Ich werde bei dir sein. Ihre Worte hatten Nick eigenartig getroffen, genau wie ihre beiläufigen Bemerkungen am Wunschbrunnen es getan hatten. Sie besaß die beängstigende Gabe, ihn mit einem einzigen Satz aus der Fassung zu bringen ... mit Worten, die so alltäglich waren und gleichzeitig so bedeutungsschwanger.
Er wusste nicht, was er von Lottie halten sollte. Obgleich er sie anfangs getäuscht und hintergangen hatte, schien sie bereit, ihm eine Partnerin zu sein. Sie reagierte mit Leidenschaft und unendlicher Großzügigkeit auf ihn, und in ihren Armen hatte er die Geheimnisse vergessen können, die ihn seit vierzehn Jahren verfolgt hatten. Er sehnte sich nach mehr dieses unendlich süßen Vergessens. Die letzten paar Stunden waren völlig anders gewesen als alles, was er mit Gemma erlebt hatte. Als er Lottie geliebt hatte, war seine Lust mit einer tief sitzenden Zärtlichkeit verknüpft gewesen, die seine körperlichen Empfindungen und Reaktionen ins schier Unerträgliche schärfte.
Sie schlug Breschen in seine Verteidigungsanlagen, ohne sich dessen auch nur bewusst zu sein, und er konnte niemandem eine derartige Intimität zugestehen. Wenn es so weiterging, war es nur eine Frage der Zeit, bis Lottie die Dämonen entdeckt haben würde, die in seinem Innern lauerten. Und wenn das geschähe, würde sie sich angewidert von ihm abwenden. Er musste eine gewisse Distanz zwischen ihnen aufrechterhalten, andernfalls würde sie ihn letzten Endes verachten. Oder bemitleiden. Der Gedanke verursachte ihm eine Gänsehaut.
Er musste Abstand bewahren, auch wenn er sich selbst in diesem Augenblick danach verzehrte, zu ihr zurückzugehen. ln den achtundzwanzig Jahren, die er nun schon auf der Welt war, hatte er noch nie ein derart schmerzhaftes Verlangen nach einer anderen Person
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